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Astronomie

Astronomen finden fernsten Stern

Vergrößerungseffekt einer Gravitationslinse macht fernen Blauen Riesen sichtbar

Dieser Stern (Kreis) liegt neun Milliarden Lichtjahre entfernt. Sichtbar ist er nur durch einen kosmischen Glücksfall. © NASA, ESA, and P. Kelly (University of Minnesota)

Astronomischer Rekord: Dank eines kosmischen Glücksfalls haben Astronomen den fernsten bekannten Stern gesichtet – einen Blauen Riesen in rund neun Milliarden Lichtjahren Entfernung. Dieser Stern leuchtete bereits, als das Universum erst ein Drittel so alt war wie heute. Er wurde für das Weltraumteleskop Hubble sichtbar, weil ein Galaxienhaufen im Vordergrund als Gravitationslinse wirkte und sein Licht 2.000-fach verstärkte.

Beim Blick in das ferne Weltall kommt Astronomen manchmal ein glücklicher Zufall zu Hilfe: Eine massereiche Galaxie oder ein Galaxienhaufen schiebt sich vor eine ferne Lichtquelle und wirkt dadurch wie eine Vergrößerungslinse. Die Schwerkraft des Vordergrundobjekts verzerrt und vergrößert das Licht der fernen Quellen. Auf diese Weise haben Forscher bereits uralte Galaxien, ferne Supernovae und sogar mögliche Exoplaneten in einer fremden Galaxie aufgespürt.

Unerwarteter Lichtpunkt

Als Patrick Kelly von der University of Minnesota und seine Kollegen das Weltraumteleskop Hubble auf den fünf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxiencluster MACS J1149+2223 richteten, wollten sie ebenfalls diesen Gravitationslinseneffekt ausnutzen: Sie hofften, dass der Cluster das Licht einer Supernova in einer rund neun Milliarden Jahren weit entfernten Spiralgalaxie verstärken würde.

Doch zu ihrem Erstaunen entdeckten die Forscher in ihren Aufnahmen eine zweite helle Lichtquelle in der Zielgalaxie. Neben der Supernova vergrößerte der Galaxiencluster auch das Licht eines einzelnen Sterns. Er erschien dadurch rund 2.000 Mal heller als normal und wurde so sichtbar, obwohl er neun Milliarden Lichtjahre entfernt liegt – weiter als jeder andere bisher beobachtete Einzelstern.

Bei dem auch "Icarus" genanntne Stern handelt es sich um einen Blauen Überriesen - einen sehr hellen, heißen Stern. © ESA/Hubble, M. Kornmesser

Blauer Riese als Rekordstern

„Das ist das erste Mal, dass wir einen einzelnen Stern auf diese Weise vergrößert sehen“, sagt Kelly. „Dieser Stern ist mindestens 100 Mal weiter entfernt als der bisher am weitesten entfernte Stern, den wir beobachten konnten.“ Das Licht des „Lensed Star 1“ (LS1) getauften Sterns stammt aus einer Zeit nur 4,4 Milliarden Jahre nach dem Urknall – damals hatte das Universum erst 30 Prozent seines heutigen Alters.

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Um mehr über den Stern zu erfahren, analysierten die Forscher das Spektrum seines Lichts mit dem Hubble-Weltraumteleskop. Aus ihren Ergebnissen schließen sie, dass LS1 ein Blauer Überriese sein muss – ein bläulich leuchtender, massereicher Stern, dessen Oberfläche mit 11.000 bis 14.000 Grad Celsius mehr als doppelt so heiß ist wie die Sonne. Diese Riesensterne können schon von sich aus ähnlich hell leuchten wie kleine Zwerggalaxien oder Kugelsternhaufen.

Doppelte Vergrößerung

Spannend ist diese Entdeckung aber auch deshalb, weil sie mehr über die Zusammensetzung des Galaxienhaufens im Vordergrund verraten kann. Denn der Blaue Riese wurde offenbar nicht nur durch die Gesamtschwerkraft des Clusters vergrößert, sondern zusätzlich durch ein schweres Objekt in ihm. Ein solches Phänomen bezeichnen die Astronomen als Gravitations-Microlensing.

So funktionierte der Gravitationslinseneffekt beim Lensed Star 1© ESA/Hubble

„Wir wissen, dass dieses Microlensing entweder durch einen Stern, einen Neutronenstern oder ein stellares Schwarzes Loch verursacht wurde“, erklärt Koautor Steven Rodney von der University of South Carolina. Dieses Objekt hat etwa die dreifache Sonnenmasse. Weil der Blaue Riese von uns aus gesehen genau hinter diesem Objekt stand, wurde die normalerweise nur etwa 50-fache Vergrößerung durch den Galaxienhaufen bis auf das 2.000-Fache verstärkt. (Nature Astronomy, 2018; doi: 10.1038/s41550-018-0430-3)

(ESA/ Hubble, 03.04.2018 – NPO)

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