Sturmfluten an der Nordsee können ab Mitte des Jahrhunderts erheblicher gefährlicher werden. Dies haben Wissenschaftler des GKSS-Forschungszentrums Geesthacht im Rahmen einer neuen Studie herausgefunden. Die Küstenforscher untersuchten die Vergangenheit der Stürme und Sturmfluten und berechneten mit mathematischen Modellen die Zukunft. Ihr Ergebnis: Durch den Menschen verursachte Klimaveränderungen werden zu höheren Sturmflutwasserständen führen. Heutige Sturmfluten sind vom menschengemachten Klimawandel aber noch nicht berührt.
Treibhausgase wie zum Beispiel Kohlendioxid oder Methan üben einen Einfluss auf das globale Wettergeschehen und somit auch auf die Entwicklung von Stürmen aus. Besonders an den Küsten können Stürme katastrophale Auswirkungen haben, da sie zerstörerische Sturmfluten mit sich bringen.
Mithilfe von mathematischen Modellen haben die GKSS-Küstenforscher deshalb untersucht, welchen Effekt die stetig größer werdende Menge von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf die Sturmfluten an der Nordseeküste haben könnte. Dabei stellten sie fest, dass zwischen 2070 und 2100 Erhöhungen der maximalen Sturmwasserstände in der Größenordnung von 20 bis 40 Zentimetern entlang der gesamten Deutschen Nordseeküste wahrscheinlich sind.
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Zusätzlich zu diesem sturmbedingten Anstieg der Wasserstände führt der globale Temperaturanstieg aufgrund der thermischen Ausdehnung der Wassermassen sowie des möglichen Abschmelzens der Grönländischen und Antarktischen Eiskappen an der Nordseeküste in Zukunft vermutlich zu einer Erhöhung des mittleren Meeresspiegels um 30 bis 40 Zentimeter. „Für den Hamburger Pegel von St. Pauli errechneten wir so einen Anstieg der Sturmwasserstände für 2030 von etwa 20 Zentimetern und für das Jahr 2085 von bis zu 70 Zentimetern?“, erklärt die Diplom-Geografin Katja Woth.
Klimawandel nicht schuld an heutigen Herbststürmen
Derzeitige Herbststürme lassen sich jedoch noch nicht auf Klima bedingte Veränderungen zurückführen. Die Auswertung des historischen Sturmklimas durch die GKSS-Wissenschaftler zeigt, dass einem Anstieg der Sturmintensität zwischen etwa 1960 und der Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts ein Abwärtstrend voran ging und auch jetzt wieder zu beobachten ist. Wenn dennoch Sturmfluthöhen regional markante Veränderungen zeigen, so liegt dies an einer Reihe von Faktoren wie Küstenschutzmaßnahmen, Vertiefungen von Fahrrinnen und Landsenkung, die die Fluten insbesondere in der inneren Deutschen Bucht höher auflaufen lassen.
„Der Blick in die stürmische Vergangenheit lehrt uns zwei Dinge: Starke Stürme gab es schon immer und seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts haben uns die Küsteningenieure wirksam vor den Sturmfluten geschützt. In der ferneren Zukunft zum Ende dieses Jahrhunderts wird der Einfluss des Menschen auf das Klima wahrscheinlich auch auf die Sturmfluten Norddeutschlands durchschlagen. Bis 2030 aber wird der derzeitige und jetzt geplante Küstenschutz ausreichend sein; danach muss die Situation von den Küsteningenieuren neu bewertet werden; langfristig kann sich dabei die Notwendigkeit auch neuer Schutzstrategien ergeben?“, fasst Professor Hans von Storch vom Institut für Küstenforschung der GKSS die Studienergebnisse zusammen, die in internationalen Fachzeitschriften wie Journal of Climate, Geophysical Research Letters oder Ocean Dynamics veröffentlicht werden.
(idw – GKSS-Forschungszentrum Geesthacht, 02.11.2005 – DLO)