Gestresste Menschen kriegen einen Herzinfarkt, gesellige Personen mehr Geschenke und Ich-bezogene Zeitgenossen eine Beförderung. Solche Klischees zum Zusammenhang zwischen Persönlichkeitseigenschaften und deren Auswirkungen auf das Leben und den Werdegang einer Person gibt es viele. Doch während einige Klischees sich bewahrheiten, sind andere überraschend falsch.
Pünktliche Menschen verdienen mehr
Wie viel ein Mensch verdient, hängt laut Studien beispielsweise stark von allen fünf Dimensionen des OCEAN-Modells ab. Insgesamt gibt es „einen positiven Zusammenhang zwischen persönlichem Einkommen und den Merkmalen Offenheit, Gewissenhaftigkeit und Extraversion, während gleichzeitig ein negativer und signifikanter Zusammenhang zwischen Einkommen und den Merkmalen Verträglichkeit und Neurotizismus festgestellt wurde“, berichten Giammarco Alderotti von der Universität Florenz und seine Mitautoren.
Gewissenhafte Menschen etwa, die effizienter, pünktlicher und zuverlässiger sind, setzen sich häufiger Ziele und verfolgen diese außerdem ausdauernder und konzentrierter als ihre „schludrigen“ Kollegen, wie die Psychologen ermittelten. Damit sind dies genau die Faktoren, die laut Theorien am ehesten dazu führen, geplante Ziele zu erreichen. Allerdings können auch andere Charaktermerkmale, darunter sogar leicht psychopathische Tendenzen, zum Karriere-Aufstieg verhelfen.
In der Schule und Universität lohnt es sich offenbar ebenfalls, ein eher gewissenhafter Mensch zu sein. Das zeigt eine Studie von Nicole Conrad und Marc Patry von der Saint Mary’s University in Kanada. Sie testeten die Beziehung zwischen angeblich leistungsfördernden Persönlichkeits-Merkmalen der Studierenden und deren Abschlussnoten. „Schon frühere Untersuchungen haben ergeben, dass ein Zusammenhang zwischen dem Persönlichkeitsmerkmal Gewissenhaftigkeit und akademischen Leistungen besteht“, kommentieren die Forschenden. Die Ergebnisse ihrer Studie zeigen ebenfalls eine starke Korrelation zwischen Leistung und Gewissenhaftigkeit.
Nervosität macht krank
Ein weiteres Klischee: Wer sich leicht stressen lässt ist, wird auf Dauer krank. Dass ständiges Sorgen machen, Stressen und Zweifeln nicht gut für die mentale Gesundheit sein kann, ist fast selbsterklärend. So belegen Studien, dass ein ständig erhöhter Pegel der Stresshormone das Herz-Kreislaufsystem, das Immunsystem und weitere wichtige Akteure unseres Körpers schädigen und schwächen kann. Wie stark unser Körper auf Stress mit einer solche Hormonausschüttung reagiert, ist aber auch abhängig von unserer Persönlichkeit.
So belegen diverse Studien einen Zusammenhang zum Persönlichkeitsmerkmal des Neurotizismus: „Neurotizismus hat Auswirkungen auf zwölf psychische Merkmale – schwere depressive Störung, Schlaflosigkeit, subjektives Wohlbefinden (negativ), Schizophrenie, Aufmerksamkeitsstörung, Alkoholabhängigkeit, Einsamkeit, Anorexia nervosa, Angststörung, bipolare Störung, Zwangsstörung und psychiatrische Störungen“, zählen Fu Zhang von der Universität Peking und Kollegen auf.
Von neurotischen Stadtbewohnern und geselligen Hip-Hop Liebhabern
Und auch unerwartete Eigenschaften können mit den Big-Five-Persönlichkeitsmerkmalen korrelieren. So zum Beispiel der Wohnort: Dem Stereotyp nach gelten Norddeutsche als unterkühlt, Süddeutsche eher als gemütlich. Das scheint Studien zufolge tatsächlich auch zuzutreffen. So seien Süddeutsche tendenziell stärker nach außen gewandt als die Menschen an der Küste.
In Sachen emotionale Stabilität stellte das Team ebenfalls Unterschiede fest. Interessant dabei: „In der Regionalverteilung von Neurotizismus sind wir auf eine Zweiteilung Deutschlands gestoßen, die überraschend klar der historischen Limes-Linie entspricht – mit niedrigeren Werten südlich des Limes“, berichtet Michael Fritsch von der Universität Jena.
Auch der Musikgeschmack scheint charakterabhängig zu sein. Demnach beeinflusst der Persönlichkeitstyp eines Menschen, welche Songs oder Musikstücke er bevorzugt. So bevorzugen extrovertierte Menschen eher Songs und Musik mit Upbeat-Tempo, wie Hip-Hop oder auch elektronische Musik. Menschen mit hohen Werten bei der Verträglichkeit bevorzugen hingegen oft sanfte, langsamere Popsongs, Softrock oder auch Blues. Wenig überraschend war auch die Beobachtung, dass gewissenhafte, ordnungsliebende Menschen meist wenig mit Hard Rock, Metal oder Punk anfangen konnten.
Überrascht wurden die Wissenschaftler jedoch vom neurotischen Persönlichkeitstyp: „Wir stellten fest, dass solche Menschen offenbar besonders intensive Musikstile präferieren – möglicherweise, weil diese ihre inneren Ängste und Frustrationen widerspiegeln.“ Als „intensive Musik“ werden dabei aggressive, laute und verzerrte Musikstücke eingestuft, wie beispielsweise Punk, Heavy Metal oder Hard Rock.
„Das war überraschend, aber Menschen nutzen Musik eben auf unterschiedliche Weise – einige, um ihre Stimmung zu ändern, andere eher für eine Katharsis“, so Neurowissenschaftler David Greenberg von der University of Cambridge. Die intensive Musik könnte unsicheren, gestressten und ängstlichen Menschen dabei helfen, ihre inneren Spannungen abzubauen. Und auch wenn die Punk-Musiktherapie nicht funktioniert, gibt es noch Hoffnung, denn mit zunehmendem Alter werden Menschen häufig ohnehin entspannter.