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Astronomie

Venus doch vulkanisch aktiv?

Daten des Infrarot-Spektrometers VIRTIS zeigen deutlich „Hotspots“ erhöhter Wärme

Vulkan auf der Venus © DLR

Die Venus, heißer Nachbarplanet der Erde, könnte noch vulkanisch aktiv sein. Das deuten jüngste Auswertungen von Infrarot-Daten der ESA-Sonde Venus Express an. Forscher entdeckten neun Hotspots erhöhter Temperatur, die auf eine Magma-Kammer unter der Oberfläche schließen lassen sowie relativ frisch erstarrte Lavaflüsse. Über ihre Erbgebnisse berichten sie nun in „Science“.

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Bereits seit dem 11. April 2006 umkreist die Raumsonde Venus Express den Planeten, der ständig unter einer dichten Wolkendecke verborgen liegt. In einer elliptischen Bahn um die Venus überfliegt die Sonde der Europäischen Weltraumorganisation ESA die Pole in einer Entfernung zwischen 66.000 und 300 Kilometern. Mit an Bord: das Infrarot-Messinstrument VIRTIS (Visible and Infrared Thermal Imaging Spectrometer), das als einziges durch so genannte „atmosphärische Fenster“ bis auf die Oberfläche der Venus blicken und die Wärmestrahlung des Planeten in verschiedenen Höhen registrieren kann.

Magma-Kammern strahlen Wärme ab

„In ganz bestimmten Infrarot-Bereichen sehen wir das Glühen der Oberfläche“, erklärt Planetenphysiker Jörn Helbert vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Neun „Hotspots“, also Gebiete mit einer aktiven großen unterirdischen Magma-Kammer, könnten nach der Auswertung der Daten sehr wahrscheinlich vulkanisch aktiv sein. „Die erstarrten Lavaflüsse, von denen die Wärmestrahlung an der Oberfläche ausgeht, scheinen kaum verwittert zu sein. Daher gehen wir davon aus, dass sie jünger als 2,5 Millionen Jahre sind – die meisten sehr wahrscheinlich sogar jünger als 250.000 Jahre“, sagt Helbert. „Für Geologen bedeutet ein solches Alter fast schon die Gegenwart.“

Möglich seien auch kleinere Vulkanausbrüche und Lavaflüsse, die sich auf sehr begrenzte Regionen beschränkten. „Wir sind uns ziemlich sicher, dass die Venus noch vulkanisch aktiv ist“, erklärt auch Nils Müller vom VIRTIS-Teams des DLR.

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Temperaturabweichungen bis zu drei Grad

Wie auf der Erde ist es auch auf der Venus in Bergen kälter und in Tälern wärmer. Die Atmosphäre der Venus ist jedoch so dicht, dass sie die Temperatur der Planetenoberfläche vollständig bestimmt. Daher können die Wissenschaftler die Temperaturen der Oberfläche in Modellen vorausberechnen. Die Daten, die VIRTIS im vergangenen Jahr aufzeichnete, zeigen jedoch an verschiedenen Stellen auf dem Planeten eine Abweichung von zwei bis drei Grad Celsius zur vorhergesagten Temperatur.

„Das kann daher kommen, dass unterschiedliche Gesteine vorliegen, die sich auch thermisch unterschiedlich verhalten.“ Im Blick von VIRTIS sind die Hotspots der Regionen Imdr, Themis und Dione, die sich bis zu 2,5 Kilometer über der Ebene erheben und als wahrscheinlichste Gebiete für aktiven Vulkanismus gelten. Die Auswertung der Daten ist dabei für die Forscher schwierig: „Die Wolkendecke versperrt unseren Blick auf die Oberfläche, und wir müssen ihren Effekt aus den Daten herausrechen. Trotzdem sieht es am Ende wie ein Blick durch eine Milchglasscheibe aus.“

Nähere Erkundung in Speziallabor

Welche Materialien die auffällige Wärmestrahlung auf der Venus absondern, können die Wissenschaftler bisher hingegen noch nicht sagen. In einem weiteren Schritt baut Jörn Helbert deshalb am DLR-Institut für Planetenforschung das Labor Planetary Emissivity Laboratory auf, in dem verschieden Gesteine auf eine für die Venus typische Temperatur von 500 bis 600 Grad Celsius gebracht werden. Anschließend werden – so wie VIRTIS aus dem Weltall auf die Venus blickt – deren Emissionseigenschaften in verschiedenen Wellenlängen gemessen. Im Vergleich mit den Daten von VIRTIS können die Wissenschaftler dann die bis jetzt noch offene Frage nach den Bestandteilen der Venusoberfläche klären.

„Abendstern“ im Visier

Bereits 25 Raumsonden waren vor Venus Express im Einsatz, um den von dichtne Wolken verhüllten „Abendstern“ zu erforschen. Bei Venus Express greifen die Wissenschaftler daher teilweise auf bewährte Systeme zurück: So übernahm man Entwicklungen der europäischen Marssonde Mars Express. VIRTIS selbst wurde ursprünglich für die ESA-Kometensonde Rosetta beim DLR in Berlin konstruiert. Eine bedeutende Vorläufermission bei der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA war die Radar-Kartierung durch die Raumsonde Magellan, deren Kartenmaterial bereits auf hunderte Vulkane schließen ließ. Allerdings nahm man zunächst an, dass diese allesamt erloschen seien. Neben VIRTIS kreisen sechs weitere Experimente mit Venus Express um den heißen Planeten, die unter anderem die Zusammensetzung der Atmosphäre und die Temperatur aufzeichnen sollen.

„Von der Venus lernen“

Sollten weitere Auswertungen bestätigen, dass die Venus vulkanisch aktiv und somit der erste terrestrische geologisch aktive Planet neben der Erde ist, wäre dies eine Erkenntnis, die auch Rückschlüsse auf unseren Planeten zulassen würde. So ähnlich sich Erde und Venus von Größe und Aufbau sind, so verschieden sind sie nämlich in ihrer Entwicklung. Doch wann und warum verlief diese Entwicklung dann unterschiedlich, so dass die Erde Leben ermöglicht, während die 500 Grad Celsius heiße Venus ohne Wasservorkommen nur eine lebensfeindliche Umgebung bietet? „Von der Venus können wir vielleicht lernen, was die Erde so besonders macht“, sagt Planetenforscher Helbert.

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 09.04.2010 – NPO)

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