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Genetik

Genkomplex beeinflusst Fettverbrennung

Fruchtfliegen geben Hinweise auf genetische Ursache von Übergewicht

Drosophila-Zellen, in denen die DNA blau und Speicherfette grün gefärbt sind. Durch die Behandlung mit RNA Interferenz (RNAi) gegen Regulatorgene des Fettaufbaus und -abbaus (obere Reihe: COPI, untere Reihe: Lipidtröpfchen-Protein) kann der Fettgehalt erhöht (obere Reihe) bzw. verringert (untere Reihe) werden. Rund 500 Gene konnten identifiziert werden, die den Fettgehalt der Zellen veränderten. © MPI für biophysikalische Chemie

Ist Übergewicht erblich? Und wenn ja: Wo sitzen die auslösenden Gene? Ein Schritt zur Antwort auf diese Fragen ist nun deutschen Forschern gelungen. Sie entdeckten im Genom von Fruchtfliegen einen Proteinkomplex, der beim Abbau des Körperfetts eine entscheidende Rolle zu spielen scheint. Wie sie in der Fachzeitschrift „PLOS Biology berichten, kommt der Genkomplex in ähnlicher Form und Funktion auch beim Menschen vor.

Längst sind krankhaftes Übergewicht und Fettleibigkeit nicht mehr nur ein Problem westlicher Überflussgesellschaften, sondern betrifft eine wachsende Anzahl von Menschen weltweit. Immer mehr wissenschaftliche Studien weisen inzwischen auch auf eine starke genetische Prädisposition hin. Diese beruht auf dem komplexen Zusammenspiel vieler Gene, von denen längst nicht alle bekannt sind.

Einem internationalen Wissenschaftlerteam um Mathias Beller vom Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie sowie Carole Sztalryd und Brian Oliver von den National Institutes of Health in Bethesda, USA, gelang es nun, in der Taufliege eine Vielzahl neuer Gene zu identifizieren, die in Abhängigkeit vom Ernährungszustand des Insekts den Fettauf- und -abbau regulieren. Es gibt zwar keine offensichtlich dicken oder dünnen Taufliegen, doch kann der Körperfettgehalt fetter Artgenossen 15-mal höher sein als bei mageren Exemplaren. Rund 500 neue Kandidaten fanden die Forscher über ihre systematische Suche, die Funktion knapp eines Drittels davon ist noch unbekannt.

Screening im Fliegengenom

Dazu führten die Wissenschaftler ein systematisches Screening im Erbgut der Taufliege Drosophila melanogaster mittels RNA Interferenz (RNAi)-Technik durch. Dabei binden kurze RNA-Stücke an komplementäre Abschnitte der Gen-Transkripte und verhindern so, dass diese abgelesen und zur Proteinherstellung genutzt werden. Einzelne Gene können so gewissermaßen stumm geschaltet werden.

Fehlendes Protein bewirkt Stopp bei Fettabbau und Verbrennung

„Völlig überraschend haben wir dabei auch den OPI-Proteinkomplex identifiziert, der eine Schlüsselrolle in einem ganz anderen, lebenswichtigen Prozess der Zelle übernimmt, dem intrazellulären Transport von Proteinen und Lipiden“, erklärt Entwicklungsbiologe Beller. Ob das COPI (Coat Protein Complex) direkt mit den Fetttröpfchen interagiert, ist noch nicht genau geklärt. „Unsere Ergebnisse deuten aber stark darauf hin, dass COPI auf der Lipidtröpfchen-Oberfläche agieren und deren Protein- Zusammensetzung regulieren könnte.“

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Schalteten die Wissenschaftler den COPI-Komplex aus, der aus mindestens sieben Proteinen besteht, so fehlte vor allem ein Mitspieler im Proteinverband auf den Lipidtröpfchen, das ATGL (Adipose Tryglyceride Lipase). Mit fatalen Folgen für den Organismus: Wenn ATGL fehlt, können überschüssige Fettreserven nicht abgebaut und als Energiequelle genutzt werden. Dem Modell der Forscher zufolge könnte COPI das ATGL über einen noch unbekannten Mechanismus rekrutieren und aktivieren und so dessen Bindung an die Lipidtröpfchen-Oberfläche fördern.

Ähnliche Funktion beim Menschen?

Lernen lässt sich aus den neuen Ergebnissen aber nicht nur etwas über Fettleibigkeit bei Fliegen. Wie die Forscher herausfanden, hat COPI in Mauszellen – und damit möglicherweise auch in menschlichen Zellen – offenbar eine ganz ähnliche Funktion. Dies scheint nicht nur für das COPI, sondern auch

andere neu identifizierte Kandidaten zu gelten.“Unser Ziel ist nun, Moleküle zu finden, mit denen wir gezielt in das Zusammenspiel von COPI und ATGL eingreifen können. Diese könnten zukünftig neue therapeutische Möglichkeiten eröffnen, Fettleibigkeit und Übergewicht zu behandeln“, sagt Beller.

(Max-Planck-Gesellschaft, 26.11.2008 – NPO)

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