Pflanzen haben ein natürliches Abwehrsystem, mit dem sie sich vor Krankheitserregern wie Pilzen, Bakterien oder Viren schützen können. Ein besonders wirksamer Resistenzmechanismus gegen den Mehltaupilz ist seit langem bei Gerstepflanzen bekannt. Wissenschaftler haben jetzt entdeckt, dass diese so genannte mlo-Resistenz auch bei anderen Pflanzenarten funktioniert, wie sie in der Zeitschrift Nature Genetics berichten. Damit könnte es in Zukunft möglich sein, Ernteschäden durch Mehltau gezielter und mit weniger Chemie zu bekämpfen.
Trotz intensiver Pflanzenschutzmaßnahmen gehen etwa 30 Prozent der Welternte durch Pflanzenkrankheiten verloren. Immense Ernteverluste werden jährlich unter anderem durch den Mehltaupilz verursacht. In Gerste sind seit etwa 60 Jahren die so genannten mlo-Mutanten bekannt, die alle Versuche des Mehltaupilzes, diese Getreidepflanzen zu befallen, in einem sehr frühen Stadium hocheffizient blockieren. In der Landwirtschaft wird die mlo-bedingte Mehltauresistenz in Gerste bereits seit 25 Jahren intensiv genutzt.
In Mitteleuropa haben ca. 50 Prozent der derzeit angebauten Gersten-Sorten diese Form der Resistenz. Trotzdem war bis vor kurzem keine weitere Pflanzenspezies mit einer ähnlich effektiven Immunität gegenüber Mehltau bekannt. Man nahm daher an, dass die mlo-Resistenz ein Gerste-spezifisches Phänomen ist. Die Besonderheit der mlo-Resistenz ist, dass sie nicht durch die Anwesenheit eines Resistenzproteins, sondern durch die Abwesenheit eines Proteins hervorgerufen wird, das vermutlich von dem Pilzerreger als Eintrittspforte genutzt wird.
Auch Zweikeimblättrige können es
Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln haben gemeinsam mit Kollegen aus den USA mithilfe von genetischen Studien an der Modellpflanze Arabidopsis thaliana, einer im Gegensatz zur einkeimblättrigen Gerste zweikeimblättrigen Pflanze, jedoch kürzlich enthüllt dass auch die Ackerschmalwand die Anlagen für eine natürliche Mehltauresistenz besitzt. Allerdings muss in Arabidopsis gleich die Bildung von drei Mlo-Proteinen ausfallen, um vollen Schutz gegenüber dem Pathogen zu gewährleisten. Dieses auch als "genetische Redundanz" bezeichnete Phänomen erklärt möglicherweise, warum mlo-Resistenz bislang noch nicht in mehr Pflanzenarten gefunden wurde.
Die Tatsache, dass die durch den Wegfall des Mlo-Proteins bedingte Immunität sowohl in einkeimblättrigen Pflanzen (Gerste) als auch in zweikeimblättrigen Pflanzen (Arabidopsis) funktioniert, deutet darauf hin, dass der Pathogenesemechanismus der entsprechenden Mehltaupilze mindestens seit der phylogenetischen Aufspaltung von ein- und zweikeimblättrigen Pflanzen vor ca. 200 Millionen Jahren erhalten geblieben ist. Nach Ansicht der Forscher sollte es daher prinzipiell möglich sein, mlo-resistente Mutanten in jeder höheren Pflanzenspezies zu erzeugen. Vor dem Hintergrund von rund 500 weltweit verbreiteten Mehltauarten und der hohen agronomischen Relevanz dieser Pathogene ist dies eine äußerst wichtige Erkenntnis.
(MPG, 30.05.2006 – NPO)