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Geowissen

Japan: Kikai-Ausbruch war größter des Holozäns

Unterwasser-Ablagerungen belegen enormes Volumen der Eruption vor 7.300 Jahren

Foto der japanischen Insel Satsuma Iwo Jima, die zum Kraterrand des Kikai-Vulkans gehört
Die Insel Satsuma Iwo Jima ist Teil des Kraterrandes der riesigen Caldera des Kikai-Vulkans. © SHIMIZU Satoshi (CC BY)

Historischer Rekord: Die Eruption des japanischen Kikai-Vulkans vor 7.300 Jahren war der mit Abstand größte Vulkanausbruch seit Ende der letzten Eiszeit, wie neue Analysen der Vulkanrelikte am Meeresboden ergeben haben. Demnach spie der Kikai damals bis zu 450 Kubikkilometer vulkanisches Material aus und erzeugte mächtige pyroklastische Ströme, so die Geologen. Diese rasten selbst unter Wasser Dutzende Kilometer weit. Die neuen Erkenntnisse könnten nun die präzise Analyse auch anderer historischer Vulkanausbrüche erleichtern.

Neben Lava stoßen Vulkane bei einer Eruption auch pyroklastische Ströme aus. Diese dichten, glühenden Wolken aus Asche, Gasen und Vulkangestein können mit mehreren hundert Stundenkilometern zu Tal rasen. Aus ihren Ablagerungen können Forschende oft Rückschlüsse über das Ausmaß vergangener Ausbrüche ziehen. Bei Vulkanen an Land erodieren diese Sedimente zwar durch Wind und Wetter und gehen so mit der Zeit verloren. Durch frühzeitige Analysen ist jedoch gut erforscht, wie sich diese Ströme verhalten.

Bei Unterseevulkanen, aber auch vielen Küstenvulkanen treffen die pyroklastischen Ströme auf Meerwasser, bewegen sich teils über, teils unter Wasser fort, sinken schließlich auf den Grund und bilden dort mächtige Ablagerungen. Diese Sedimente sind jedoch deutlich schwerer für Analysen zugänglich als an Land. Wie sich die Auswürfe dieser Vulkane genau verhalten und ablagern, ist dadurch wenig erforscht. Von vielen historischen Vulkanausbrüchen am Meeresgrund und in Küstennähe ist daher unklar, wie groß sie waren und welche Auswirkungen sie auf Umwelt und Klima hatten.

Infografik zur Verteilung von Vulkangestein
Die Geologen haben die Sedimentationsprozesse des vulkanischen Materials unter Wasser untersucht, um herauszufinden, wie massiv die historische Eruption war. © SHIMIZU Satoshi (CC BY)

Historischer Ausbruch des Kikai untersucht

Ein Forschungsteam um Satoshi Shimizu von der Kobe Universität in Japan hat nun einen solchen Vulkan, den Kikai, genauer untersucht. Dieser küstennahe Unterseevulkan brach zuletzt vor etwa 7.300 Jahren aus. Der rund 19 Kilometer große Kraterkessel, die Caldera, liegt heute gut 120 Meter unter der Meeresoberfläche südlich der japanischen Insel Kyūshū, wo sich die Philippinische Meeresplatte unter die Eurasische Platte schiebt.

Um herauszufinden, wie die Kikai-Akahoya-Eruption damals konkret vonstattenging, erstellten die Forschenden hochauflösende seismische Aufnahmen von der Umgebung des Kraters. Zudem sammelten sie mit Bohrungen Gesteinsproben aus dem Sediment bis zu mehreren hundert Metern unterhalb des Meeresbodens und analysierten deren chemische Zusammensetzung. „Daraus rekonstruierten wir Informationen über die Verteilung, das Volumen und die Transportmechanismen des Auswurfs“, erklärt Shimizu.

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Größte Eruption seit der Eiszeit

Die Auswertung ergab, dass bei der Eruption des Kikai vor 7.300 Jahren bis zu 457 Kubikkilometer vulkanisches Material ausgestoßen wurden, dies entspricht einem kompakten Gesteinsvolumen von 133 bis 183 Kubikkilometern. Davon liegen heute noch etwa 71 Kubikkilometer am Meeresgrund. Damit erreichte dieser Ausbruch einen Vulkanexplosivitätsindex von 7 und ist der größte bekannte Vulkanausbruch innerhalb des Holozäns, wie die Geologen feststellten. Diese erdgeschichtliche Epoche umspannt die rund 11.700 Jahre nach dem Ende der letzten Eiszeit.

Karte des Vulkangebiets zeigt die Verteilung der Sedimente unter Wasser
Die Geowissenschaftler stellten fest, dass bei der Eruption zwischen 133 und 183 Kubikkilometer Vulkangestein ausgestoßen wurden, die sich in einem Gebiet von mehr als 4.500 Quadratkilometern ablagerten. Damit ist das Ereignis der größte Vulkanausbruch im Holozän. © SHIMIZU Satoshi (CC BY)

Die vulkanischen Auswürfe der Kikai-Akahoya-Eruption lagerten sich auf einer Fläche von 4.500 Quadratkilometern um den Krater ab, sowohl auf dem Meeresboden als auch auf nahegelegenen Inseln, wie das Team berichtet. Anhand ihrer Verteilung rund um den Krater konnten Shimizu und seine Kollegen auch klären, wie sich der pyroklastische Strom unter Wasser verhielt. Demnach konnte das heiße Gemisch aus Asche, Gasen und Gesteinsbrocken trotz der veränderten Dynamik unter Wasser sogar bergauf Entfernungen von bis zu 40 Kilometern zurücklegen.

Im Verlauf der Strecke nahm die Dicke des pyroklastischen Stroms – genau wie an Land – exponentiell ab, wie die Geologen feststellten. Damit verhielt sich der Strom genau wie in Modellen zuvor berechnet, jedoch anders als bei anderen Ausbrüchen in seichteren Gewässern beobachtet.

Erkenntnisse auf andere Vulkane übertragbar

Die Ergebnisse liefern damit neue Einblicke in die Dynamik vulkanischer Mega-Ereignisse. Das könnte Geowissenschaftlern künftig helfen, das Ausmaß anderer historischer Vulkanausbrüche genauer abzuschätzen – sowohl in Küstennähe als auch an Land. „Da große Caldera-Ausbrüche in der Vergangenheit das globale Klima und damit die Menschheitsgeschichte beeinflusst haben, ist das Verständnis dieses Phänomens auch von gesellschaftlicher Bedeutung“, sagt Koautor Nobukazu Seama von der Kobe Universität.

Künftige Eruptionen dieser Größenordnung könnten die Menschheit empfindlich treffen. Würde heute ein Vulkan mit vergleichbarer Sprengkraft wie die historische Kikai-Eruption ausbrechen, könnte eine Kraterfläche so groß wie eine moderne Großstadt entstehen. (Journal of Volcanology and Geothermal Research, 2024; doi: 10.1016/j.jvolgeores.2024.108017)

Quelle: Kobe Universität

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