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Astronomie

Hitzewallung im frühen Kosmos

Astronomen detektieren 13 Milliarden Jahre alte Signatur von heißem Kohlenstoff

KOsmos
Astronomen haben eine rasante Zunahme von heißem Kohlenstoff im frühen Kosmos nachgewiesen – eine Folge der Reionisierung und der Elementfreisetzung der ersten Sterne. © sololos/ Getty

Erbe der ersten Sterne: Vor gut 13 Milliarden Jahren nahm die Menge an aufgeheiztem Kohlenstoff im Kosmos abrupt zu, wie Spektralsignaturen im Licht uralter Quasare enthüllen. Demnach verfünffachte sich die Menge dieses sogenannten C-IV-Kohlenstoffs innerhalb von nur 300 Millionen Jahren – nach kosmischen Maßstäben rasant. Astronomen führen dies auf die Freisetzung schwerer Elemente durch die ersten Sterne und deren starke Strahlung zurück. Dies liefert wertvolle Informationen über die kosmische „Morgendämmerung“.

Als wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall die ersten Sterne entstanden, begann die kosmische Morgendämmerung. Die Sterne hellten das zuvor dunkle Universum auf und produzierten durch ihre Kernfusion erste schwere Elemente. Ihre intensive Strahlung ionisierte zudem den primordialen Wasserstoff und heizte das interstellare Medium auf. Mit dieser Phase der Reionisierung trat der Kosmos in eine ganz neue Ära ein. Wann und wie genau diese Phase ablief, ist aber bisher erst in Teilen geklärt.

Spektralsignaturen
Spektralsignaturen von C-IV-Kohlenstoff in den Sichtlinien der 42 frühen Quasare. © Davies et al./ MNRAS, CC-by 4.0

Kohlenstoff-„Fingerabdruck“ im Quasarlicht

Umso spannender ist ein neuer Einblick in diese prägende Phase des Kosmos, den nun Astronomen um Rebecca Davies von der Swinburne University of Technology in Australien gewonnen haben. Sie hatten 42 mehr als 13 Milliarden Jahre alte Quasare mithilfe der hochauflösenden Spektroskope am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile anvisiert. Zuvor waren aus dieser Ära nur spektrale Daten von zwölf dieser extrem hellen aktiven Galaxienkerne verfügbar.

Weil das Licht der Quasare auch durch das interstellare Medium des frühen Kosmos strahlt, hinterlassen dessen Gase spektrale „Fingerabdrücke“ im Quasarlicht. Diese Spektralsignaturen können verraten, welche Elemente es damals schon gab und in welchem Zustand sie waren. Für ihre Studie fokussierten sich Davies und ihr Team auf eine Doppellinie des Kohlenstoffs, die sogenannte C-IV-Signatur. „Die C-IV-Doppellinie wird oft als Tracer für mit schweren Elementen angereichertes Gas im Kosmos genutzt, weil sie über eine weite Spanne an Rotverschiebungen beobachtbar ist und wegen ihrer Doppelung leicht zu identifizieren ist“, erklären die Astronomen.

Sprunghafter Anstieg vor gut 13 Milliarden Jahren

Ziel der Beobachtungen war es, herauszufinden, wann und wie schnell der von den ersten Sternen freigesetzte Kohlenstoff im frühen Kosmos zunahm. „Führende Theorien zur kosmischen Entwicklung und der Anreicherung des interstellaren Mediums besagen, dass der Großteil des über C-IV detektierbaren Kohlenstoffs nicht vor Ort entstand, sondern in den Sternen“, erklärt das Team. Über Gasströme wurde der Kohlenstoff dann aus den ersten Galaxien ins intergalaktische Medium transportiert.

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Die Spektralanalysen enthüllten: Die Dichte des heißen Kohlenstoffs – erkennbar an der C-IV-Doppellinie – nahm nicht allmählich stetig zu, sondern sprunghaft. „Der Anteil des Kohlenstoffs im warmen Gas stieg vor rund 13 Milliarden Jahren rapide an“, berichtet Davies. Innerhalb von nur 300 Millionen Jahren nahm der Anteil des heißen C-IV-Kohlenstoffs um das 4,8-Fache zu – nach astronomischen Maßstäben ist dies geradezu rasant.

Kohlenstoffanteil
Beitrag von heißem C-IV-Kohlenstoff und kühlerem C-II-Kohlenstoff zur Massenbilanz des frühen Kosmos. © Davies et al./ MNRAS, CC-by 4.0

Hitze und Material von den ersten Sternen

Doch was hat diesen plötzlichen Schub heißen Kohlenstoffs verursacht? Die Astronomen führen dies auf die Kombination aus Supernovae der ersten Sterne und die Reionisierung zurück. Zum einen heizte die heiße Strahlung der ersten Sterne das interstellare und intergalaktische Medium auf und damit auch den Kohlenstoff. „Unsere Ergebnisse passen zu Studien, nach denen die Menge des neutralen Wasserstoffs im intergalaktischen Raum etwa um die gleiche Zeit rapide abnahm“, sagt Davies. Beides deutet auf intensive Reionisierung hin.

Zum anderen setzten die Explosionen der frühen massereichen und daher kurzlebigen Sterne damals vermehrt schwere Elemente wie den Kohlenstoff frei. „Wir sehen hier die Produkte der ersten Sternengenerationen“, so Davies. Ihren Berechnungen nach hätten diese Sterne nach rund 160 Millionen Jahren Kohlenstoff und andere schwere Elemente freigesetzt. Der Kohlenstoff benötigte dann noch 90 bis 450 Millionen Jahre, um durch Gasströme ins intergalaktische Medium transportiert zu werden.

Signatur der Reionisierung

Die Astronomen haben damit nachgewiesen, dass die Phase der Reionisierung sich auch im Kohlenstoff des frühen Kosmos widerspiegelt – und dass es damals einen rapiden Anstieg von aufgeheizten schweren Elementen gab. „Unsere Studie adressiert ein Schlüsselziel der Forschung: aufzuklären, wie Schlüsselbausteine des Lebens – in diesem Fall Kohlenstoff – sich im Universum ausgebreitet haben“, sagt Davies‘ Kollegin Emma Ryan-Weber.

„Als Menschen streben wir danach zu verstehen, woher wir kommen. Es ist aber gerade zu unglaublich, sich vorzustellen, dass der spektrale Barcode dieser 13 Milliarde Jahre alten Kohlenstoffatome zu einer Zeit entstand, als es die Erde noch nicht einmal gab“, so die Astronomin weiter. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2023; doi: 10.1093/mnras/stad294)

Quelle: ARC Centre of Excellence for All Sky Astrophysics in Three Dimensions (ASTRO-3D)

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