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Biotechnologie

Gentech-Moos produziert EPO

Forscher erzeugen einen Bioreaktor für das menschliche Hormon aus einer Pflanze

Ein „Moosgehirn“ mit dem Namen „Light only light“, entwickelt von dem Künstler Jun Takita © Universität Freiburg

Forscher haben ein Moos gentechnisch so verändert, dass es menschliches Erythropoietin (EPO) produziert. Der Moos-Bioreaktor erzeugt eine spezielle Unterform dieses Eisweißmoleküls, das die Gewebe schützt, sich aber nicht als Dopingmittel eignet. Bisher ließ sich EPO nur schwer in Zellkulturen herstellen. Über ihre neue Methode berichten die Forscher in der Fachzeitschrift „Plant Biotechnology Journal“.

Erythropoietin (EPO) ist ein menschliches Eiweißhormon, das vorwiegend in den Nieren produziert wird. Es spielt eine wichtige Rolle in der Ausbildung von roten Blutzellen, einem Prozess, der als Erythropoese bezeichnet wird. EPO wird häufig zur Behandlung und zur Prävention von Anämie bei Nierenleiden und bei Krebspatienten eingesetzt. Heute wird dieses Arzneimittel in Zellkulturen aus den Ovarien des chinesischen Hamsters produziert. Mit einem Umsatz von rund zehn Milliarden Euro im Jahr ist EPO das führende Biopharmazeutikum weltweit. Wegen seines Missbrauchs beim unethischen und illegalen Doping von Sportlern ist dieses Hormon in der Öffentlichkeit in Verruf geraten.

Im menschlichen Blut sind mehrere komplexe Zuckerstrukturen an dem EPO-Protein angeheftet, die bis zu 40 Prozent seiner molekularen Masse ausmachen. Diese Zuckerreste verändern die Halbwertzeit und Funktion des Hormons im menschlichen Körper. Eine spezifische Form dieses komplexen Glykoproteins, das asialo-EPO, kann das Gewebe schützen, ohne die roten Blutzellen zu stimulieren. Aus diesem Grund wird asialo-EPO als ein sicheres Arzneimittel angesehen, das keine potenzielle Dopingaktivität aufweist.

Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Pflanzenbiotechnologie der Universität Freiburg sowie von der Freiburger Biotechnologiefirma Greenovation haben nun das Moos Physcomitrella patens gentechnisch so verändert, dass es menschliches asialo-EPO im Moos-Bioreaktor produziert. „Asialo-EPO lässt sich in tierischen Zellkulturen nur schwer herstellen. Dagegen hat die gentechnische Modifikation des Mooses weder das Wachstum noch die Leistung der Pflanzen verändert. Deswegen empfehlen wir den Moos-Bioreaktor als System der Wahl zur Herstellung dieses potenziell neuroprotektiven Proteins“, sagt Decker. Die Anheftung der korrekten Zuckerreste an das rekombinante Protein hat Friedrich Altmann von der Universität für Bodenkultur in Wien/Österreich, belegt.

Kürzlich wurde gezeigt, dass EPO bei Sauerstoffmangel in unterschiedlichen Geweben im menschlichen Körper hergestellt wird, wenn die Sauerstoffzufuhr zum limitierenden Faktor wird. In diesem Fall schützt das Hormon diese Gewebe durch die Hemmung der Apoptose, des programmierten Zelltodes in Stresssituationen. In diesem Zusammenhang bietet asialo-EPO eine potenzielle Behandlung für Hirnschlag, durch Diabetes verursachte Augenschäden sowie Schädigungen des peripheren Nervensystems. (Plant Biotechnology Journal, 2012; doi: 10.1111/j.1467-7652.2012.00704.x)

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(Universität Freiburg, 04.06.2012 – NPO)

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