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Biologie

Auf jeden Menschen kommen 2,5 Millionen Ameisen

Biomasse der Ameisen übertrifft die aller wildlebenden Vögel und Säugetiere zusammen

Ameisen
Ameisen gibt es fast überall. Aber wie groß ist ihre Zahl insgesamt auf der Erde? © ApisitWilaijit/ Getty images

Planet der Ameisen: Auf der Erde leben einer aktuellen Schätzung zufolge mindestens 20 Billiarden Ameisen – dies sind pro Kopf gerechnet etwa 2,5 Millionen Ameisen für jeden Menschen auf unserem Planeten, wie Biologen ermittelt haben. Die trockene Biomasse aller Ameisen ist demnach höher als die aller Vögel und wildlebenden Säugetiere zusammen. Die größte Ameisendichte findet sich dabei in den subtropischen und tropischen Regionen, insgesamt gibt es aber noch viele weiße Flecken auf der Ameisen-Weltkarte.

Ob im Wald, in Gärten oder in der Stadt: Ameisen gibt es fast überall. Rund 15.700 Spezies dieser sozialen Insekten sind bisher bekannt und beschrieben, ihre wahre Vielfalt könnte nach Schätzungen von Biologen aber doppelt so groß sein. Die Ameisen spielen eine wichtige Rolle beim Abbau organischer Reste, als Pilzzüchter oder Blattlausfarmer, aber auch als Nahrung für unzählige Vögel, Arthropoden und Säugetiere.

Volkszählung unter Ameisen

Doch wie viele Ameisen gibt es weltweit? Bisher konnte ihre Zahl nur grob geschätzt werden – beispielsweise anhand von lokalen Stichproben oder der Tatsache, dass die Ameisen rund ein Prozent aller Insekten ausmachen. Wegen der hohen Dunkelziffer bei der Häufigkeit und Vielfalt der Insekten gingen bisherige Schätzungen aber weit auseinander. Ein Team um Patrick Schultheiss von der Universität Hongkong und der Universität Würzburg hat daher einen anderen Ansatz für ihre „Volkszählung“ der weltweiten Ameisenpopulation gewählt.

Die Biologen werteten die Daten von 465 Studien weltweit aus, in denen Ameisen entweder mithilfe von Bodenstreuproben gezählt oder durch Bodenfallen gefangen wurden. Da letzteres eher die Aktivität als die absolute Zahl von Ameisen in einem Gebiet widerspiegelt, werteten die Forscher die Daten beider Methoden getrennt aus. Zusätzlich bezogen sie noch Daten von 24 Studien zur Ameisenzahl auf Bäumen mit ein, die mithilfe von Insektizid-Einnebelungen von ganzen Baumkronen gewonnen worden waren.

Biomasse
Trockene Biomasse der Ameisen im Vergleich zu anderen Tiergruppen. © Schultheiss et al./ PNAS, CC-by-nc-nd 4.0

Knapp 20 Billiarden Ameisen weltweit

Das Ergebnis: Allein in der Bodenstreu gibt es weltweit rund drei Billiarden Ameisen. „Die Ameisen in der Streu repräsentieren aber nur einen Bruchteil der globalen Ameisenfauna“, betonen Schultheiss und sein Team. Rechnet man auch die in anderen Habitaten lebenden Ameisen hinzu, ergibt sich daher eine Gesamtzahl von etwa 19,8 Billiarden Ameisen weltweit. Anders ausgedrückt: Auf jeden Menschen dieses Planeten kommen rund 2,5 Millionen Ameisen.

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Entsprechend groß ist auch die Biomasse der weltweiten Ameisenpopulationen: Obwohl jedes einzelne Tier kaum etwas wiegt, summiert sich die trockene Biomasse aller Ameisen auf rund 12,3 Megatonnen Kohlenstoff, wie die Forschenden errechneten. „Dies entspricht der kombinierten Trocken-Biomasse aller wildlebenden Vögel und Säugetiere zusammen oder rund 20 Prozent der trockenen Biomasse aller Menschen“, erklären sie.

Am meisten in den Tropen

Die Ameisen sind jedoch nicht gleichmäßig über die Biome und Klimazonen verteilt: „Es ist bemerkenswert, dass 61 Prozent und damit fast zwei Drittel der globalen Zahl der auf dem Boden lebenden Ameisen in nur zwei Biomen leben: den tropischen Regenwäldern und den tropischen Savannen“, berichten Schultheiss und seine Kollegen.

Den Streuproben zufolge ist die Ameisendichte in subtropischen und tropischen Wäldern und Graslandschaften im Schnitt doppelt so hoch wie in ihren Gegenparts der gemäßigten Breiten. Die Aktivität der Ameisen in den tropischen und subtropischen Gebieten könnte den Bodenfallendaten nach sogar drei bis viermal so hoch sein wie in gemäßigten Breiten. „Dies unterstreicht die Bedeutung tropischer Regionen für die weltweite Häufigkeit und Biomasse der Ameisen“, so das Team.

Ameisenfresser rund um den Globus

Nach Ansicht von Schultheiss und seinem Team könnte dies auch erklären, warum es gerade in den Tropen so viele auf Ameisen als Nahrung spezialisierte Säugetierarten gibt. Spezies wie die Ameisenbären des amerikanischen Kontinents, die Pangoline Südostasiens oder die Erdferkel Afrikas haben unabhängig voneinander Anpassungen an das Ausgraben von Ameisennestern und das Aufsammeln der Ameisen mit unempfindlichen, langen Zungen entwickelt.

„Auch die Zahl der Arthropoden, die Ameisen morphologisch oder im Verhalten nachahmen, um nicht von ihnen gefressen zu werden oder um selber Ameisen erbeuten zu können, steigt in Richtung der Tropen an, weil dort die Ameisen häufiger sind und daher diese Mimikry effektiv wirkt“, berichten die Forschenden.

„Wahre Zahl noch viel höher“

Zwar hat die neue Erhebung damit einen besseren Eindruck von der ungeheuren Zahl der irdischen Ameisen gebracht. Doch bei diesen Werten handelt es sich um eine sehr konservative Schätzung, wie das Team betont. Weil es viele Habitate und Biome gibt, für die kaum Daten vorhanden sind, darunter unterirdische Lebensräume, Mangroven oder boreale Wälder, ist die Dunkelziffer hoch. Auch aus Afrika und Zentralasien gibt es bisher kaum Daten.

„Die wahre Zahl der Ameisen weltweit ist daher wahrscheinlich noch um Einiges höher“, schreiben Schultheiss und seine Kollegen. „Es ist von allergrößter Wichtigkeit, dass wir diese Lücken schließen, um ein umfassenderes Bild der Insektenvielfalt und der Muster der globalen Biodiversität, ihrer Treiber und Auswirkungen zu erhalten.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2022; doi: 10.1073/pnas.2201550119)

Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences

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