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Biologie

Baumwelt: Unser Planet hat drei Billionen Bäume

Erste globale "Volkszählung" kommt auf achtmal mehr Bäume als angenommen

Wie dicht stehen die Bäume in diesem Wald? © Clara Rowe

Planet der Wälder: Auf der Erde gibt es mehr als drei Billionen Bäume – das ist das Ergebnis der ersten globalen „Volkszählung“ von Buche, Kiefer und Co. Damit kommen auf jeden Menschen 422 Bäume, das sind achtmal mehr als bisher angenommen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Allerdings: Seit Beginn der menschlichen Zivilisation haben wir schon fast die Hälfte des einstigen Baumbestands abgeholzt.

Ob in den Tropen, in gemäßigten Breiten und sogar bis in den hohen Norden: Bäume gibt es fast überall auf der Erde. In Satellitenbildern lässt sich auch messen, wo überall Wälder existieren. Doch wie dicht die Bäume darin stehen und wie viele Bäume es sind, ließ sich bisher nur ansatzweise schätzen. „Wenn man Leute bittet, das zu schätzen, wissen sie nicht einmal, in welcher Größenordnung sie anfangen sollen“, erklärt Erstautor Thomas Crowther von der Yale University in New Haven.

Mehr als 400.000 Messstellen

Frühere grobe Schätzungen gingen von rund 400 Milliarden Bäumen weltweit aus – das würde 61 pro Erdbewohner entsprechen. Dass diese Zahlen nicht stimmen konnten, zeigte sich allerdings spätestens bei einer Inventur im Amazonas-Regenwald: Allein für dieses Waldgebiet kamen die 1.170 Messstellen schon auf 390 Milliarden Bäume.

Crowther und seine Kollegen haben darum nun die erste globale „Volkszählung“ von Bäumen unternommen. Dafür nutzten sie Zählungen an 429.775 Messstellen aus 50 Ländern verteilt über alle Kontinente der Erde außer der Antarktis. Diese Daten implementierten sie in ein Modell der 14 irdischen Biome und der daraus folgenden typischen Merkmale von Klima, Vegetation, Topografie und Landnutzung. Als Baum zählte dabei jede Pflanze, deren verholzter Stamm mindestens zehn Zentimeter Durchmesser erreicht.

Wie viele Bäume gibt es auf der Welt?© Nature Video

422 Bäume pro Kopf

Als Ergebnis erhielten sie eine Karte, auf der die weltweite Baumdichte bis auf eine Auflösung von einem Quadratkilometer genau angegeben ist. Sie liefert den bisher umfassendsten und genauesten Überblick über die Baumpopulationen unseres Planeten und damit über einen Organismus, der viele der irdischen Landschaften entscheidend prägt.

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Die Zahlen überraschten selbst die Forscher: Insgesamt gibt es auf der Erde 3,04 Billionen Bäume – und damit achtfach so viele wie zuvor angenommen. „Ich weiß nicht, was ich geraten hätte, aber ich war auf jeden Fall überrascht, dass wir hier über Billionen reden“, sagt Crowther. Schlägt man die Baumzahl auf die 7,2 Milliarden Menschen auf der Erde um, kommen damit auf jeden Erdbewohner 422 Bäume.

Im Norden am dichtesten

Die höchste Baumdichte erreicht dabei nicht, wie man vielleicht erwarten würde, der tropische Regenwald, sondern der boreale Nadelwald in den subarktischen Gebieten Russlands, Skandinaviens und Nordamerikas. „In diesen nördlichen Breiten führen die niedrige Temperatur und Feuchtigkeit dazu, dass sich stresstolerante Nadelbäume ansiedeln – und sie können die höchsten Dichten auf der Erde erreichen“, erklären die Forscher. Vergleicht man jedoch die Baummenge insgesamt, liegen Tropen und Subtropen mit zusammen 42,8 Prozent aller Bäume vorne.

Die neue Bestandsaufnahme verdeutlicht auch, wie Klima und Wetterbedingungen die Baumdichte beeinflussen. Wie die Forscher feststellten, können in feuchteren Gegenden generell mehr Bäume wachsen. Allerdings: In der Praxis werden sie genau in diesen Regionen am häufigsten von ihrem größten Konkurrent verdrängt: dem Menschen. Denn der Mensch nutze bevorzugt feuchte, produktive Landflächen für die Landwirtschaft und habe deshalb dort die Wälder gerodet, so die Forscher.

Pro Jahr schrumpft der Baumbestand der Erde um mehr als 15 Milliarden Stämme - wegen uns. © Clara Rowe

Jedes Jahr 15 Milliarden Bäume weniger

Ihre Daten liefern auch neue Informationen darüber, wie der Mensch den Waldbestand des Planeten beeinflusst hat. Sie zeigen nicht nur, dass die Baumdichte überall dort drastisch sinkt, wo die Bevölkerungsdichte steigt, sie verraten auch, wie viele Bäume menschlichen Aktivitäten zum Opfer fallen. „Wir schätzen, dass die Entwaldung, Landnutzungs-Veränderungen, Forstmanagement und andere Störungen für den Verlust von rund 15,3 Milliarden Bäumen jährlich verantwortlich sind“, berichten Crowther und seine Kollegen.

Der Gesamtbestand der Bäume auf der Erde ist nach Schätzungen der Forscher seit Beginn der menschlichen Zivilisation um rund 46 Prozent abgesunken. „Wir haben damit die Zahl der Bäume auf unserem Planeten um fast die Hälfte reduziert“, sagt Crowther. „Und die Folgen davon für Klima und die menschliche Gesundheit bekommen wir heute zu spüren.“ Schon jetzt haben Europas Wälder beispielsweise einen Teil ihrer Pufferwirkung verloren, wie eine Studie 2013 ergab.

Nach Ansicht der Forscher muss sehr viel mehr getan werden als bisher, um weltweit gesunde Wälder zu erhalten. „Denn Bäume gehören zu den wichtigsten Organismen der Erde“, so Crowther. „Sie speichern gewaltige Mengen Kohlenstoff, sind essenziell für das Recyceln von Nährstoffen und erweisen uns Menschen unzählige Dienste.“ So tragen beispielsweise Stadtbäume messbar zum Wohlergehen der Stadtbewohner bei. (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature14967)

(Yale University / Nature, 03.09.2015 – NPO)

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