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Geowissen

Rätsel um Santorini-Katastrophe gelöst

Vulkan brach doch im 16. Jahrhundert vor Christus aus

Die Insel Nea Kameni (im Vordergrund) liegt heute in der Mitte der alten Caldera des Santorin-Vulkans © Stug/sandbox/ CC-by-sa 3.0

Genau datiert: Forscher haben geklärt, wann sich der verheerende Ausbruch des Santorini-Vulkans wirklich ereignet hat. Ihren Radiokarbonanalysen zufolge fand die Eruption zwischen 1600 und 1525 vor Christus statt. Archäologische Funde hatten genau dies schon früher vermuten lassen – bisherige Radiokarbondatierungen widersprachen dem jedoch. Der Grund für diese Diskrepanz scheint nun bekannt: eine methodische Ungenauigkeit.

Der Vulkanausbruch von Santorini war eine der größten Katastrophen der europäischen Bronzezeit. Die explosive Eruption zerriss die griechische Insel Thera und hüllte weite Teile des östlichen Mittelmeers in Asche und Rauch. Die Folgen dieses Ausbruchs könnten sogar zum Ende der Minoer beigetragen haben – der ersten Hochkultur Europas.

Eine entscheidende Frage rund um diese Katastrophe war bisher allerdings ungeklärt: Wann genau fand sie statt? Während archäologische Funde auf eine Zeit zwischen 1600 und 1500 vor Christus hindeuten, kommen Radiokarbondatierungen von in der Vulkanasche gefundenen Pflanzenresten zu einem anderen Schluss. Demnach fand die Eruption etwas früher, im 17. Jahrhundert vor Christus, statt.

Kalibrierung mit Baumringen

Charlotte Pearson von der University of Arizona in Tucson und ihre Kollegen könnten nun die Ursache für diese Diskrepanz gefunden haben. Sie haben die Methode unter die Lupe genommen, mit der Forscher das Alter organischer Proben bestimmen. Das Prinzip hinter solchen Messungen: Pflanzen und Tiere nehmen Zeit ihres Lebens Kohlenstoff auf. Dabei ist das Verhältnis der Isotope C14 und C12 ungefähr das gleiche wie in der Atmosphäre. Sterben die Organismen, zerfällt das C14 mit der Zeit – anhand der verbliebenen Kohlenstoffmenge ist daher eine Altersbestimmung möglich.

Weil der C14-Gehalt in der Atmosphäre stark schwankt, müssen die Ergebnisse zusätzlich kalibriert werden, um die entsprechenden Kalenderjahre zu erhalten. Dies gelingt zum Beispiel mithilfe der Jahresringe von Bäumen: Vergleichen Wissenschaftler Ringe aus unterschiedlichen Zeiten und Klimazonen mit dem C14-Gehalt im Holz, ergeben sich daraus Kalibrierungskurven. Doch wie genau ist die international anerkannte Kalibrierungskurve, die seit Jahrzehnten genutzt wird?

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Spurensuche im Holz

Um dies zu überprüfen, erstellten die Forscher für die Zeit zwischen 1700 und 1500 vor Christus eine eigene Kurve dieser Art. Dafür analysierten sie die Kohlenstoffgehalte im Holz alter kalifornischer Kiefern und irischer Eichen. Dank der modernen Massenspektroskopie war es ihnen möglich, ultradünne Baumscheiben und damit einzelne Jahresringe isoliert zu untersuchen – insgesamt 285 Proben. Als die bis heute genutzte Kalibrierungskurve entstand, konnten dagegen nur dickere Stücke Holz mit zehn bis 20 Ringen analysiert werden.

Genau dies schien einen Unterschied zu machen: Pearson und ihre Kollegen stellten fest, dass ihre Kurve geringfügig von der alten abwich. Was würde passieren, wenn die Ergebnisse aus den Radiokarbonmessungen mithilfe dieser neuen Werte geeicht würden? Es zeigte sich: Die Datierung ergab nun eine Zeit zwischen 1600 und 1525 vor Christus.

Kein Widerspruch mehr

„Das heißt, wir sehen jetzt, dass die Radiokarbonbelege mit den archäologischen Funden vereinbar sind“, sagt Pearson. „Beide deuten auf eine Eruption im 16. Jahrhundert vor Christus hin.“ Das exakte Jahr des Ausbruchs kennen die Wissenschaftler zwar immer noch nicht. Doch sie nähern sich an – und klären damit nicht nur eine alte Debatte, sondern liefern auch eine wichtige Zeitmarke für die Archäologie in Griechenland, aber auch in der Türkei und sogar in Ägypten.

Denn wie die Wissenschaftler betonen, hinterließ der Vulkanausbruch auch in diesen Regionen merkliche Spuren. „Wenn wir wissen, wann genau die Eruption stattfand und an einer archäologischen Stätte auf Belege dieses Ausbruchs stoßen – dann können wir damit auch andere Funde aus diesem Umfeld zeitlich eingrenzen“, erklärt Pearson.

Genauere Messungen

Gleichzeitig offenbaren die Ergebnisse, dass alte Kalibrierungskurven mithilfe genauerer Messungen optimiert werden können – zumindest in Bezug auf die nun untersuchte Zeitspanne. „Unsere Studie beschäftigt sich mit dem Schicksal von Thera. Tatsächlich ist sie aber für jeden von Bedeutung, der die Radiokarbondatierung nutzt“, schließt Pearsons Kollege Gregory Hodgins. (Science Advances, 2018; doi: 10.1126/sciadv.aar8241)

(AAAS/ University of Arizona, 16.08.2018 – DAL)

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