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Sonnensystem

Saturn hat einen „schlammigen“ Kern

Kern des Ringplaneten ist größer als gedacht und keine klar abgegrenzte, feste Kugel

Saturn
Der Kern des Saturn ist keine feste Kugel , sondern überraschend diffus und "verdünnt", wie Forscher herausgefunden haben. © Caltech/R. Hurt (IPAC)

„Fuzzy“ statt fest: Der Kern des Gasplaneten Saturn ist kein fester Gesteinsball, sondern eher schlammig und diffus abgegrenzt. Unter Eis und Gestein sind flüssiger Wasserstoff und Helium gemischt, die den Kern „verdünnen“. Gleichzeitig nimmt der Saturnkern deutlich mehr Raum ein als angenommen: Er macht rund 60 Prozent des Planeten-Durchmessers aus und wiegt schon allein so viel wie 55 Erden, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Astronomy“ berichten.

Der Saturn ist wie der Jupiter ein Gasriese: Er besitzt keine feste Oberfläche, sondern besteht zum größten Teil aus Gasen, darunter vor allem Wasser und Helium. Mit zunehmender Tiefe werden diese Gase allmählich flüssig, Wasserstoff geht ab einem gewissen Druck sogar in den metallischen Zustand über. Erst der Kern des Planeten besteht gängiger Theorie nach aus festem Gestein.

Wie der Kern des Saturn zusammengesetzt ist und wo er genau beginnt, war bislang jedoch unklar. Der Grund: Die bei der Erde und anderen Gesteinsplaneten genutzten Schwerefeldmessungen sind bei den Gasriesen nur bedingt aussagekräftig. Denn die Bewegungen der komprimierten Gase überdecken das Signal des Kerns.

Ringe als „Seismometer“

Doch nun haben zwei US-Astronomen einen Weg gefunden, das Innere des Saturn genauer zu vermessen – über dessen Ringe. „Wir haben die Saturnringe wie eine Art gigantischen Seismografen genutzt, um Oszillationen im Innern des Planeten zu messen“, erklärt Jim Fuller vom California Institute of Technology. Konkret analysierten Fuller und sein Kollege Christopher Mankovich subtile Schwingungen unter anderem des C-Rings, die die NASA-Raumsonde Cassini im Laufe ihrer 13-jährigen Missionszeit aufgezeichnet hatte.

Der Clou dabei: Diese Ringschwingungen entstehen durch Schwankungen in der Schwerkraft des Planeten – und ein Teil dieser Oszillationen hängt von der Beschaffenheit des Kerns und der tiefen Innenbereiche des Saturn ab. Weil die Ringe diese sogenannten g-Moden verstärken und messbar machen, geben sie Informationen über das Saturninnere preis.

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Überraschend groß und diffus

„Dies ist das erste Mal, dass wir die Struktur eines Gasriesen auf diese Weise seismisch durchleuchten können – und die Ergebnisse waren ziemlich überraschend“, sagt Fuller. So enthüllten die Daten, dass der Saturnkern größer ist als bislang gedacht. Er reicht bis 60 Prozent des Planetenradius nach außen, wie die Forscher berichten.

Überraschend auch: Der Saturnkern ist kein fester, klar abgegrenzter Gesteinsball, sondern beginnt eher diffus und schrittweise. Er grenzt sich von den oberen Schichten primär dadurch ab, dass das Material in ihm keine großen Umwälzströmungen zeigt. Einen klaren Unterschied in der Zusammensetzung, wie beim irdischen Übergang vom Gesteinsmantel zum Metallkern, gibt es aber nicht. Stattdessen verändert sich das Saturninnere eher graduell – und dies setzt sich auch innerhalb des Kerns weiter fort.

„Je näher man dem Zentrum des Planeten kommt, desto mehr Eis und Gestein sind unter die flüssigen Gase gemischt“, erklärt Mankovich. Aber selbst im tieferen Kern ähnelt die Beschaffenheit weniger eine festen Kugel als vielmehr einem schlammigen Gemisch aus Eis, Gestein sowie flüssigem Wasserstoff und Helium.

Der Saturnkern ist „verdünnt“

Den neuen Daten zufolge wiegen Eis und Gestein des Saturnkerns rund 17 Erdmassen, der gesamte Kern umfasst aber rund 55 Erdmassen. Damit ist der Saturnkern im Vergleich zum Erdkern stark durch leichtere Elemente verdünnt. Trotzdem mischt sich dieser „schlammige“ Kern nicht weiter mit den oberen Schichten und „schwappt“ als Ganzes im Zentrum des Planeten umher, wie die Ringschwingungen nahelegen.

Wie die Forscher erklären, könnten diese neuen Ergebnisse eine der Besonderheiten des Ringplaneten erklären: Er gibt deutlich mehr Wärmestrahlung ab man angesichts seiner großen Sonnenentfernung erwarten würde. Plausibler wird dies nun durch den großen, nicht von Strömungen durchmischten Kern des Saturn. „Diese große, stabil geschichtete Region hätte die Abkühlung des Planeten verzögert“, so Fuller und Mankovich. Der Saturn hat daher noch mehr von seiner Anfangshitze im Inneren bewahrt.

So ist der Kern des Saturn beschaffen.© Caltech

Stimmen die Modelle der Planetenbildung noch?

Diese neuen Erkenntnisse werfen aber nicht nur ein ganz neues Licht auf das Innenleben von Gasriesen wie Saturn oder Jupiter – und sie bringen auch gängige Modelle der Planetenbildung in Bedrängnis. Denn nach diesen entstehen Gasplaneten, indem sich zuerst ein fester Gesteinskern bildet. Dieser zieht dann durch seine große Schwerkraft besonders viele Gase an sich und wird so zum Gasplaneten. Der Kern dieser Planeten müsste diesem Szenario nach dem Inneren der kleineren Gesteinsplaneten ähneln.

Doch das ist bei Saturn offensichtlich nicht der Fall. Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass der junge Saturn Gesteinsmaterial und Gas nahezu parallel an sich zog. Tatsächlich haben einige aktuelle Studien diese Form der gleichzeitigen Akkretion auch für den Jupiter postuliert. Denkbar wäre aber auch, dass die Grenze vom Kern zur Hülle im Laufe der Zeit erodiert ist, wie Fuller und Mankovich erklären. Wasser, Silikate und Eisen hätten sich dabei allmählich in den flüssigen Gasen gelöst und dadurch mit ihnen vermischt. (Nature Astronomy, 2021; doi: 10.1038/s41550-021-01448-3)

Quelle: California Institute of Technology

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