Wie von einem Katapult abgeschossen, rasen einzelne, superschnelle Sterne aus unserer Galaxie heraus. Doch längst nicht alle stammen aus dem Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße, wie bisher angenommen. Das belegen neue Messungen an einem dieser „stellaren Raser“. Was sie aber herausschleuderte, ob Kollisionen oder Sternenexplosionen, ist noch unklar.
Wie von einem Katapult abgeschossen, rasen immer wieder einzelne, superschnelle Sterne aus unserer Galaxie heraus. Für deren Beschleunigung ist nach bisherigen Annahmen das Schwarze Loch verantwortlich, das sich in der Mitte unserer Galaxis befindet. Dieses ist rund drei Millionen Mal schwerer als die Sonne. Inzwischen sind 16 superschnelle Sterne unter den 100 Milliarden Sternen der Milchstraße bekannt. Wissenschaftler des Astronomischen Instituts der Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) fanden schon im letzten Jahr Hinweise, dass es neben dem Schwarzen Loch auch andere Mechanismen geben muss, die die Sterne herausschleudern.
Ursprung weit außerhalb des galaktischen Zentrums
Dieser Verdacht hat sich nun im Rahmen der Diplomarbeit des Regensburger Physikers Andreas Irrgang erhärtet. Er hat in einem Kooperationsprojekt mit der Universität Regensburg den superschnellen Stern HIP 60350 untersucht, der sich in rund 10.000 Lichtjahren Entfernung von der Erde befindet. Anhand von Daten des Hobby-Eberly Teleskops in Texas, das mit 9,2 Metern Durchmesser zu den größten der Welt gehört, gelang es Irrgang, die Herkunft von HIP 60350 zu berechnen: Demnach entstand der Stern weit außerhalb des Zentrums der Galaxis und damit in großer Entfernung zum Schwarzen Loch.
Doppelstern-Explosion oder Sternenkollision
Es gibt zwei mögliche Erklärungen, weshalb er trotzdem aus der Galaxis herausgeschleudert wird: Zum einen könnte es in einem Doppelsternsystem eine Explosion gegeben haben, bei der der eine Stern zerstört und der andere herauskatapultiert wurde. Denkbar ist aber auch, dass in einem Sternhaufen mehrere Sterne, fast wie im Billardspiel, zusammenstoßen und einer ausgeworfen wird. Sternhaufen gelten als Geburtsorte der Sterne und befinden sich in den Spiralarmen der Milchstraße. Andreas Irrgang konnte fünf Sternhaufen als mögliche Geburtsorte identifizieren, die sich in einem Spiralarm befinden, der zwischen den Sternbildern Schild und „Kreuz des Südens“ liegt.
Aus welchem Sternhaufen HIP 60350 stammt, können die Astronomen genauer ermitteln, wenn die Europäische Weltraum Agentur ESA das Weltraumobservatorium Gaia in Betrieb nimmt, mit dem der gesamte Sternenhimmel neu vermessen wird. Gaias Messungen werden hundert Mal genauer sein als alle bisherigen und es den Astronomen der Universität Erlangen-Nürnberg ermöglichen, der Lösung des Rätsels um die superschnellen Sterne einen großen Schritt näher kommen.
(Universität Erlangen-Nürnberg, 06.04.2010 – NPO)