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Paläontologie

Fossiler „Dino-Wald“ in Alaska entdeckt

Versteinertes Ökosystem aus der Zeit vor 100 Millionen Jahren freigelegt

Nanushuk-Formation
Hier erstreckte sich vor 100 Millionen Jahren eine kreidezeitliche Flusslandschaft voller Dinosaurier und Vögel. © Antonio Fiorillo

Fenster in die Urzeit: Im Nordwesten Alaskas haben Paläontologen ein versteinertes Ökosystem aus der mittleren Kreidezeit vor 100 Millionen entdeckt. Es umfasst fossile Baumstümpfe und Blätter ebenso wie Fußabdrücke verschiedener Dinosaurier und Vögel. Außerdem könnte die Fundstelle einen Ausblick darauf bieten, wie sich die heutige Arktis durch die globale Erwärmung verändern wird.

170 Millionen Jahre lang beherrschten die Dinosaurier den Planeten. Während dieser Zeit besiedelten sie viele verschiedene Lebensräume: von der sengenden Wüste bis zum hohen Norden. Gerade in Alaska, das in der Kreidezeit sogar noch nördlicher lag als heute, stoßen Paläontologen immer wieder auf Überreste prähistorischer Bewohner. Bisher wurden etwa bereits ein „Dinosaurier-Highway“, Nistgebiete und zahlreiche Dinosaurier-Fußspuren freigelegt.

Fossiler Baumstumpf
Einer der versteinerten Baumstümpfe © Paul McCarthy

Ein kreidezeitlicher Waldspaziergang

Nun ist Paläontologen um Anthony Fiorillo vom New Mexico Museum of Natural History and Science ein weiterer spektakulärer Fund geglückt. In der Nanushuk-Formation, im äußersten Nordwesten von Alaska, sind sie auf ein versteinertes Ökosystem aus der mittleren Kreidezeit vor 90 bis 100 Millionen Jahren gestoßen.

„Wir waren an einer Stelle, an der wir schließlich feststellten, dass wir mindestens 400 Meter lang durch eine uralte Landschaft liefen. In dieser Landschaft fanden wir große, aufrechte Bäume mit kleinen Bäumen dazwischen und Blätter auf dem Boden. Es war, als würden wir durch die Wälder von vor Millionen von Jahren laufen“, berichtet Fiorillo. Die größten dieser versteinerten Baumstümpfe hatten einen Durchmesser von fast 60 Zentimetern.

Spuren von pflanzenfressenden Dinos und ihren Räubern

Darüber hinaus fanden Fiorillo und seine Kollegen rund 75 fossile Überreste der tierischen Bewohner des kreidezeitlichen Waldes. Ihre Zeugnisse umfassen versteinerte Fäkalien und Fußabdrücke. Wie eine Analyse ergab, gehören 59 Prozent dieser Fußspuren zu zweibeinig laufenden und 17 Prozent zu vierbeinig laufenden pflanzenfressenden Dinosauriern. Anders als in anderen Fossilienfundstätten Alaskas waren dabei jedoch keine Entenschnabeldinosaurier vertreten. Dafür gepanzerte Ceratopsier und ein Tetrapodosaurier. „Dieser ist der nördlichste bisher bekannte Beleg für einen Ankylosaurus“, berichten die Paläontologen.

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Fußabdruck Raubdinosaurier
Der fossile Fußabdruck eines Raubdinosauriers © Antonio Fiorillo

Weitere 15 Prozent stammen von kreidezeitlichen Vögeln, die sich wahrscheinlich zum Brüten in der Arktis aufhielten. Die restlichen neun Prozent der Spuren wurden von zweibeinig laufenden Raubdinosauriern hinterlassen. Auf Basis der Größe der dreizehigen Abdrücke und ihres Abstands schließen Fiorillo und sein Team, dass diese Raubdinosaurier zu den mittelgroßen bis großen Theropoden gehörten. Einige könnten zwischen 2,50 und vier Meter groß gewesen sein.

Regen über Regen

Zu der Zeit, als all diese Tiere durch das Gebiet stapften, befand sich dort noch eine Fluss- beziehungsweise Deltalandschaft, wie die Paläontologen berichten. Teile davon wurden wahrscheinlich regelmäßig überschwemmt, während sich andernorts ganzjährig Torfmoore erstreckten. Zudem regnete es viel. Durch die Kohlenstoff-Isotopenanalyse von Holzproben haben Fiorillo und sein Team herausgefunden, dass im Dino-Wald jedes Jahr circa 1400 Millimeter Niederschlag fielen – fast doppelt so viel wie heute in Deutschland.

Wem das regnerische Wetter nicht gefiel, hätte theoretisch andernorts nach mehr Sonnenschein suchen können. Denn wie die Paläontologen berichten, hatte sich damals in der Nähe des Fundorts gerade erst die Beringstraße zwischen Nordamerika und Asien aus dem Meerwasser erhoben und so eine Landverbindung zwischen den beiden Kontinenten geschaffen. Wahrscheinlich überquerten schon damals einige Tiere auf ihren Wanderungen diese Landbrücke.

Warm, aber dunkel

Interessanterweise haben wir mit den Bewohnern des kreidezeitlichen Gebiets mehr gemeinsam, als man auf den ersten Blick erwarten würden. Denn wie wir lebten sie zu einer Zeit der globalen Erwärmung. Damals waren die Durchschnittstemperaturen sogar nochmal deutlich höher als heutzutage, auch in der Fundstätte in Nordalaska: „Die von uns analysierten Proben deuten darauf hin, dass es etwa so warm war wie im heutigen Miami. Das ist ziemlich beachtlich“, erklärt Fiorillo. Vor allem, weil Alaska damals noch zehn bis 15 Breitengrade weiter nördlich lag als heute. 

Trotz der milden Temperaturen dauerte die Polarnacht im kreidezeitlichen Alaska aber genauso lange wie heute: Es blieb dort mehrere Monate lang dunkel. Wie sich die Pflanzen und Tiere jener Zeit an dieses Dauerdunkel anpassten, ist bisher unklar.

„Die Nanushuk-Formation gibt uns eine Momentaufnahme davon, wie ein Ökosystem in den hohen Breitengraden auf einer wärmeren Erde aussieht“, erklärt Koautor Paul McCarthy von der University of Alaska in Fairbanks. Und damit zeigt die Fundstelle uns womöglich auch, wie es eines fernen  Tages in „unserer“ Arktis aussehen könnte, wenn der Klimawandel weiter voranschreitet. (Geosciences, 2024; doi: 10.3390/geosciences14020036

Quelle: University of Alaska Fairbanks

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