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Sonnensystem

Neue Indizien für aktiven Vulkanismus auf der Venus

Großer Vulkanschlot hat Form und Größe in wenigen Monaten verändert

Maat Mons
Der in diesem Radarbild abgebildete Maat Mons ist der höchsten Vulkan der Venus. An seinem Hang haben Forscher nun Hinweise auf noch aktiven Vulkanismus entdeckt. © NASA/ Jet Propulsion Laboratory

Nicht alle Vulkane und Lavaströme der Venus sind alt und längst erstarrt: Forscher haben neue Hinweise auf einen noch aktiven Vulkanismus auf unserem Nachbarplaneten entdeckt. Ein rund zwei Kilometer großer Vulkanschlot in der Nähe des größten Venusvulkans Maat Mons hat innerhalb weniger Monate seine Form und Größe verändert, wie neue Analysen von Radaraufnahmen der Magellansonde zeigen. Die Aufnahmen legen nahe, dass sich im Schlot ein Lavasee bildete und Lava ausgelaufen ist.

Die Venus ähnelt in ihrer Größe und Zusammensetzung der Erde und könnte in ihrer Frühzeit auch ähnlich lebensfreundlich gewesen sein. Heute allerdings herrschen auf unserem Nachbarplaneten höllische Bedingungen und eine dichte Atmosphäre verhüllt den Blick auf die Oberfläche. Wie die Venus-Landschaft aussieht, verraten daher nur Radaraufnahmen von Raumsonden oder erdbasierten Radioteleskopen. Und diese Aufnahmen enthüllen, dass es auch auf der Venus zahlreiche Vulkane und Lavaströme gibt.

Doch wie aktiv sind diese Venusvulkane heute noch? In den letzten Jahrzehnten haben Raumsonden schon mehrfach Hinweise auf eine möglicherweise noch anhaltende vulkanische Aktivität geliefert. Dazu gehören auffallend heiße Stellen auf der Oberfläche, von denen einige ihre Temperatur zu verändern scheinen. Einige Lavaströme könnten nach Ansicht einiger Forscher zudem erst wenige Jahre alt sein.

Neuer Blick auf alte Radardaten

Weitere Indizien für aktiven Vulkanismus haben nun Robert Herrick und Scott Hensley von der University of Alaska in Fairbanks entdeckt. Sie haben Radar-Aufnahmen der Venusoberfläche ausgewertet, die in den 1990er Jahren von der Magellan-Raumsonde erstellt worden waren. „Diese Magellan-Daten sind erst in den letzten zehn Jahren in voller Auflösung und in entsprechender Aufbereitung zugänglich gemacht worden“, erklärt Herrick.

Für ihre Studie konzentrierten sich die Forscher auf potenziell vulkanische Bereiche auf der Venusoberfläche, die von der Magellansonde mehrfach überflogen und kartiert worden sind. Dazu gehört auch die Atla Regio, in der die beiden größten Vulkane der Venus liegen, Ozza Mons und Maat Mons. Die beiden Schildvulkane ragen sechs beziehungsweise acht Kilometer über ihre Umgebung hinaus und sind von zahlreichen Lavaströmen und kleineren Vulkanschloten umgeben.

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Ein Schlot verändert Inhalt und Form

Beim Vergleich von Aufnahmen der Nordseite des Maat Mons wurde das Team fündig: An einem der niedrigeren, vorgelagerten Schildvulkane entdeckten sie in einem Radarbild vom Februar 1991 einen rund 1,5 mal 1,8 Kilometer großen vulkanischen Schlot. „Dieser Schlot erscheint nahezu kreisförmig mit steilen Innenwänden“, berichten die Forscher. Das Innere schien zudem leer zu sein.

Doch in einer zweiten Aufnahme, die im Oktober desselben Jahres entstand, sah dieser Schlot deutlich anders aus: Er war nicht mehr rund, sondern eher länglich ausgezogen. Das Innere dieses Schlots schien nun mit etwas gefüllt zu sein, wie der verkürzte Abstand zwischen Schlotgrund und Kraterrand nahelegte. „Wir vermuten, dass sich in dem Zeitintervall zwischen den beiden Bildern in diesem Schlot ein Lavasee gebildet hat“, schreiben Herrick und Hensley.Frische

Lavaströme unterm Schlot?

Und noch etwas könnte sich verändert haben: Am Hang unterhalb des Vulkanschlots zeigten sich im zweiten Radarbild deutliche Spuren von Lavaströmen, die auf der früheren Aufnahme nicht zu erkennen waren. „Die Fläche dieser Ströme liegt bei 69 Quadratkilometern – dies entspricht typischen Werten für Hotspot-Vulkanismus auf der Erde“, erklären die Forscher. Sie räumen aber auch ein, dass sie nicht sicher sein können, ob die Lavaströme in der ersten Aufnahme wirklich fehlten, weil diese in einem etwas anderen Blickwinkel aufgenommen worden war.

Nach Ansicht der Wissenschaftler legen die Veränderungen des Schlots aber nahe, dass es dort eine vulkanische Aktivität gegeben hat. Damit liefert ihre Studie ein weiteres Indiz für die anhaltende vulkanische Aktivität unseres Nachbarplaneten. Welches Ausmaß diese Aktivität aber hat, bleibt vorerst offen. „Schätzungen dazu, wie oft es auf der Venus Vulkanausbrüche geben könnte, sind sehr spekulativ. Die mögliche Spanne reicht von mehreren großen Eruptionen pro Jahr bis zu einer alle Dutzend Jahre“, erklärt Herrick.

Geplante Venusmissionen könnten Gewissheit schaffen

Die Planetenforscher hoffen, dass kommende Venusmissionen mehr Informationen über den Vulkanismus auf der Venus liefern werden. Die NASA plant mit DaVinci und Veritas bis 2031 gleich zwei Raumsonden zur Venus zu schicken, darunter eine, die eine Tochtersonde in die Atmosphäre schicken wird. Die ESA wird 2032 ihre Venussonde EnVision zu unserem Nachbarplaneten senden.

„Die kommenden Venusmissionen werden sicherlich neue Lavaströme finden, die sich seit Ende der Magellanmission vor drei Jahrzehnten gebildet haben“, sagt Herrick. Möglicherweise gelinge es den Orbitersonden sogar, vulkanische Aktivität auf frischer Tat zu ertappen. (54th Lunar Planetary Science Conference; Science, 2023; doi: 10.1126/science.abm7735)

Quelle: University of Alaska Fairbanks

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