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Psychologie

Per „Aromatherapie“ zum Nichtraucher?

Angenehme Duftstoffe helfen gegen das akute Rauchverlangen

Rauchen
Das Rauchen endlich sein zu lassen, fällt vielen Abhängigen schwer. © Artem Furman/ iStock.com

Duftende Entwöhnungshilfe: Angenehme Aromen könnten Rauchern bei der Entwöhnung helfen. Denn durch das Riechen an Duftproben lässt sich das akute Verlangen nach einer Zigarette offenbar abschwächen, wie eine Studie zeigt. Besonders wirkungsvoll scheinen demnach Duftstoffe zu sein, die bei den Betroffenen schöne Erinnerungen an vergangene Zeiten wecken und dadurch für gedankliche Ablenkung sorgen.

Rauchen kann auf Dauer Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern, den Spermien schaden sowie Zahnausfall und Rheuma begünstigen – eine Liste, die sich noch lange fortführen ließe. Auch Rauchern sind die mit dem Tabakkonsum verbundenen Risiken durchaus bewusst. Viele versuchen aus diesem Grund immer wieder von ihrer Sucht loszukommen: Manche vertrauen dabei auf Nikotinpflaster und -kaugummis, andere setzen auf E-Zigaretten und wieder andere greifen bei akutem Verlangen zu „Ersatzdrogen“ wie Schokolade oder versuchen sich abzulenken.

All diese Maßnahmen sind jedoch selten von langfristigem Erfolg gekrönt: Mehr als die Hälfte aller Aufhörwilligen werden irgendwann rückfällig und greifen in einem schwachen Moment doch wieder zur Zigarette. „Selbst mit Nikotin-Ersatz sind Rückfälle häufig. Es sind daher dringend neue Methoden gefragt, um den Millionen von Menschen zu helfen, die mit dem Rauchen aufhören möchten, es aber nicht schaffen“, konstatiert Michael Sayette von der University of Pittsburgh.

Ablenkung über die Nase

Auf der Suche nach Möglichkeiten, dem Verlangen entgegenzuwirken und Abhängige auf diese Weise bei der Rauchentwöhnung zu unterstützen, haben der Psychologe und seine Kollegen nun das Potenzial von Duftstoffen unter die Lupe genommen. Könnte eine Ablenkung über die Nase das Bedürfnis nach Nikotin abmildern? Tatsächlich deuten erste Experimente auf positive Wirkungen einer solchen „Aromatherapie“ hin, wie das Team berichtet.

Nun galt es, diese Effekte in einer größeren Studie zu bestätigen: Für ihre Untersuchung rekrutierten die Wissenschaftler 232 Raucher im Alter zwischen 18 und 55 Jahren, die seit mindestens zwölf Monaten täglich zehn bis 30 Zigaretten rauchten. Für das Experiment sollten die Probanden zunächst eine Reihe von Düften bewerten – darunter vor allem gemeinhin als positiv geltende Aromen wie Schokolade, Apfel oder Pfefferminze.

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Raucher im Schnüffeltest

Anschließend folgte der eigentliche Test: Die Studienteilnehmer bekamen den Auftrag, sich eine ihrer Zigaretten anzuzünden, diese aber nicht zu rauchen. Nach zehn Sekunden sollten sie dann ihr gegenwärtiges Rauchverlangen auf einer Skala von eins bis 100 einordnen. Der durchschnittliche Wert war dabei mit 82,13 Punkten erwartungsgemäß hoch. Denn vor Beginn des Experiments hatten die Raucher acht Stunden lang nicht zum Glimmstängel greifen dürfen.

Was aber würde passieren, wenn sie nun mit einem Duft konfrontiert wurden? Nachdem die Probanden ihr Verlangen beschrieben und die Zigarette ausgedrückt hatten, sollten sie fünf Minuten lang an einer Duftprobe riechen und ihre Rauchlust alle 60 Sekunden neu bewerten. Dabei bekamen sie entweder Tabak, eine Placebo-Probe ohne Duftstoff oder jenes Aroma zu schnüffeln, das sie im Vortest als am angenehmsten bewertet hatten.

Abgeschwächte Gelüste

Das Ergebnis: Allein der Akt des Riechens schien bei den Rauchern bereits eine Wirkung zu zeigen. So sank der Drang zu Rauchen bei allen Teilnehmern – unabhängig davon, welchen Duftstoff sie erhalten hatten. Allerdings hatten die angenehmen Düfte den größten Effekt. Sie wirkten signifikant besser gegen das Verlangen als Tabak oder das Placebo. Dies bestätigte sich auch in einem weiteren Test, bei dem die Probanden Geld verlangen durften, um weitere fünf Minuten mit dem Rauchen zu warten: Wer Apfel und Co gerochen hatte, verlangte einen niedrigeren Betrag als andere Probanden.

„Angenehme Gerüche scheinen eine vielversprechende Möglichkeit zu sein, um Rauchgelüste zu reduzieren“, sagt Sayette. „Die Tatsache, dass dieser Effekt über fünf Minuten anhält, könnte bedeuten, dass das dadurch entstehende Zeitfenster groß genug ist, damit sich der Raucher gegen die Zigarette entscheidet und eine akute Risikosituation verlässt.“

Wie kommt der Effekt zustande?

Warum aber entfalten die Duftstoffe überhaupt diese Wirkung? Die Forscher vermuten, dass das Riechen die Raucher von ihren Gedanken an die Zigarette ablenkt. Angenehme Aromen können dabei Erinnerungen an positive Erlebnisse aus der Vergangenheit wecken und funktionieren daher besonders gut. Tatsächlich ließen sich Probanden, die einen bestimmten Geruch mit einem autobiographischen Ereignis verbanden, am besten von ihrem Verlangen abbringen, wie das Team berichtet. So erinnerte der Pfefferminz-Geruch manche Raucher zum Beispiel an Weihnachten bei den Großeltern.

In Zukunft wollen Sayette und seine Kollegen die Wirkung der Duftstoffe und ihr Potenzial für die Rauchentwöhnung genauer analysieren. Dann wird sich zeigen, ob Aromen alleine oder in Kombination mit anderen Maßnahmen ein verlässlicher Weg zum Erfolg sein könnten. (Journal of Abnormal Psychology, 2019; doi: 10.1037/abn0000431)

Quelle: American Psychological Association

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