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Geowissen

Ozonschwund über der Arktis

Arktische Ozonschicht ist in diesem Frühjahr erheblich dünner als sonst

Ozonschicht
Die Ozonschicht über der Arktis ist zurzeit besonders dünn, wie die hier auf Basis von Messdaten und einem Modell ermittelte Ozondichte (in Dobson Units) vom 29. Februar 2020 zeigt. © Forschungszentrum Jülich

Geschwächter Schutzschild: Die Ozonschicht über der Arktis ist in diesem Frühjahr erheblich dünner als in den Vorjahren, wie aktuelle Messungen enthüllen. Der Ozongehalt der arktischen Stratosphäre hat demnach um 18 Prozent abgenommen. Ursache ist eine starke Abkühlung der oberen Atmosphäre über dem Pol, was den Ozonabbau durch Chlorverbindungen verstärkt. Ob sich der Ozonschwund in den kommenden Wochen weiter verstärkt, ist noch unklar.

Die irdische Ozonschicht ist unser wichtigster Schutz vor schädlicher UV-Strahlung, doch sie ist durch FCKW und andere halogenhaltige Kohlenwasserstoffe geschädigt. Vor allem im Frühjahr, wenn Sonne und große Kälte in der Stratosphäre zusammenkommen, löst das Chlor aus diesen Verbindungen ozonabbauende Reaktionen aus. Über der Antarktis ist der Ozonschwund stärker ausgeprägt, weil es dort kälter ist, auch wenn das Ozonloch sich langsam immer weiter schließt.

Ozonwerte
Messwerte des Ozone Monitoring Instrument (OMI) des Satelliten AURA. Die durchgezogenen Linie markiert den Rand des Polarwirbels. © Forschungszentrum Jülich

Aber auch über der Arktis und in den mittleren Breiten dünnt die Ozonschicht aus. Im Frühjahr 2011 verlor die arktische Ozonschicht sogar 80 Prozent ihres Ozons – dieses Ausmaß ist mit dem des antarktischen Ozonlochs vergleichbar. Schuld daran waren ungewöhnlich niedrige Temperaturen in der Stratosphäre. Im Februar 2016 registrierten Wissenschaftler immerhin einen Ozonschwund um rund ein Viertel. In den Folgejahren erholte sich die arktische Ozonschicht jedoch wieder.

18 Prozent weniger Ozon als normal

Jetzt haben Forscher erneut ungewöhnlich niedrige Ozonwerte über der Arktis gemessen. Demnach hat der Ozongehalt in der oberen Schicht der Atmosphäre bis Anfang März um mehr als 18 Prozent abgenommen, wie Jens-Uwe Grooß vom Jülicher Institut für Stratosphärenforschung ermittelt hat. Das ist zwar noch lange kein Ozonloch wie 2011, aber dieser Ozonverlust ist erheblich größer als in den vergangenen Jahren.

As Ursache für die überdurchschnittlichen Ozonverluste sehen die Wissenschaftler die besonders niedrigen Temperaturen in der arktischen Stratosphäre – dort herrschen weniger als minus 80 Grad. Dies begünstigt die Bildung reaktionsfreudiger Chlor-Radikale und fördert so den Ozonabbau. Hinzu kommt ein in diesem Winter stabilen Polarwirbel. Diese ringförmige Luftströmung um den Nordpol wirkt wie eine Barriere und verhindert die Mischung der kalten Höhenluft mit wärmeren Luftmassen.

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Klimawandel und illegale Emissionen

Schuld an der ungewöhnlichen Kälte in der oberen Atmosphäre ist – auch wenn es paradox klingt – der Klimawandel. Denn er sorgt zwar in Bodennähe für eine deutliche Erwärmung, fördert aber gleichzeitig die Bildung kalter Polarwirbel in großer Höhe. Schon vor ein paar Jahren prognostizierten Klimaforscher daher, dass Ozonlöcher über der Arktis künftig häufiger auftreten könnten.

Hinzu kommt, dass viele der langlebigen FCKW aus der Ära vor ihrem Verbot bis heute in der Atmosphäre präsent sind. Zudem hat der illegale Ausstoß ozonabbauender Chemikalien in den letzten Jahren wieder zugenommen . Vor allem China steht im Verdacht, verbotenes Trichlorfluormethan und Tetrachlormethan zu emittieren und auch Chloroform (Trichlormethan) wird vermehrt über Ostasien registriert. Paradoxerweise könnte zudem ausgerechnet bodennahes Ozon zum Abbau der Ozonschicht beitragen. Denn es fördert den Transport von Iod in die Stratosphäre.

Kein Grund zur Sorge – noch

Noch ist der aktuelle Ozonschwund über der Arktis kein Anlass zur Sorge, wie die Forscher betonen. Wegen des noch niedrigen Sonnenstands besteht ihren Angaben nach noch keine Gefahr durch zu hohe UV-Strahlung. Die weitere Entwicklung hängt aber von den Temperaturen in der Stratosphäre und der Stabilität des Polarwirbels ab.

Quelle: Forschungszentrum Jülich, Earth System Knowledge Platform (ESKP)

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