Anzeige
Chemie

Verdauungsenzyme „entkorken“ Nanokapseln

Neue Methode setzt Wirkstoffe gezielt frei

In Kapseln verpackte medizinische Wirkstoffe sollen erst am Zielort im Körper freigesetzt und Waschmittel erst im richtigen Waschgang aufgelöst werden. Solchen Zielen sind Münchener Forscher nun einen großen Schritt nähergekommen. Sie haben ein Verschluss-System für Nanokapseln entwickelt, das vollständig aus biologischen Materialien besteht.

{1r}

Diese Komponenten sind gesundheitlich unbedenklich, sorgen zugleich aber für eine sichere Verkapselung. Die gespeicherten Wirkstoffe können dann gezielt freigesetzt werden, etwa durch die Zugabe menschlicher Verdauungsenzyme, die einen Baustein der Kapsel zerlegen, so die Forscher in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“.

Kapseln aus Silica

Kapseln aus Silica eignen sich hervorragend für das „Einpacken“ von Medikamenten, Zusätzen in Waschmitteln, oder anderen Wirkstoffen. In winzigen Kanälen von wenigen Nanometern – also Millionstel Millimetern – Durchmesser lassen sich die Substanzen sehr stabil speichern. Ziel ist es, sie erst am gewünschten Einsatzort oder unter bestimmten Bedingungen freizusetzen, etwa durch die Zugabe chemischer Substanzen oder durch eine Temperaturänderung.

Dazu müssen die Kapseln zunächst fest verschlossen werden. Die bisher vornehmlich für diesen Zweck eingesetzten Stoffe sind aber entweder in biologischer Umgebung instabil oder giftig wie das Schwermetallsalz Cadmiumsulfid. Sie eignen sich daher nicht für die Speicherung von medizinischen Wirkstoffen oder von Waschmittelzusätzen.

Anzeige

Verdauungsenzyme setzen Wirkstoffe frei

Eine vielversprechende Lösung für dieses Problem haben jetzt Professor Thomas Bein und seine Mitarbeiter am Lehrstuhl für Physikalische Chemie II der Universität München gefunden. Sie verwenden für den Verschluss der Kapseln eine Kombination aus Biotin, also Vitamin B7, und Avidin, einem natürlichen „Klebstoff“ für Biotin-Moleküle.

Beide Stoffe sind gesundheitlich unbedenklich und ermöglichen gleichzeitig einen sicheren Verschluss der Nanokapseln. Die Freisetzung der gespeicherten Wirkstoffe kann beispielsweise durch die Zugabe von Trypsin erfolgen, einem Gemisch menschlicher Verdauungsenzyme. Trypsin zersetzt das Avidin und öffnet so die Kapsel: Der verkapselte Wirkstoff wird freigesetzt.

„Das Trypsin fungiert im Prinzip als Türöffner für den Wirkstoff“, sagt Bein. „Zumindest im Waschmittelbereich könnte dieser Mechanismus zum Einsatz kommen, aber auch andere Anwendungen sind denkbar.“

Nanosystems Initiative Munich

Die in „Angewandte Chemie“ vorgestellten neuen Ergebnisse entstanden im Rahmen des Exzellenzclusters „Nanosystems Initiative Munich“ (NIM), das es sich zum Ziel gesetzt hat, funktionale Nanostrukturen für Anwendungen in der Informationsverarbeitung und den Lebenswissenschaften zu entwickeln, zu erforschen und zur Einsatzreife zu bringen.

(idw – Universität München, 20.04.2009 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Bändereisenerz

Ur-Magnetfeld ohne festen Erdkern?

Krebs kann auch ohne DNA-Mutation entstehen

Waffentruhe eines mittelalterlichen Flaggschiffs geöffnet

Neues fossiles Riesenkänguru entdeckt

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Nanoröhrchen - Kohlenstoffwinzlinge als Bausteine für Computer der Zukunft

Bücher zum Thema

Nanotechnologie für Dummies - Spannende Entdeckungen aus dem Reich der Zwerge von Richard D. Booker und Earl Boysen

Chemische Delikatessen - Alltäglich, spannend, kurios von Klaus Roth

Tabletten, Tropfen und Tinkturen - Medizin im Alltag von Cornelia Bartels, Heike Göllner und Jan Koolman

Die Geschichte der Medizin - Von der Antike bis zur Gegenwart von Bernt Karger-Decker

Welt der Elemente - von Hans-Jürgen Quadbeck- Seeger

Faszination Nanotechnologie - von Uwe Hartmann

Nanotechnologie und Nanoprozesse - Einführung, Bewertung von Wolfgang Fahrner

Feuer und Flamme, Schall und Rauch - Schauexperimente und Chemiehistorisches von Fritz R. Kreißl und Otto Krätz

Top-Clicks der Woche