Anzeige
Klima

Vom Gas zum Gestein

Wie funktioniert die CO2-Mineralisierung?

Wohin mit dem Kohlendioxid? Dies dürfte die entscheidende Frage der nächsten Jahrzehnte werden. Denn inzwischen ist klar, dass Emissionsreduktionen allein nicht reichen werden, um den Klimawandel noch aufzuhalten. Zusätzlich sind technische Lösungen nötig, mit denen CO2 aus Abgasen und aus der Luft abgeschieden und dauerhaft gebunden werden können.

Die Gasförderplattform „Sleipner“ © Øyvind Hagen/ Statoil

Warum CCS bisher kaum vorankommt

Das Problem jedoch: Viele Ansätze für das Carbon Capture and Storage (CCS) sind technisch noch kaum ausgereift oder bergen große Risiken für Mensch und Umwelt. So wurden beispielsweise viele Pilotversuche zum Einleiten von CO2 in unterirdische Kavernen, darunter ausgedienten Gasreservoiren, schon vor Jahren wieder gestoppt. Neben zu großen Kosten und nur wenigen geeigneten Gesteinsformationen sorgte vor allem die Angst vor Erdbeben, Gaslecks und einer Kontamination des Grundwassers dafür, dass die CO2-Speicherung im Untergrund bisher kaum vorangetrieben wurde.

Die nahezu einzige Ausnahme sind Projekte, bei denen das CO2 im Rahmen der Erdöl- und Erdgasförderung wieder zurück in den Untergrund gepumpt wird, wie beispielsweise im Sleipner-Gasfeld vor der norwegischen Küste. Dieses Wiedereinpressen dient der Öl- und Gasindustrie dazu, die verbliebenen Rohstoffreste an die Oberfläche zu treiben, ermöglicht aber auch das Speichern des CO2 in den meist durch undurchlässige Gesteinsschichten nach oben hin isolierten Reservoiren.

„Zurzeit basieren 14 der 18 großskaligen CCS-Projekte weltweit auf dieser Technologie“, berichten Sandra Snæbjörnsdóttir vom isländischen Energiekonzern Orkuveita Reykjavíkur und ihre Kollegen. Allerdings besteht auch dabei das Risiko, dass das Kohlendioxid durch Risse in der Deckschicht irgendwann wieder austreten könnte.

Basalt
Bei der chemischen Verwitterung von Basaltgesteinen können chemische Reaktionen ablaufen, die Kohlendioxid binden und Carbonate entstehen lassen. © Staffa Roger de Marfa/ Getty images

Wie CO2 zu Stein wird

Was also tun? Ist die Idee der CO2-Speicherung im Untergrund damit gestorben? Keineswegs. Denn es gibt eine weitere Methode, durch die das Treibhausgas im Untergrund gebunden werden kann: die CO2-Mineralisierung. Dabei wird gasförmiges oder gelöstes Kohlendioxid chemisch gebunden und buchstäblich in Gestein umgewandelt. Basis dafür ist ein natürlicher geochemischen Prozess, bei dem silikathaltige Gesteine mit CO2 reagieren und es in Carbonatgesteine wie Kalk (CaCO3), Dolomit (CaMg(CO3)2) oder Magnesit (Mg(CO3)) umwandeln.

Anzeige

Diese chemische Reaktion findet vor allem dann statt, wenn in Regen- oder Meerwasser gelöstes CO2 auf basaltische Gesteine trifft. Denn das gelöste Kohlendioxid macht das Wasser sauer, typischerweise kann der pH-Wert dabei bis auf Werte von 3 bis 5 absinken. Diese Säure wiederum fördert die Lösung silikatischer Minerale, wie Snæbjörnsdóttir und ihre Kollegen erklären. Dabei werden reaktionsfreudige Ionen wie Calcium, Eisen und Magnesium frei, die mit dem CO2 zu Carbonaten reagieren. „Diese Carbonate bleiben über Tausende von Jahren stabil und können daher den Kohlenstoff nahezu dauerhaft speichern“, so die Forschenden.

Carbonatbildung als Klimapuffer

Diese natürliche „Versteinerung“ des CO2 gibt es auf unserem Planeten schon seit Jahrmillionen – unter anderem in Form der chemischen Verwitterung von Gesteinen. Sie gilt als einer der Faktoren, die das Auf und Ab des irdischen Klimas im Lauf der Erdgeschichte entscheidend beeinflusst haben. So könnte die globale „Schneeball-Erde“-Phase vor rund 700 Millionen Jahren, aber auch die Vereisung der Antarktis vor rund 34 Millionen Jahren durch eine verstärkte Verwitterung und damit CO2-Absorption verursacht worden sein. Einige dicke Carbonatschichten im Untergrund gehen auf solche Phasen zurück.

Ozeanische Kruste
Vor allem junge, weniger als 30 Millionen Jahre alte ozeanische Kruste (hier rot-orange) kann viel CO2 aufnehmen und mineralisieren. © NOAA

Doch auch heute noch spielt die natürliche CO2-Mineralisierung eine wichtige Rolle als Klimapuffer: „Die Verwitterung von Basaltgesteinen auf den Kontinenten und vulkanischen Inseln ist für rund 30 Prozent der natürlichen Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre verantwortlich“, erklären Snæbjörnsdóttir und ihr Team. Und potenziell geeignete Gesteinsformationen gibt es reichlich: Der größte Teil der ozeanischen Kruste und damit der Meeresböden besteht aus Basalten, an Land machen basaltische Gesteinsformationen, vor allem in Form von Vulkanen, immerhin gut fünf Prozent der Oberfläche aus.

Und ihr Potenzial als CO2-Senken ist beträchtlich: „Tests legen nahe, dass frische, junge Basalte von Natur aus mehr als 100 Kilogramm CO2 pro Kubikmeter binden können“, berichten Snæbjörnsdóttir und ihre Kollegen. „Auf Basis dieser Schätzung könnten allein die mittelozeanischen Rücken 100.000 bis 250.000 Milliarden Tonnen CO2 speichern – das sind Größenordnungen mehr als das bei Verbrennung sämtlicher fossilen Brennstoffe weltweit freigesetzte CO2.“

Die Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass man das CO2 in die Gesteinsformationen einbringt, in denen diese natürliche CO2-Mineralisierung stattfinden kann. Aber wie?

  1. zurück
  2. 1
  3. |
  4. 2
  5. |
  6. 3
  7. |
  8. 4
  9. |
  10. 5
  11. |
  12. 6
  13. |
  14. weiter
Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

CO2 in Stein verwandeln
Wie die Kohlendioxid-Mineralisierung dem Klimaschutz helfen könnte

Vom Gas zum Gestein
Wie funktioniert die CO2-Mineralisierung?

Der Vorreiter
Das Carbfix-Pilotprojekt und seine Ergebnisse

Flutbasalte und Offshore-Formationen
Wo eine CO2-Mineralisierung möglich wäre

Risiken und Nebenwirkungen
Was passiert im Untergrund?

Wie geht es weiter?
Fortschritte und Hürden für die In-Situ-Mineralisierung

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema