Anzeige
Biologie

Globale Bilanz der irdischen Baumarten

Auf unserem Planeten wachsen mehr als 73.200 Baumarten – viele davon in Südamerika

Bäume
Wie viele Baumarten gibt es weltweit? Eine neue Erhebung kommt der Antwort nun ein großes Stück näher. © Leonhard Steinacker/ TU München

Wie viele Baumarten gibt es auf unserem Planeten? Eine Antwort liefert nun die bislang umfassendste Bilanz der globalen Baumvielfalt. Demnach wachsen auf der Erde mindestens 73.200 verschiedene Baumspezies, das sind gut 14 Prozent mehr als zuvor geschätzt. Die größte Vielfalt findet sich in den Tropenwäldern Südamerikas mit 43 Prozent aller Baumarten. Viele dieser Arten sind jedoch sehr selten und daher besonders bedroht, wie das Forschungsteam berichtet.

Ob in den Tropen, in gemäßigten Breiten und in der Taiga des hohen Nordens: Bäume gibt es fast überall auf der Erde. Mehr als drei Billionen dieser Pflanzen wachsen Schätzungen zufolge auf unserem Planeten. Sie bilden die „grüne Lunge“ unseres Planeten und sind wichtige Klimapuffer, gleichzeitig stellen Wälder den Lebensraum für unzählige weitere Tier- und Pflanzenarten bereit.

Wie viele Arten gibt es?

Doch eine Frage ist bisher weitgehend offen: Wie viele Baumarten existieren auf unserem Planeten? „Selbst bei den Bäumen, die zu den größten und am weitesten verbreiteten Organismen des Planeten gehören, wissen wir noch immer nicht genau, wie viele Spezies es gibt“, konstatieren Roberto Cazzolla Gatti von der Purdue University und seine Kollegen. So sind zwar die Wälder der mittleren und höheren Breiten relativ gut untersucht, viele artenreiche Waldgebiete der Tropen jedoch nicht.

Um diese Lücken zu schließen, haben Gatti und sein Team die bisher umfassendste Bilanz der arborealen Artenvielfalt erstellt. Dafür stützten sie sich auf zwei globale Datenbanken, deren Datensätze Informationen über zehntausende Testflächen in aller Welt enthalten. Mit rund 38 Millionen kartierten und erfassten Bäumen aus 90 Ländern ist die Datenbank der Global Forest Biodiversity Initiative (GFBI) der bisher größte globale Speicher zu Informationen über Bäume weltweit.

Diese Daten kombinierte das Team mit einer zweiten großen Datensammlung vom Projekt TREECHANGE und nutzte ein statistisches Verfahren, um die Zahl der Baumarten auf Biom-, Kontinent- und Weltebene abzuschätzen.

Anzeige
Baumarten
Datenquellen und ermittelte Anzahl der Baumarten (außen) pro Kontinent. © Gatti et al./ PNAS

Gut 14 Prozent mehr Baumarten als gedacht

Das Ergebnis: Weltweit gibt es mindestens 73.274 Baumarten, davon sind allerdings rund 9.200 bisher noch nicht beschrieben oder benannt. „Die absolute Zahl der Baumarten ist damit beträchtlich höher als zuvor angenommen, es sind 14,3 Prozent mehr Arten als der Forschung bekannt waren“, schreiben Gatti und seine Kollegen. Allerdings sei selbst diese Zahl wahrscheinlich noch unvollständig und zu niedrig, weil die Datenlage in einigen Regionen sehr dünn sei.

Die größte Vielfalt an Bäumen findet sich in den Tropen: „Die höchsten Werte stammen aus den tropischen und subtropischen Feuchtwald-Biomen“, berichten die Forschenden. „Rund zwei Drittel aller schon bekannten Baumarten kommen in solchen Wäldern aller fünf Kontinente vor.“ Die Regenwälder seien dabei nicht nur Hotspots der Baumvielfalt, sondern beherbergen wahrscheinlich auch die meisten noch unentdeckten Spezies.

Südamerika hat die größte Vielfalt

Im Vergleich der Kontinente wachsen in Südamerika mit Abstand die meisten Baumarten: „Unsere Daten zur kontinentalen Baumvielfalt zeigen, dass rund 43 Prozent aller Baumarten in Südamerika wachsen“, berichten Gatti und seine Kollegen. Der größte Teil dieser Bäume findet sich im Amazonasbecken und in den Waldgebieten am Rand der Anden. Nach Schätzungen der Forschenden könnten dort noch mehr Baumarten unentdeckt sein als irgendwo sonst.

Eng damit verknüpft ist die hohe Zahl an seltenen Baumarten in dieser Region: Weltweit machen seltene, mit wenigen Exemplaren vertretene Arten rund ein Drittel der globalen Baumarten-Vielfalt aus – und auch sie konzentrieren sich in den Wäldern der Tropen. „Das unterstreicht die Anfälligkeit der globalen Walddiversität gegenüber anthropogenen Veränderungen, vor allem durch Landnutzung und Klima“, sagt Koautor Peter Reich von der University of Michigan. „Denn das Überleben seltener Spezies ist überproportional durch solche Faktoren bedroht.“

Wichtig auch über die Bäume hinaus

Nach Ansicht der Wissenschaftler kann das Wissen über diese seltenen und potenziell bedrohten Baumarten, aber auch über die gesamte arboreale Vielfalt, nun dazu beitragen, sie besser zu schützen. „Ein fundiertes Wissen über den Artenreichtum der Bäume und ihre Vielseitigkeit ist der Schlüssel, um die Stabilität und Funktionalität der Ökosysteme zu bewahren,“, sagt Gatti. Darüber hinaus sei dies auch ein wichtiges Puzzlestück in der gesamten Artenvielfalt des Planeten.

„Unsere Ergebnisse demonstrieren sowohl das fehlende Wissen, das wir noch immer über die Bäume in unseren globalen Waldökosystemen haben, wie auch den Wert von Ansätzen, diese Lücken zu füllen“, konstatiert das Forschungsteam. „Denn dies liefert uns fundamentale Einsichten über die Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten und den nötigen Schutz.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2022; doi: 10.1073/pnas.2115329119)

Quelle: University of Michigan, Purdue University

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Die Taiga - Vom Naturparadies zum Krisengebiet?

Bücher zum Thema

Regenwald - von Thomas Marent

Globaler Wandel - Die Erde aus dem All von Stefan Dech, Rüdiger Glaser und Robert Meisner

Natur in Deutschland - Entdecken, erleben, genießen Von Hans Otzen

Top-Clicks der Woche