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Geowissen

Eisberge düngen das Polarmeer

Eisenhaltiges Schmelzwasser hinterlässt eine grüne Spur aus Meeresalgen

Große Eisberge wirken wie Düngerflöße und hinterlassen eine Spur aus verstärktem Algenwachstum. © NOAA

Grüne Spur: Große Eisberge im Südozean wirken wie gigantische Düngerstreuer. Denn ihr Schmelzwasser bringt den Nährstoff Eisen ins Meer. Im Kielwasser der schwimmenden Eisriesen zeigt sich dadurch eine hunderte Kilometer lange grüne Spur aus verstärktem Algenwachstum, wie Forscher herausgefunden haben. Weil diese Algen viel Kohlendioxid binden, sind Eisberge wichtigere Mitspieler im Kohlenstoffkreislauf als gedacht, so die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Eisberge entstehen, wenn Eis von der Front der Küstengletscher abbricht und diese gewaltigen Brocken ins Meer hinaus treiben. Teilweise können dabei gigantische Eisflöße entstehen, wie beispielsweise 2013 in der Antarktis der Fall. Die Eisberge schwimmen dann langsam mit den Meeresströmungen in wärmere Gefilde, während sie langsam, aber unter lautem Krachen abschmelzen.

Jetzt haben Grant Bigg und seine Kollegen von der University of Sheffield eine weitere Eigenschaft der Eisberge aufgedeckt: Sie hinterlassen auf ihrer Wanderung eine Spur von Nährstoffen im Meer. Für ihre Studie hatten die Forscher 175 Satellitenbilder von 17 besonders großen Eisbergen im Südozean ausgewertet. Sie zeigten neben den Eisbergen auch die Algendichte in ihrem Umfeld – farblich erkennbar an der Chlorophyllmenge im Wasser.

Grüne Spur aus Algen

Das Überraschende dabei: Jeder der mehr als 18 Kilometer großen Eisberge zog eine Spur aus verstärktem Algenwachstum hinter sich her, wie die Forscher feststellten. Im Kielwasser der eisigen Giganten war der Chlorophyllgehalt des Meerwassers um das Zehnfache erhöht. „Diese erhöhten Werte können noch länger als einen Monat nach Passage des Eisbergs nachgewiesen werden“, berichten Bigg und seine Kollegen.

Diese von den Eisbergen hinterlassene Spur verstärkten Algenwachstums ist zudem sehr lang: „Sie hat 50 bis 200 Kilometer vom Eisberg entfernt ihren Höhepunkt“, so die Forscher. „Eine Erhöhung der Chlorophyllwerte reicht aber typischerweise bis in mehr als 500 Kilometer Entfernung, in einigen Fällen sogar mehr als 1.000 Kilometer weit.“

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Algenblüten in der Nähe der Falkland Inseln © NASA/Jeff Schmaltz, LANCE/EOSDIS Rapid Response

Das Eisen ist der Schlüssel

Warum aber wachsen die Algen im Kielwasser der Eisberge so gut? Die Antwort darauf liefert das in den Eisbergen enthaltene Gletschereis. Denn wie Forscher bereits 2013 herausfanden, enthält das Gletschereis und auch das Schmelzwasser der Küstengletscher besonders viel Eisen. Und dieser Pflanzennährstoff ist gerade in den kargen Polarmeeren oft Mangelware. Gletscher und ihr Schmelzwasser galten daher schon früher als wichtige Nährstoffquelle für Algen in diesem Lebensraum.

Jetzt zeigt sich, dass auch große Eisberge mehr zur Eisendüngung der Polarmeere beitragen als bisher angenommen. Bigg und seine Kollegen schätzen, dass rund ein Fünftel des gesamten Südozeans von der Düngung durch die Eisriesen profitiert. Das jedoch wirkt sich auch auf den Kohlenstoffkreislauf des Meeres aus – und dadurch letztlich auch auf das Klima.

Kohlenstoff-Transport in die Tiefe

Denn die Eisendüngung der Meere trägt dazu bei, das Treibhausgas Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen: Überall dort, wo im Kielwasser der Eisberge verstärkt Algen wachsen, wird mehr CO2 aus der Luft gebunden und in die pflanzliche Biomasse eingebaut. Sterben die Algen ab, sinkt dieser Kohlenstoff mit ihren Überresten auf den Meeresgrund ab und wird dort abgelagert. Er ist damit vorerst aus dem Kreislauf entfernt. Indem die Eisberge die Algen in ihrem Kielwasser mit Eisen düngen, fördern sie diese CO2-Senke.

Im 30 Kilometer Umkreis um einen solchen Eisberg sinkt gut doppelt so viel Kohlenstoff in die Tiefe wie normalerweise im offenen Meer üblich, wie die Forscher errechneten. „Insgesamt sind die großen Eisberge damit für zehn bis 20 Prozent des gesamten Kohlenstoff-Exports des Südozeans verantwortlich“, so Bigg und seine Kollegen. „Ihr Einfluss wurde bisher stark unterschätzt.“

Negative Rückkopplung

Und dieser Einfluss könnte in Zukunft noch größer werden. Denn mit dem Klimawandel schmelzen auch die Gletscher der Nord- und Südpolarregion immer schneller – und es entstehen mehr Eisberge. Mehr Eisberge aber bedeuten, dass im Ozean mehr CO2 durch Algen gebunden und gespeichert werden kann. Das wiederum mindert den Treibhauseffekt und führt zu einer klassischen negativen Rückkopplung.

„Wenn das Kalben gigantischer Eisberge in diesem Jahrhundert durch den Klimawandel wie erwartet zunimmt, dann wird diese negative Rückkopplung auf den Kohlenstoff-Kreislauf noch wichtiger werden“, sagt Bigg. Immerhin hat sich schon in den letzten zwei Jahrzehnten die Menge der in der Antarktis gebildeten Eisberge um rund fünf Prozent erhöht. (Nature Geoscience, 2016; doi: 10.1038/ngeo2633)

(University of Sheffield/ Nature Geoscience, 12.01.2016 – NPO)

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