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Archäologie

Größtes Massenopfer von Kindern entdeckt

Vor knapp 500 Jahren rissen Chimú-Priester mehr als 140 Kindern das Herz heraus

Kinderopfer
Diese Überreste toter Kinder sind nur zwei von mehr als 140, die vor rund 500 Jahren bei einer Massenopferung getötet wurden. © John Verano (2019)

Grausiger Fund: In Peru haben Archäologen Überreste des größten Massenopfers von Kindern der Neuen Welt entdeckt. Die mehr als 140 Jungen und Mädchen wurden um das Jahr 1450 von Angehörigen der Chimú-Kultur rituell getötet. Einschnitte im Brustbein deuten darauf hin, dass den Kindern dabei das Herz herausgerissen wurde. Ein Menschenopfer dieses Ausmaßes sei noch nie zuvor dokumentiert worden, berichten die Forscher im Fachmagazin „PloS ONE“.

So grausam Menschenopfer uns heute scheinen – in vielen frühen Kulturen waren sie durchaus üblich. Vor allem im präkolumbianischen Mittel- und Südamerika zeugen archäologische Funde davon, dass bei solchen rituellen Tötungen vor allem Kinder den Göttern geopfert wurden. Bekannte Beispiele sind Kinderopfer aus der Aztekenstadt Tenochtitlan, aber auch die Kindermumien der Inkas. Diese Kinder wurden im Rahmen der sogenannten Capacocha-Zeremonie auf Berggipfeln geopfert.

Mehr als 140 tote Kinder

Doch nun haben Archäologen eine wahre Schlachtstätte präkolombianischer Kinderopferungen entdeckt. Schon vor einigen Jahren waren in Huanchaquito-Las Llamas im Norden Perus menschliche Knochen gefunden worden. Erste Analysen hatten damals ergeben, dass diese Skelette aus der Zeit der Chimú-Kultur stammten – einer Kultur, die im 15. Jahrhundert fast das gesamte Küstengebiet Perus dominierte.

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Zwei gemeinsam begrabene Kinderopfer aus Huanchaquito-Las Llamas. © John Verano (2019)

Jetzt belegen Ausgrabungen, dass die Chimú in Huanchaquito ein Massenopfer von Kindern in bisher unerreichtem Ausmaß durchgeführt haben müssen. An der Fundstelle stießen Archäologen um Gabriel Prieto von der Nationalen Universität von Trujillo in Peru auf die Überreste von mehr als 140 Kindern und gut 200 Lamas oder Alpakas. Unter den toten Kindern sind sowohl Jungen als auch Mädchen im Alter von fünf bis 14 Jahren, wie Knochenanalysen belegen.

Kein normaler Tod

Auffällig jedoch: „Die ungewöhnliche Positionen der Überreste und das Fehlen jeglicher Grabbeigaben sprechen dafür, dass es sich hier nicht um eine normale Begräbnisstätte der Chimú handelte“, berichten die Forscher. Zudem weist keines der Kinder Anzeichen für Krankheit oder eine sonstige natürliche Todesursache auf. Stattdessen wurden alle toten Kinder offenbar zur gleichen Zeit bestattet und vermutlich auch gemeinsam getötet.

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„Diese archäologische Entdeckung hat uns alle überrascht – so etwas hatten wir noch nie zuvor gesehen“, sagt Koautor John Verano von der Tulane University in New Orleans. „Dieses Massenopfer von Kindern hat eine Größenordnung, wie sie noch nie zuvor in der Andenregion Südamerikas gesehen wurde.“ Es übertreffe alle bekannten Kinderopfer der Inkas und Azteken bei weitem.

Den Kindern wurde das Herz herausgerissen

Wie die Kinder starben, verraten auffallend einheitliche Schnittspuren an den Brustbeinen der Toten: Bei allen wurden das Brustbein offenbar durch einen gezielten Schnitt gespalten. „Viele Kinder wiesen zudem sichtbare Anzeichen für die Spreizung der Rippen auf, was darauf hindeutet, dass ihr Brustkorb gewaltsam geöffnet wurde“, berichten die Forscher. „Den Grund dafür können wir zwar nur vermuten, aber es liegt nahe, dass den Kindern das Herz herausgenommen wurde.“

Damit spricht einiges dafür, dass diesen Kindern vor oder direkt nach ihrem Tode das Herz herausgerissen und den Göttern geopfert wurde. Wie die Archäologen berichten, sind solche Opferrituale auch von den Inkas überliefert: „Einigen Kindern wurden bei lebendigem Leibe die Herzen herausgenommen und die Priester opferten die noch schlagenden Herzen den Huacas“, schildert der spanische Konquistador Cristobal de Molina eine solche Opferung.

Opfer zur Besänftigung der Wettergötter?

Das Ausmaß der Opferungen an der Chimú-Fundstätte und die dabei eingesetzte Technik der Brustöffnung seien jedoch einzigartig, sagen Prieto und sein Team. Warum damals so viele Kinder geopfert wurden, ist noch unklar. Einen Hinweis auf die Motivation der Chimú für diese Tat könnte aber eine dicke Schlammschicht direkt über den Überresten der Kinder liefern. „Diese Schicht sowie im Schlamm erhaltene Fußspuren deuten darauf hin, dass die Opferung kurz nach einem starken Regen und einer Überschwemmung stattfanden“, berichten die Forscher.

Möglicherweise sollte das Kinderopfer die Götter beschwichtigen und die katastrophalen Auswirkungen eines starken El Nino beenden helfen. mutmaßen Prieto und seine Kollegen. „In jedem Fall bedeutete ein solches Massenopfer von Kindern und Lamas einen signifikanten Einschnitt in die Ressourcen des Chimú-Reiches“, erklären sie. Isotopenanalysen deuten daraufhin, dass die getöteten Kinder aus verschiedenen Regionen des Chimú-Reiches stammten und offenbar eigens für die blutige Zeremonie zu diesem Opferplatz in der Nähe der Hauptstadt gebracht wurden. (PLOS ONE, 2019; doi: 10.1371/journal.pone.0211691)

Quelle: PLOS

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