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Astronomie

Neuer Blick auf das Schwarze Loch M87*

KI-gestützte Analyse korrigiert und schärft das erste Foto eines Schwarzen Lochs

Die ursprüngliche Version des Fotos vom Schwarzen Loch M87* (links) und die jetzt mit einem neuen Analysemodell "nachgeschärfte" Aufnahme. © L. Medeiros/ Institute for Advanced Study, D. Psaltis/ Georgia Tech, T. Lauer/ NSF’s NOIRLab, F. Ozel/ Georgia Tech

Remake eines ikonischen Bildes: Das erste im Foto festgehaltene Schwarze Loch M87* sieht etwas anders aus als zunächst gezeigt – der zentrale Schatten ist etwas größer, der helle Lichtring aus leuchtenden Gasen dagegen schmaler. Das hat eine KI-gestützte Neuanalyse der Rohdaten des Event Horizon Telescope (EHT) ergeben. Das neue Analysemodell erlaubt es, Lücken in solchen Daten auf Basis physikalischer Gesetzmäßigkeiten zu schließen. Auch das Foto des Schwarzen Lochs unserer Milchstraße könnte damit nun nachgeschärft werden.

Im April 2019 sorgte das erste Foto eines Schwarzen Lochs für weltweites Aufsehen. Das vom Event Horizon Telescope (EHT) aufgenommene Bild zeigt den dunklen Schatten des supermassereichen Schwarzen Lochs M87*, umgeben von einem hellen Ring heißer, leuchtender Gase, die um den Ereignishorizont rasen. Nähere Analysen der Daten enthüllten zudem ein leichtes Wackeln des Ereignishorizonts und konnten sogar den schon von Albert Einstein vorhergesagten Photonenring identifizieren.

Lücken in den Rohdaten ausgefüllt

Jetzt gibt es einen weiteren Durchbruch: „Rund vier Jahre nachdem das erste Foto eines Schwarzen Lochs durch das EHT vorgestellt wurde, haben wir nun einen weiteren Meilenstein erreicht“, erklärt Koautor Dimitrios Psaltis vom Georgia Institute of Technology. „Erstmals haben wir ein Bild erzeugt, das die volle Auflösung des Teleskopverbunds nutzt.“ Rein theoretisch entspricht die Auflösung der mittels Interferometrie zusammengeschalteten Radioteleskope zwar der einer erdgroßen Antenne – in der Praxis bleiben aber Lücken in den Daten.

Um diese Lücken zu schließen, haben Erstautorin Lia Medeiros vom Institute for Advanced Study in Princeton und ihr Team ein neues, auf maschinellem Lernen basierendes Analysemodell entwickelt. Dieses ermöglicht es, Lücken und Unschärfen in den Rohdaten des EHT-Teleskopverbunds ausgleichen, ohne dabei physikalisch unpräzise zu werden.

Wie das neue Analysemodell funktioniert

„Mithilfe des maschinellen Lernens können wir Physik auf neue Weise nutzen, um die Bereiche fehlender Daten auszufüllen“, erklärt Medeiros. „Mit PRIMO (Principal-Component Interferometric Modeling) konnte wir die maximale Auflösung des aktuellen Teleskopverbunds erreichen.“ Dafür wurde das KI-System mit mehr als 30.000 simulierten Aufnahmen von aktiven Schwarzen Löchern trainiert. Diese Aufnahmen entstanden auf Basis unterschiedlicher Modelle zum Verhalten von Gas in der Akkretionsscheibe Schwarzer Löcher.

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Das KI-System suchte in diesen Trainingsdaten nach übereinstimmenden Mustern und Gesetzmäßigkeiten und lernte so die physikalischen Grundlagen. Für das neue Bild des Schwarzen Lochs M87* fütterte das Team dann dieses astrophysikalisch trainierte Analysemodell mit den Rohdaten der EHT-Aufnahmen. PRIMO lieferte daraufhin eine vom Streulicht bereinigte und schärfere Aufnahme.

Neues Foto von M87*
In der neu bearbeiteten Aufnahme hat das Schwarze Loch M87* einen schmaleren Lichtring und der zentrale Schatten ist größer und dunkler. © L. Medeiros/ Institute for Advanced Study, D. Psaltis/ Georgia Tech, T. Lauer/ NSF’s NOIRLab, F. Ozel/ Georgia Tech

Größerer Schatten, schmalerer Ring

Das Ergebnis ist eine neue Version des ikonischen ersten Fotos von M87*: In der neuen Aufnahme ist der zentrale lichtverschlingende „Schatten“ des supermassiven Schwarzen Lochs größer und dunkler als ursprünglich gezeigt. Der helle Ring aus leuchtendem Gas ist dagegen schmaler und weniger ausgefranst. „Der Lichtring ist nur noch etwa halb so breit, das liefert uns wichtige Begrenzungen für unsere theoretischen Modelle und die Überprüfung der Gravitationstheorie“, erklärt Medeiros.

Die neu gerenderte Aufnahme entspricht noch immer den Rohdaten und der ersten Aufnahme, zeigt aber die Struktur des supermassereichen Schwarzen Lochs deutlicher. Dies trägt unter anderem dazu bei, die Masse von M87* genauer zu ermitteln und auch die physikalischen Parameter, die sein Aussehen prägen, wie die Forschenden erklären. Der tiefere Schatten im Zentrum und der schmalere Ring könnten dabei helfen, Theorien zur Beschaffenheit des Ereignishorizonts zu überprüfen.

Methode auch für andere Schwarze Löcher einsetzbar

„Die Verbesserung der Aufnahme von 2019 war erst der Anfang“, sagt Medeiros. „Die Daten hinter diesem Bild haben noch viele weitere Geschichten zu erzählen. Da wir Schwarze Löcher nicht aus der Nähe erforschen können, sind die Details in unseren Aufnahmen entscheidend, um ihr Verhalten zu verstehen.“ Die neu entwickelten Methoden der Datenanalyse und des maschinellen Lernens seien gerade für die Erforschung Schwarzer Löcher Gold wert.

Das neue Analysemodell soll künftig auch für andere Datensätze des Teleskopverbunds eingesetzt werden. „PRIMO ist ein neuer Ansatz, um die schwierige Aufgabe der Bildkonstruktion aus den EHT-Beobachtungen zu meistern“, sagt Koautor Tod Lauer vom NOIRLab. Dazu gehören auch die Daten zum zentralen Schwarzen Loch unserer eigenen Galaxie. Das erste Foto von Sagittarius A* im Milchstraßenzentrum hat die EHT-Kollaboration im Jahr 2022 veröffentlicht. Nun könnte auch dieses Bild bald noch schärfer werden. (The Astrophysical Journal Letters, 2023; doi: 10.3847/2041-8213/acc32d)

Wie fotografiert man ein Schwarzes Loch? © EHT

Quelle: Institute for Advanced Study, NOIRLab

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