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Physik

Dunkle Materie bleibt „dunkel“

Quantensprünge in Atomuhren grenzen Raum für ultraleichte Dunkle-Materie-Teilchen ein

STrontium-Atomuhr
Diese Strontium-Atomuhr und eine Ytterbium-Atomuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt hat ein Physikerteam für die Fahndung nach den Oszillationen der "dunklen" Bosonen genutzt. © Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)

Keine Spur von „dunklen“ Bosonen: Einigen Hypothesen zufolge besteht die Dunkle Materie aus ultraleichten Teilchen, die mit elektromagnetischen Feldern wechselwirken können. Doch Messungen mit optischen Atomuhren grenzen nun den Raum für solche „dunklen“ Bosonen weiter ein. Denn sie haben keinen Einfluss solcher Teilchen auf drei verschiedene Quantensprünge in den Ytterbium- und Strontium-Atomen nachweisen können. Die untere Massengrenze für ultraleichte Dunkle-Materie-Teilchen wurde dadurch präzisiert.

Woraus die Dunkle Materie besteht, ist noch immer eines der großen Rätsel der Physik. Nachdem Fahndungen nach schweren Teilchen wie den Weakly Interacting Massive Particles (WIMPs) ins Leere liefen, gelten nun jedoch leichte Bosonen wie Axionen oder „Dunkle Photonen“ als vielversprechende Kandidaten. Diese könnten, so die Hypothese, mit elektromagnetischen Feldern wechselwirken und auch Quantensprünge von Atomen beeinflussen – wenn auch in sehr geringem Maße.

„Dunkle“ Wellen und die Feinstrukturkonstante

Doch bisher ist unklar, in welchem Massenbereich sich ein ultraleichtes Dunkle-Materie-Teilchen verstecken könnte. Zwar gelten rund 10-22 Elektronenvolt als wahrscheinliche Untergrenze, denn dann müsste die quantenphysikalische, diesem Teilchen entsprechende Wellenlänge so groß sein wie unser gesamtes Universum. Genauere Begrenzungen am Massen-Unterrand fehlten aber bisher.

An diesem Punkt setzt die Messung eines Physikerteams um Melina Filzinger von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) an: Wenn es ultraleichte, dunkle Bosonen gibt, dann müssten sie über ihre Wellennatur auch einige grundlegende physikalische Konstanten beeinflussen. „Ihre Interaktion mit Teilchen des Standardmodells müsste zu entsprechenden Oszillationen in fundamentalen Konstanten wie der Feinstrukturkonstante, der Elektronenmasse und der Massenskala der Quantenchromodynamik führen“, erklären die Forschenden.

Quantensprünge in Ytterbium- und Strontiumatomen

Für ihre Studie haben Filzinger und ihr Team mögliche Effekte auf die Feinstrukturkonstante näher in den Blick genommen. Diese beeinflusst atomare Energieskalen und damit auch die Anregungsfrequenzen, bei denen Atome in einen höheren Energiezustand wechseln. Genau solche Quantensprünge und die für sie nötige Übergangsfrequenz werden in optischen Atomuhren für die Zeitmessung genutzt. Um mögliche Schwankungen dieser Frequenz zu messen, nutzten die Physiker eine Ytterbium-Atomuhr und eine Strontium-Atomuhr als Messwerkzeuge.

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In der Ytterbium-Atomuhr maß das Team insgesamt 235 Tage lang und über 26 Monate hinweg zwei Übergangsfrequenzen eines einzelnes Ytterbium-Ions. Beide Quantensprünge wurden abwechselnd, aber in der gleichen Umgebung und mit den gleichen Teilchen erzeugt und gemessen – das machte die Messungen genauer und zuverlässiger, als wenn man dafür zwei verschiedene Atomuhren eingesetzt hätte. Zusätzlich nutzen die Forschenden die Messergebnisse für den Quantensprung eines Strontium-Atoms.

Massenuntergrenzen
Durch die Atomuhr-Experimente für die dunklen Bosonen neu ausgeschlossene Bereiche (orange, blau) in Masse und elektromagnetischer Kopplung. © Filzinger et al./ Physical Review Letters, CC-by 4.0

Keine Oszillationen

Das Ergebnis: In ihren Messungen haben die Physiker keine signifikanten Oszillationen in der Frequenz der Quantensprünge festgestellt. Ein Einfluss durch ultraleichte „dunkle“ Bosonen ließ sich demnach nicht nachweisen. Durch die Messung über mehr als ein Jahr hinweg ließen sich auch sehr langsame Schwankungen ausschließen. Die Feinstrukturkonstante bleibt demnach auch über längere Zeiträume hinweg konstant.

Filzinger und ihre Kollegen haben damit neue experimentelle Obergrenzen für die Masse der gesuchten Dunkle-Materie-Teilchen und ihre mögliche Kopplung an die elektromagnetische Kraft bestimmt. Konkret schränken die neuen Limits den noch möglichen Raum für die Masse dieser Teilchen im Bereich zwischen 10-24 und 10-17 Elektronenvolt weiter ein. Die hohe Messgenauigkeit erlaubte es zudem, die Nachweisgrenze um mehr als eine Größenordnung zu präzisieren. (Physical Review Letters, 2023; doi: 10.1103/PhysRevLett.130.253001)

Quelle: Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)

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