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Astronomie/Kosmologie

Sternentod mit weitreichenden Folgen

Welche Auswirkungen hat eine Supernova?

Supernovae sind im Kosmos alltäglich: In jeder Sekunde explodiert irgendwo im beobachtbaren Universum mindestens ein Stern, einigen Schätzungen zufolge sind es sogar 20 bis 30 pro Sekunde. Ein Teil dieser Explosionen geht auf den Kollaps massereicher Sterne am Ende ihres Lebenszyklus zurück. Andere Supernovae gehören zum sogenannten Typ 1a, bei dem ein Weißer Zwerg sich am abgesaugten Material eines Begleitsterns „überfrisst“, instabil wird und explodiert.

Supernova
Die Explosion eines Stern setzt in kurzer Zeit enorme Energienin Form von Strahlung und schnellen Teilchen frei. © ESA/XMM-Newton/M. Rigoselli (INAF)

Gammastrahlen machen den Anfang

Doch unabhängig von ihrem Urheber sind die Folgen einer Supernova dramatisch: Zu Beginn der Sternexplosion werden innerhalb kürzester Zeit enorme Mengen an Energie in Form von Gamma- und Röntgenstrahlung frei. Solche Gammastrahlenausbrüche können innerhalb weniger Sekunden so viel Strahlung freisetzen wie unsere Sonne in ihrer gesamten Lebenszeit. Am 9. Oktober 2022 ermittelten Astronomen für GRB 221009A, einer der hellsten je detektierten Supernova-Gammastrahlenausbrüche, einen Energiefluss von rund 3 x 1048 Joule – obwohl sich die Explosion 1,9 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt ereignete.

In einer solchen Entfernung sind selbst diese Extrem-Supernovae für die Erde keine Gefahr, wohl aber für alle Himmelskörper in ihrem nahen Umfeld: Jeder Planet, der in einem Umkreis von wenigen Lichtjahren um diesen Ausbruch läge, würde von der harten Strahlung buchstäblich gegrillt.

Röntgenstrahlung und kosmische Teilchen

Doch damit ist die Gefahr noch lange nicht vorbei: Nach dem kurzen, aber intensiven Gammastrahlenausbruch rast eine Schockwelle ins All hinaus und kollidiert immer wieder mit dem umliegenden interstellaren Material. Bei vielen Sternexplosionen besteht dies aus einer dichten Wolke von Gas und Staub, die der sterbenden Stern schon vor seiner Explosion ausgeschleudert hat. Bei der Interaktion der Schockwelle und Strahlung mit diesem Material entsteht eine weitere ionisierende Strahlung in Form von Röntgenstrahlung.

GRB 221009A
Diese Strahlenringe entstanden beim Gammastrahlenausbruch GRB 221009A, als dessen Röntgenstrahlung an kosmischem Staub gebrochen wurde. © ESA/XMM-Newton/M. Rigoselli (INAF)

„Diese Röntgen-Emission trifft erst Monate bis Jahre nach der Explosion ein – dies spiegelt die Zeit wider, die die Schockwelle der Supernova bis zum umgebenden interstellaren Material benötigt“, erklären Ian Brunton von der University of Illinois und sein Team in einer Studie vom April 2023. Es gibt jedoch noch eine dritte, gefährliche Phase der Supernova-Folgen: „Jahrhunderte bis Jahrtausende nach dem Gammastrahlenausbruch folgt eine weitere, destruktivere Phase der ionisierenden Strahlung“, so die Astronomen. „Dabei wird die Atmosphäre eines Planeten von einem Einstrom kosmischer Strahlung getroffen.“

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Zerstörte Atmosphäre

In dieser dritten Phase prasseln energiereiche, von der Supernova und ihrer Schockwelle beschleunigte Teilchen auf den Planeten ein. „Wenn die Supernova nah genug ist, dass die Biosphäre dieser kosmischen Strahlung ausgesetzt wird, kann dies wegen der hohen Energie und der anhaltenden Präsenz dieser Strahlung das schädlichste Stadium einer solchen Sternexplosion repräsentieren“, erklären Brunton und seine Kollegen. Denn dieses Bombardement hält hunderte bis tausende Jahre an und kann die gesamte Atmosphäre des Planeten verändern und zerstören.

Der Grund: Sowohl die Röntgenstrahlung als auch die später eintreffende kosmische Strahlung zerschlagen die zweiatomigen Stickstoffmoleküle (N2), die rund 70 Prozent der Erdatmosphäre ausmachen. Die dabei gebildeten Stickstoffradikale reagieren mit dem Sauerstoff und auch mit dem Ozon (O3) der Stratosphäre. Als Folge würde die Erde ihren wichtigsten Schutzschild gegen harte kosmische Strahlung und die UV-Strahlung der Sonne verlieren – die stratosphärische Ozonschicht.

Drei Phasen
Die drei Phasen der Supernova-Auswirkungen auf einen Planeten. © Brunton et al./ The Astrophysical Journal, CC-by 4.0

Globales Aussterben

„Es wird angenommen, dass die Zerstörung von 30 bis 50 Prozent der globalen Ozonschicht schon ausreicht, um ein weltweites Massenaussterben auf der Erde auszulösen“, erklären Brunton und sein Team. „Der Abstand, den eine Supernova für dieses Ausmaß haben müsste, wird daher oft als tödliche Distanz bezeichnet.“ In diesem Umkreist hat die Supernova eine mehrfach tödliche Wirkung: Die von ihr selbst erzeugte Strahlung ist ionisierend und zerstört Zellen und Erbgut aller lebenden Organismen – entweder sofort oder nach und nach. Weil die Ozonschicht fehlt, kann zudem die schädliche UV-Strahlung der Sonne nahezu ungehindert eindringen und verstärkt die zellzerstörenden Effekte noch.

Den Berechnungen zufolge ist die Schwelle zu globalen Aussterbe-Ereignissen dann erreicht, wenn der Einstrom ionisierender Strahlung bei 400 Kilojoule pro Quadratmeter und höher liegt. Zum Vergleich: Bei einem der stärksten jemals dokumentierten Strahlenausbrüche der Sonne, dem Carrington-Ereignis im Jahr 1859, setzte die Sonne so viel Röntgenstrahlung und energiereiche Teilchen frei, dass selbst in Rom, auf Kuba und auf Hawaii noch Polarlichter auftraten, weltweit sprühten Telegrafenanalgen Funken und fielen aus. Heute wäre fast die gesamte elektronische Infrastruktur betroffen. Doch um der Erde eine Dosis von 400 Kilojoule pro Quadratmeter zu verpassen, hätte dieser Sonnensturm 2,8 Jahre lang anhalten müssen.

Doch wie nah muss eine Supernova sein, damit die Erde eine tödliche Dosis solcher Strahlung abbekommt?

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Supernova – Gefahr für die Erde?
Auswirkungen erdnaher Sternexplosionen auf unseren Planeten

Sternentod mit weitreichenden Folgen
Welche Auswirkungen hat eine Supernova?

Die tödliche Distanz
Ab welcher Entfernung wird es gefährlich?

Supernova als Geburtshelfer
Verdankt die Sonne ihre Existenz einer Sternexplosion?

Aussterben und Isotope
Wie Supernovae die Erdgeschichte beeinflussten

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