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Biologie

Flughunde: Echo-Ortung passt sich Umwelt an

Tiere können Intensität und Winkel der Ultraschallklicks steuern

Ein Nilflughund (Rousettus aegyptiacus) landet im Rahmen eines Versuchs auf einem Apfel. © Public Library of Science

Flughunde können ihr Echo-Ortungssystem flexibler ihrer Umgebung anpassen als bisher angenommen. Das haben Forscher jetzt bei Experimenten mit ägyptischen Nilflughunden herausgefunden. Die Tiere hätten die Streubreite ihrer Ultraschallklicks vergrößert, wenn sie durch einen dicht mit Hindernissen besetzten Parcours flogen, berichten die Forscher im Fachmagazin „PloS Biology“. Gleichzeitig habe sich dabei auch die Intensität der hohen Klicklaute erhöht. „Dies ist der erste Nachweis überhaupt, dass ein Tier das Gesichtsfeld seines Sinnessystems aktiv vergrößern kann, wenn seine Umwelt komplexer wird“, sagt Studienleiter Nachum Ulanovsky vom Weizmann Institut in Israel.

Die Nilflughunde (Rousettus aegyptiacus) gehören zu den wenigen Flughund-Arten, die wie die eng verwandten Fledermäuse per Echo-Ortung navigieren. Während die meisten Fledermäuse jedoch ihre Ultraschallrufe mit dem Kehlkopf erzeugen, nutzen die Flughunde ihre Zunge, um Klicks im Ultraschallbereich auszustoßen. Um ihre Umgebung abzutasten, erzeugen die Tiere schnell aufeinander folgende Doppelklicks, richten diese Klicks aber jeweils in eine leicht andere Richtung. Der Winkel zwischen diesen Klicks bestimmt damit die Breite ihres „Gesichtsfelds“.

Ultraschallklicken mit der Zunge

Bisher galt diese Art der Klick-Ortung als einfacher und primitiver als die per Kehle erzeugten Ultraschallrufe der Fledermäuse. Man vermutete, dass die Flughunde kaum Kontrolle über Stärke und Richtung der Klicks besäßen. Die nachtaktiven Flughunde jagen mit ihren Klicks keine Insekten, sondern nutzen sie, um Früchte zu finden und in ihren Schlafhöhlen zu navigieren. Mit einer Flügelspannweite von bis zu 17 Zentimetern gehören die vor allem im Nahen Osten und bis in die Türkei verbreiteten Flughunde zu den größten Vertretern der Fledermausverwandten im Mittelmeerraum.

Anflug aufs Ziel durch Netzdickicht

Für ihre Studie hatten die Forscher Nilflughunde darauf trainiert, einen etwa Mango-großen Ball in einem dunklen Raum zu suchen und darauf zu landen. Die Wissenschaftler variierten dabei die Anzahl und Dichte der Hindernisse, die die Fledermäuse umfliegen mussten und zeichneten alle Ultraschalllaute der Tiere auf. In den Versuchen verglichen die Forscher die Winkelbreite des von den Klicks eingeschlossenen Ortungsfelds in drei Szenarien: wenn die Flughunde einen ungehinderten Anflug hatten, mit einem Hindernis und mit einem durch Netze stark behinderten Anflug auf das Ziel.

Der Winkel zwischen den Klicks habe sich dabei von normalerweise 44 Grad bei hindernislosem Flug auf 96 Grad bei einem Hindernis erweitert, berichten die Forscher. Im Szenario mit zahlreichen Hindernissen erreichte der Klickwinkel sogar 120 Grad. Gleichzeitig habe sich auch die Intensität der Klicks um bis zu 9,6 Dezibel erhöht. Diese Modulationen dienten vermutlich dazu, die schlechtere Abtastqualität bei einem ausgeweiteten Klickfeld auszugleichen.

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Anpassungen an Menge der Hindernisse

„Diese Modulationen spiegeln daher die Fähigkeit der Flughunde wieder, die in der Zielregion auftreffende Schallenergie trotz Anpassungen an die Umweltbedingungen immer gleich hoch zu halten“, sagen die Forscher. Die Ergebnisse dieser Versuche deuten nach Ansicht der Forscher daher darauf hin, dass die Flughunde, aber auch andere Säugetiere, ihre Umwelt auf sehr viel komplexere Weise mit aktiven Sensorsystemen erfassen als bisher angenommen. Die bisher als primitiv und nicht steuerbar geltende Klickortung der Nilflughunde habe sich als erstaunlich flexibel steuerbar erwiesen, sagen die Wissenschaftler. Möglicherweise sei dies auch bei anderen aktiven Ortungssystemen der Säugetiere der Fall. (PloS Biology; 2011; doi:10.1371/journal.pbio.1001150)

(Public Library of Science, 14.09.2011 – NPO)

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