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Physik

Notre Dame hatte einzigartige Akustik

Vor dem Brand erstellte Klanganalysen können nun bei der Rekonstruktion der Kathedrale helfen

Notre Dame
Innenraum der Kathedrale von Notre Dame vor dem Brand – er hatte ein ganz spezielle Akustik. © Zairon/ CC-by-sa 4.0

Unverwechselbarer Klang: Die Pariser Kathedrale Notre Dame ist nicht nur ein Weltkulturerbe, sie besaß auch eine einzigartige Akustik. Glücklicherweise haben Forscher diesen Klang vor dem Brand ausgiebig erforscht und aufgezeichnet. Ihre Daten helfen nun dabei, den Innenraum so zu restaurieren, dass auch die Akustik der Kathedrale so gut wie möglich wiederhergestellt wird.

Am 15. April 2019 ging eine der berühmtesten Kathedralen der Welt und ein Wahrzeichen von Paris in Flammen auf – die Kathedrale von Notre Dame. Das Feuer zerstörte das Dach des im Jahr 1345 fertiggestellten Kirchengebäudes und ließ den zentralen Spitzturm einstürzen. Auch das Gewölbe und Teile des Innenraums wurden beschädigt – und damit Elemente, die für die Akustik der Kathedrale entscheidend sind.

Starker Nachhall in mittleren Frequenzen

„Die Akustik in Kirchen und anderen religiösen Orten ist sehr unterschiedlich“, erklärt Brian Katz von der Sorbonne Universität in Paris. „Einige fördern die Verständlichkeit des gesprochenen Wortes, andere unterstreichen eher die spirituellen Aspekte oder die Musik.“ Auch jede Kathedrale hat daher ihren eigenen, einzigartigen akustischen Fingerabdruck – einen Klang, der für dieses Gebäude spezifisch ist.

Noitre Dame Messungen
Akustikanalysen im Innenraum von Notre Dame mithilfe eines Kunstkopfes. © Brian FG Katz/ CNRS

Umso wichtiger ist es, dass bei der Rekonstruktion der beschädigten Kathedrale von Notre Dame versucht wird, auch ihren einzigartigen Klang wiederherzustellen. Typisch für sie ist unter anderem ein sechs Sekunden langer Nachhall in den mittleren Frequenzen, der ihr einen besonders vollen Klang verleiht. „Wenn man sich im Kirchenraum bewegt, variiert die Akustik zudem mit der sich verändernden Deckenhöhe – das ist sehr gut zu hören“, erklärt Katz.

3D-Modell des Klangraums

Diese und weitere akustische Eigenheiten haben Katz und sein Team glücklicherweise vor einigen Jahren umfassend analysiert. Dafür stellten sie an verschiedenen Stellen im Kirchenraum von Notre Dame Spezial-Mikrophone und Lautsprecher auf, die standardisierte Tonsignale aussendeten. „Die akustische Signatur für jedes Sender/Empfänger-Paar charakterisiert, wie der Raum den Klang auf seinem Weg von der Quelle zum Empfänger verändert“, so Katz.

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Durch ihre Messungen konnten die Forscher den Klangraum von Notre Dame dreidimensional und virtuell rekonstruieren und aus ihren Daten ein geometrisch-akustisches Raummodell erstellen – keine leichte Aufgabe: „Die schiere Größe und lange Nachhallzeit der Kathedrale bringt auch längere Berechnungszeit und komplexere Rechenoperationen mit sich“, erklärt der Forscher. „Zudem können schon kleine Schwankungen der Temperatur zu Abweichungen der Reaktionen führen.“

Hilfe bei der Rekonstruktion von Notre Dame

Doch die schwierige Aufgabe gelang und nun kann dieses akustische Modell von Notre Dame wertvolle Hilfe beim Wiederaufbau der Kathedrale leisten. „Es kann beispielsweise zeigen, wie die Wahl der bei der Rekonstruktion verwendeten Materialien die Akustik beeinflusst“, erklärt Katz. „So sind beispielsweise die Holzvertäfelungen und Gemälde im Innenraum keineswegs unwichtig, wenn es um die Akustik geht. Verglichen mit dem rohen Stein agieren diese Elemente als akustische Absorber und Schallzerstreuer und haben daher signifikante Einflüsse auf die Akustik.“

Gleichzeitig ermöglicht es das akustische Modell des Kathedralen-Klangraums, sogar neue Konzerte oder Klangeindrücke im typischen „Sound“ von Notre Dame erklingen zu lassen. Durch Nachbearbeitung mithilfe dieses Modells können so im Studio eingespielte Choräle, Orchesterstücke oder Orgelmusik virtuell in die Kathedrale von Notre Dame versetzt werden. (177th Meeting of Acoustical Society of America, Louisville)

Quelle: American Institute of Physics (AIP)

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