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Physik

Supraleiter: Oszillierende Kurven bringen Theorie ins Wanken

Bei unterdrückter Supraleitung verhalten sich auch Hochtemperatur-Supraleiter metallisch

Oszillationen im Magnetfeld: die "Wackler" beweisen, dass Hochtemperatur-Supraleiter metallische Eigenschaften haben. © Forschungszentrum Dresden - Rossendorf

Physiker haben erstmals zuvor unbekannte metallische Eigenschaften von Hochtemperatur-Supraleitern bei unterdrückter Supraleitung nachgewiesen. Die in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ vorgestellten Ergebnisse sorgen für Aufsehen, da sie bisher widersprüchliche theoretische Vorstellungen widerlegen. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ berichten, gelang der Nachweis der so genannten Fermi-Flächen bei Normalleitung nur aufgrund besonders hochauflösender Magnetfeldmessungen.

Hochtemperatur-Supraleiter sind Substanzen, die normalerweise schon bei relativ hohen Temperaturen, also in dem gut zugänglichen Bereich von rund -150 bis -200 Grad C°, verlustfrei Strom leiten. Deshalb wird ihnen eine große technologische Zukunft vorhergesagt. Noch allerdings sind einige Eigenschaften dieser Materialien ungeklärt und Gegenstand widersprüchlicher Theorien. Darunter vor allem auch die Frage, wie sich ein solcher Supraleiter verhält, wenn er unter dem Einfluss starker Magnetfelder zur „Normalleitung“ gezwungen wird.

Das Problem bisher: Um die Supraleitung bei tiefen Temperaturen zu unterdrücken und die Materialien im normalleitenden Zustand gründlich untersuchen zu können, sind Magnetfelder jenseits von 60 Tesla in Kombination mit ausgefeilten Untersuchungstechniken nötig. Diese Bedingungen existieren jedoch europaweit erst seit kurzem im Hochfeld-Magnetlabor Dresden.

Magnetfelder unterdrücken Supraleitung

Physiker vom Walther-Meißner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Garching und des Forschungszentrums Dresden – Rossendorf konnten nun mit Hilfe dieses Magnetlabors die wichtige Frage der Normalleitung klären. In einer mehrwöchigen Messkampagne setzten sie drei unterschiedliche Kuprat-Proben – eine Verbindung aus Kupfer, Sauerstoff und anderen Elementen – Magnetfeldern bis zu rund 65 Tesla aus und maßen jeweils den elektrischen Widerstand im Magnetfeld. Dabei waren die drei Proben je unterschiedlich dotiert. Während die eine durch die Dotierung optimal supraleitend gemacht wurde, zeigte eine andere die Supraleitung erst bei tieferen Temperaturen.

Metallische Eigenschaften bei Normalleitung

Heraus kamen oszillierende Kurven, die die gängigen Theorien ins Wanken bringen. Es stellte sich heraus, dass sich die Supraleiter bei unterdrückter Supraleitung ganz anders verhalten als bisher angenommen: Wohldefinierte Fermi-Flächen, so nahm man bisher an, sollte es für Hochtemperatur-Supraleiter im normalleitenden Zustand nicht geben.

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Die Experimente am Hochfeld-Magnetlabor Dresden beweisen jedoch, dass sich Hochtemperatur-Supraleiter durchaus wie Metalle verhalten. Sie zeigen metallische Eigenschaften in Form einer so genannten Fermi-Fläche. Diese beschreibt, wie schnell Elektronen in verschiedenen Richtungen durch das Kristallgitter fliegen. Bei allen Proben identifizierten die Wissenschaftler zusammenhängende Fermi-Flächen, denn alle Messkurven aus Rossendorf zeigten eindeutige „Wackler“, spezifische Oszillationen im Magnetfeld.

Verräterische Oszillationen

Erst die hohe Auflösung am Hochfeld- Magnetlabor Dresden erlaubte es, diese Oszillationen im Widerstand überhaupt nachzuweisen. Sie ermöglicht es, Änderungen dieser Messgröße auf besser als 0,02 Prozent zu bestimmen. Erstaunlicherweise fanden die Forscher selbst im Bereich der optimalen Dotierung eine kleine Fermi-Fläche. Noch nie zuvor konnten diese Änderungen bei Hochtemperatur-Supraleitern direkt nachgewiesen werden. Dies wirft ein völlig neues Licht auf die vorherrschenden Theorien zur Natur der Supraleitung in dotierten Hochtemperatur-Supraleitern.

Weitere Messungen sollen folgen, um zu verstehen, warum genau sich die Fermi- Fläche mit der Dotierung ändert und wie genau die metallischen, supraleitenden und magnetischen Eigenschaften voneinander abhängen. Die Physiker erhoffen sich auch Antworten darauf, wie genau die Übergänge zwischen dem normalleitenden und dem supraleitenden Zustand beschaffen sind. Nur so wird es in der Zukunft möglich sein, maßgeschneiderte Hochtemperatur-Supraleiter für den breiten technologischen Einsatz herzustellen.

(Forschungszentrum Dresden – Rossendorf, 04.11.2009 – NPO)

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