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Evolution

One-Hit-Wonder der Evolution

Wieso wurde seither kein landlebendes Tier mehr so groß?

Große Tiere gab und gibt es auch nach dem Aussterben der Sauropoden noch. Doch ihre enormen Größen bleiben trotzdem unerreicht. Wieso? Große Vertreter anderer Tierfamilien haben schlichtweg nicht das Glück, alle biologischen Bedingungen für Riesenwuchs in derselben perfekten Kombination wie Sauropoden vorzufinden: das Fehlen eines Kauapparates, vogelartige Luftsäcke, ein hoher Grundumsatz und eine hohe Wachstumsrate sowie das Legen hunderter Eier. Die mögliche Größe von Tieren ohne diese spezielle Merkmalskombination ist begrenzt.

Im Schatten der Sauropoden

Auch den Vertretern anderer Dinosaurierfamilien erging es so. Selbst große Arten wie der neun Meter lange und bis zu sieben Tonnen schwere Triceratops konnten mit dem Riesenwuchs der Sauropoden nicht mithalten. Dabei gab es einen entscheidenden Faktor, der ihre Größe limitierte: Sie kauten zu viel. Nehmen Zahnreihen und Kaumuskeln viel Platz im Kopf ein, kann dieser nicht klein bleiben und sich auch kein langer Hals entwickeln, der für Riesenwuchs essenziell zu sein scheint.

Terrorvogel
Terrorvögel wie dieser Gastornis gehörten zu den größten Vertretern der Vogelfamilie. © Tim Bertelink / CC-by-sa 4.0

Auch Raubsaurier wie der Tyrannosaurus waren in ihrer Größe beschränkt. Das lag aber wahrscheinlich eher daran, dass sie auf zwei Beinen gingen und dadurch nicht so viel Masse tragen konnten wie ihre vierbeinigen Verwandten.

Kein Erbe im XXL-Format

Doch wie sieht es mit den Erben der Dinosaurier, den Vögeln, aus? Auf den ersten Blick scheinen sie einige Voraussetzungen für Gigantismus zu erfüllen: Sie legen Eier, kauen nicht und haben ein Atmungssystem aus verzweigten Luftsäcken. Es gab und gibt durchaus große Vögel. Zum Beispiel die ausgestorbenen Terrorvögel, die bis zu drei Meter hoch wurden oder der moderne Strauß. Dennoch: Im Vergleich zu ihren Vorfahren wirken sie wie gefiederte Miniaturversionen.

Laut Paläontologe Martin Sander liegt der fehlende Riesenwuchs bei Vögeln, ähnlich wie bei Raubsauriern, zunächst in ihrer Zweibeinigkeit begründet und darin, dass die Muskulatur ihrer Beine anders angeordnet ist als bei ihren Vorfahren. Sie könnten ein größeres Gewicht schlicht nicht tragen. Darüber hinaus legen Vögel zwar Eier, haben aber eine intensivere Brutpflege als Sauropoden. Vögel brüten ihre Eier aus und ziehen die geschlüpften Jungen auf. Sie investieren also viel Energie in die Aufzucht, die ihnen dann nicht mehr fürs Wachstum zur Verfügung steht.

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Heutige Reptilien wie Schildkröten oder Krokodile verfolgen zwar dieselbe Nachwuchsstrategie wie einst die Sauropoden, doch ihre Größe wird laut Sander durch ihre niedrige Stoffwechselrate begrenzt. Die wechselwarmen Reptilien wachsen schlicht zu langsam, um in der Liga der Giganten mitspielen zu können. Eines der größten Reptilien war der ausgestorbene australische Riesenwaran Megalania, der eine Länge von fünf Metern erreichte.

Paraceratherium
Das Paraceratherium war das größte Säugetier aller Zeiten. © DagdaMor/ CC-by 3.0

Säugetiere: Limitiert durch Zähne und Nachwuchs

Auch Säugetiere werden nie den Gigantismus der Sauropoden erreichen. Ihr Kopf ist wegen des Kauapparats und der dafür nötigen stabilen Bauweise zu groß und zu schwer, um von einem langen Hals getragen zu werden. Das gilt auch für Giraffen, deren Hälse im Vergleich zu Sauropoden ebenfalls als kurz bezeichnet werden müssen.

Auch ihre Fortpflanzungs-Strategie schränkt Säugetiere in ihrer Größe ein. Die Nachkommen kommen erstens nicht in Eiern auf die Welt und werden zweitens mit ausgeprägter elterlicher Fürsorge großgezogen. Dadurch „verlieren“ Säugetiere, genauso wie Vögel, Energie und können nur eine begrenzte Zahl Jungtiere auf einmal großziehen. Dadurch reagieren große Säugetiere mit dieser Nachwuchs-Strategie viel empfindlicher auf gestörte Umweltbedingungen oder Einbrüche in der Population. Dass Säugetiere eine hohe Stoffwechselrate haben und dadurch schnell wachsen, kann diesen Nachteil nicht ausgleichen.

Den stärksten Riesenwuchs aller Säugetiere wies das vor 20 Millionen Jahren ausgestorbene Paraceratherium auf. Das acht Meter lange und 15 bis 20 Tonnen schwere Tier lebte seiner Zeit in Eurasien und gehörte zur Familie der Nashörner, sah aber mehr aus wie ein Elefant mit langem Hals.

Konkurrenzlose Giganten

Paraceratherium und andere Riesen wie Elefanten oder Giraffen verdeutlichen, dass Säugetiere durchaus einiges an Größenpotenzial besitzen. In der Rangfolge aller Tierfamilien stehen sie laut Sander größentechnisch im Mittelfeld: „Die größten Reptilien und Vögel sind kleiner als die größten Säugetiere, diese sind kleiner als die größten Raubsaurier und Vogelbeckensaurier, die wiederum kleiner sind als die größten Sauropoden.“

Die Sauropoden werden ihren Schwergewichts-Titel also auch in Zukunft halten und sind seit ihrem Aussterben in der Kreidezeit quasi konkurrenzlos. Eine einzigartige, zufallsbedingte Kombination aus verschiedenen Merkmalen ermöglichte es ihnen, zu legendären Giganten zu werden. Bis heute lebt ihr riesiges Erbe in Forschung und Faszination fort.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Sauropoden – dem Gigantismus auf der Spur
Warum die langhalsigen Dinosaurier so riesig waren

Die Elefanten der Saurier-Savanne
Eine kurze Geschichte der Sauropoden

Das Geheimnis des Gigantismus
Warum Sauropoden so groß waren

Riesen aus dem Ei
Der besondere Lebenszyklus der Sauropoden

Leben in XXL
Wie kann ein so großer Körper überhaupt funktionieren?

One-Hit-Wonder der Evolution
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