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Archäologie

„Mulan“ hatte reale Vorbilder

Nomaden-Kriegerinnen waren Inspiration für die chinesische Legende von Hua Mulan

Mongolin
Ihre Urahninnen könnten das reale Vorbild für die Sagenfigur Mulan gewesen sein: Junge Mongolin im historischen Kostüm. © ultramansk/ iStock.com

Bogenschützinnen hoch zu Ross: Die Legende des als Krieger verkleideten Mädchens „Mulan“ hat reale Vorbilder, wie archäologische Funde in der Mongolei enthüllen. Sie belegen, dass es vor rund 1.800 Jahren im nomadischen Reitervolk der Xianbei auch weibliche Kriegerinnen gab. Auf diese reitenden Bogenschützinnen könnte die alte chinesische „Ballade von Hua Mulan“ zurückgehen – und diese wiederum inspirierte spätere Erzählungen und Filme über diese Figur.

Die Geschichte der Mulan hat ihren Ursprung in einer alten chinesischen Ballade. Sie erzählt die Geschichte eines jungen Mädchen aus der Zeit der Nördlichen Wei-Dynastie zwischen 386 und 536. Damals mussten alle Familien einen männlichen Vertreter in die kaiserliche Armee entsenden. Der Sage nach verkleidet sich Hua Mulan als Mann und dient zwölf Jahre lang anstelle ihres Vaters als Kriegerin, ohne dass ihre wahre Identität erkannt wird. Soweit die Legende.

Mongolische Reiternomaden als Vorbild?

Doch was ist dran an der heimlichen Kriegerin Mulan? Für das Mädchen selbst oder weibliche Soldaten in der chinesischen Armee gibt es zwar keine historische Belege. Dennoch vermuten Historiker schon länger, dass in dieser Geschichte ein Körnchen Wahrheit steckt. Denn bei den Nachbarn der chinesischen Reiche, den Reitermonaden der mongolischen Steppe, soll es sehr wohl Kriegerinnen gegeben haben.

Diese nomadischen Völker – erst die Xiongnu, dann vor 1850 Jahren die Xianbei – lebten nördlich und westlich der chinesischen Mauer und lieferten sich immer wieder Scharmützel und Kriege mit den Chinesen. Aus ihnen gingen später die gefürchteten Mongolen hervor, die unter Dschingis Khan bis nach Europa vordrangen. Historische Aufzeichnungen berichten, dass es sogar Mongolen-Königinnen gab, die ihre eigenen Armeen befehligten.

Gräber reitender Bogenschützinnen

„Ich dachte mir: Wenn es all diese Geschichten gibt, warum hat bisher noch keiner diese Frauen gefunden?“, sagt die Anthropologin Christine Lee von der California State University in Los Angeles. Auf der Suche nach den legendären Kriegerinnen hat Lee gemeinsam mit ihrer Kollegin Yahaira Gonzalez die Gebeine von Männern und Frauen aus 29 Grabstätten in der Mongolei näher untersucht. Sie suchte dabei gezielt nach Spuren von Verletzungen, Abnutzungserscheinungen der Knochen und Indizien für starke Muskelbeanspruchung zu Lebzeiten dieser Toten.

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Und tatsächlich: Bei einigen der weiblichen Toten fanden Lee und Gonzalez anatomische Hinweise auf ein Leben im Sattel und auch auf eine starke Beanspruchung der Schulter, wie sie für Bogenschützen typisch ist. Pfeilwunden und Verletzungen durch Stürze vom Pferde gab es ebenfalls. „Die Hälfte der Frauen aus der Xiongnu-Periode praktizierten das Reiten und Bogenschießen“, schließt Lee daraus.

Kriegerfrauen vor allem bei den Xiangbei

Bei den Frauen der Xianbei war der Anteil sogar noch höher: „Drei Skelette stammten von Xianbei-Frauen und von diesen waren zwei potenzielle Kriegerinnen – das ist eine Menge“, so die Forscherin.
Diese Funde legen nahe, dass weibliche Kriegerinnen bei den Reiternomaden der asiatischen Steppe keine Einzelfälle waren. „Die Xianbei-Periode liefert die besten Belege für potenzielle Kriegerfrauen“, sagt Lee. „Diese Zeit ist auch eng mit der Ballade von Mulan verknüpft“.

Xianbei
Reitender Bogenschütze der Xianbei in zeitgenössischer Darstellung© historisch

Ihrer Ansicht nach ist dies kein Zufall. Denn nach dem Zerfall der chinesischen Han-Dynastie im Jahr 210 war die gesamte Region von politischen Zerwürfnissen und Instabilität geprägt. Für die Chinesen, aber auch ihre nomadischen Nachbarn bedeutet dies auch immer Unruhen, Aufstände und Kriege. „Es könnte sein, dass damals Frauen einfach gebraucht wurden, um an der Seite der Männer Heimat und Territorium zu verteidigen“, sagen Lee und Gonzalez. Es sei daher nicht unwahrscheinlich, dass die Ballade von Mulan auf diese Zeit und ihre Kriegerinnen zurückgehe.

Lange scheint die Zeit der Kriegerfrauen allerdings nicht angehalten zu haben: Nachdem Turkvölker ab 550 die Steppen der Mongolei erobert hatten, finden sich in den Gräbern keine Frauen mit typischen Reiter- oder Bogenschützen-Merkmalen mehr, wie die Forscherinnen berichten. Möglicherweise gab es dann erst wieder zur Zeit der Mongolen im 13. Jahrhundert  berittene Kriegerinnen. (89th Annual Meeting of the American Association of Physical Anthropologists)

Quelle: American Association of Physical Anthropologists, Sciencenews

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