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Umwelt

Chloroform als neuer Ozonkiller?

Trichlormethan-Ausstoß in Ostasien könnte Heilung der Ozonschicht um Jahre verzögern

Trichlormethan
Chloroform (Trichlormethan) wird in Ostasien verstärkt freigesetzt – und kann die Ozonschicht schädigen. © NASA

Schleichende Gefahr: Das früher als Betäubungsgas verwendete Chloroform könnte zum neuen Ozonkiller werden. Denn in Ostasien wird das chemisch als Trichlormethan bezeichnete Gas seit einigen Jahren in steigender Menge freigesetzt, wie Messungen enthüllen. Zwar ist das Chloroform kurzlebiger als andere FCKW und daher nicht als Ozonkiller verboten, dennoch kann es die Ozonschicht schädigen, warnen die Forscher.

Seit dem Montreal-Protokoll von 1987 sind langlebige Fluorchlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) verboten, weil sie die Ozonschicht schädigen. Seither hat sich diese wichtige Schutzschicht gegen UV-Strahlung wieder langsam erholt, das antarktische Ozonloch wird kleiner. Über den mittleren Breiten jedoch dünnt sich die Ozonschicht noch immer weiter aus. Ein Grund dafür: In den letzten Jahren haben Forscher immer wieder Freisetzungen verbotener FCKW, aber auch neuer ozonschädigender Substanzen festgestellt – die meisten davon aus Ostasien.

Kurzlebig, aber dennoch ozonschädigend

Eine weitere Bedrohung für die Ozonschicht haben nun Xuekun Fang vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und seine Kollegen aufgespürt. Es handelt sich um Chloroform, chemisch Trichlormethan (CHCl3). Dieses Gas wurde früher als Betäubungsmittel genutzt, dient heute aber vor allem als Lösungsmittel und Vorstufe zu anderen halogenierten Kohlenwasserstoffen.

Weil Chloroform in der Atmosphäre innerhalb weniger Monate abgebaut wird, wurde es damals nicht in das Montreal-Protokoll aufgenommen. Doch wie sich jetzt zeigt, hat Chloroform durchaus das Potenzial zum Ozonkiller. Denn das Gas kann durch Stürme und andere Wetterturbulenzen schneller als früher gedacht in die Stratosphäre gelangen – und dann dort seine ozonzerstörende Wirkung entfalten, wie Fang und sein Team erklären.

Sprunghafter Anstieg der Emissionen

Wie sich jetzt zeigt, ist diese Gefahr durchaus real, denn in den letzten Jahren immer mehr Chloroform in die Atmosphäre freigesetzt. Daten von Messstationen belegen, dass die globalen Emissionen dieses Gases sprunghaft angewachsen haben. Von 270.0000 Tonnen im Jahr 2010 stiegen sie innerhalb von nur fünf Jahren auf 324.0000 Tonnen, wie die Forscher ermittelten.

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Ostasien
Messdaten zeigen, dass ein Großteil des Chloroforms aus Ostchina stammt. © NASA/JSC

Doch wo kommt das Chloroform her? Auch das enthüllten die Messdaten: Während fast überall auf der Welt die Werte relativ stabil blieben, zeigten zwei Messstationen in Ostasien einen dramatischen Anstieg der Chloroform-Gehalte in der Luft. „Wir haben zudem festgestellt, dass die großen Chloroform-Fabriken und Industriegebiete in China räumlich mit diesen Emission-Hotspots übereinstimmen“, sagt Fang.

Heilung der Ozonschicht verzögert

Nach Ansicht der Wissenschaftler ist daher der Urheber dieser Chloroform-Emissionen klar: „Quellen in Ostchina können fast den gesamten globalen Anstieg des Trichlormethans erklären“, so Fang. Das Problem dabei: Ausgerechnet in dieser Region gibt es besonders viele starke Stürme und Taifune, die das Chloroform bis hoch hinauf in die Ozonschicht transportieren können. „Dadurch gelangt ein besonders großer Anteil des in Ostasien freigesetzten Chloroforms in die Stratosphäre, sagt Koautor Ronald Prinn vom MIT.

Für die Ozonschicht ist das keine gute Nachricht, denn ihre Erholung könnte sich dadurch deutlich verzögern. Sollten die Chloroform-Werte auch in Zukunft auf dem Stand von 2015 bleiben, würde dies die Ozonregeneration um fünf Monate verzögern, wie die Forscher berichten. Sollten die Emissionen aber noch steigen, könnte dies die Heilung der Ozonschicht sogar um vier bis acht Jahre nach hinten schieben.

„Um das zu verhindern, müssen in Zukunft auch Regelungen und Auflagen für kurzlebigere FCKWs gemacht werden“, sagt Fang. „Das sollte jetzt passieren, wenn der Trend zur vermehrten Emission dieser Ozonkiller gerade erst begonnen hat.“ (Nature Geoscience, 2018)

Quelle: Massachusetts Institute of Technology

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