Die Mitgliedsstaaten des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks (OSPAR) haben am Freitag auf einer Konferenz im norwegischen Bergen das weltweit erste Netzwerk von Meeresschutzgebieten auf der Hohen See jenseits nationaler Zuständigkeiten ausgewiesen.
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Darüber hinaus beschlossen die Delegierten als erste vorläufige Konsequenz aus der Havarie der Bohrplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko im April dieses Jahres einen Fahrplan für eine umfassende Defizitanalyse der Katastrophe. Insbesondere diese Entscheidung wurde von Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace mit Enttäuschung zur Kenntnis genommen.
„Auf das Öl-Desaster im Golf von Mexiko folgte ein Verhandlungsdesaster bei der OSPAR-Konferenz. Die Staaten waren weder Willens noch in der Lage, angemessen auf die größte Ölkatastrophe der Geschichte zu reagieren“, so Stefan Krug von Greenpeace. „Die Empfehlung der Umweltminister ist ein Armutszeugnis. Tiefsee-Ölbohrungen können jetzt in den nordeuropäischen Meeren ungestört weiter gehen. Die Gier nach Öl und Profit hat den Meeresschutz ausgehebelt!“ Umweltschutzorganisationen hatten einen Stopp für gefährliche Tiefseebohrungen gefordert.
Drei Prozent des Nordostatlantiks unter Schutz
Das Bundesumweltministerium (BMU) dagegen betonte vor allem, dass mit den aktuellen Vereinbarungen die Fläche der Meeresschutzgebiete im Bereich des Nordostatlantiks auf 433.000 Quadratkilometer erweitert wird, das ist eine Fläche von der Größe der Ostsee. Nun stehen insgesamt rund drei Prozent des Nordostatlantiks unter Schutz. Zwei der sechs ausgewiesenen Gebiete liegen jenseits einzelstaatlicher Zuständigkeiten im Bereich der Hohen See.
Damit hat OSPAR im Jahr der Biologischen Vielfalt nach Angaben des BMU Pionierarbeit geleistet. Der Beschluss sei ein wesentlicher Beitrag zur Erfüllung des von den Vertragsparteien des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt (CBD) vereinbarten Ziels, bis zum Jahr 2012 ein repräsentatives Netzwerk gut verwalteter Schutzgebiete einzurichten.
Verhütung akuter Ölverschmutzung
Mit dem Beschluss zu einer Empfehlung über die „Verhütung wesentlicher akuter Ölverschmutzung von Offshore-Bohrungsaktivitäten“ hätten sich die OSPAR-Staaten darauf verständigt, Analysen ihrer einschlägigen nationalen Regelwerke durchzuführen.
Ergänzend dazu sollen nach Angaben des BMU externe Berichte, beispielsweise der entsprechende Bericht für den US-Präsidenten sowie die Bestandsaufnahme durch die Europäische Kommission, einer umfassenden Bewertung unterzogen werden. Anlässlich der nächsten turnusmäßigen Sitzung der OSPAR-Kommission im Juni 2011 ist geplant, abhängig vom Ergebnis der Evaluierungen über mögliche Verbesserungsmaßnahmen zu entscheiden.
Kein Moratorium für neue Ölerkundungsbohrungen
Der von Deutschland vorgelegte Entwurf einer OSPAR-Empfehlung, der nach Durchführung einer angemessenen Defizitanalyse konkret die Option eines Moratoriums für neue Ölerkundungsbohrungen vorsah, konnte zwar gegen den Widerstand insbesondere der betroffenen Staaten nicht durchgesetzt werden. Der Antrag hat gleichwohl einen Prozess eröffnet, der OSPAR veranlassen wird, sich weiter mit dem Thema auseinander zu setzen und der weitergehende Maßnahmen zulässt, so das BMU.
(BMU/Greenpeace, 27.09.2010 – DLO)