Das Ebolavirus gehört zu den tödlichsten Krankheitserregern weltweit. Bisher gibt es dagegen weder Impfung noch Behandlung, da es wegen seiner Gefährlichkeit selbst im Labor kaum erforscht werden kann. Jetzt aber ist es Wissenschaftlern erstmals gelungen, durch eine kleine genetische Modifikation einen harmloseren, für die Forschung handhabbaren Virenstamm herzustellen. Wie sie dies erreichten, berichten sie in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
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Durch Seuchenausbrüche im Sudan und in Zaire wurde die Medizinwelt erstmals auf das Ebolavirus aufmerksam. An den schweren, von inneren und äußeren Blutungen begleiteten Fiebern starben – und sterben bis heute – zwischen 50 und 90 Prozent der Erkrankten. Wegen seiner Tödlichkeit ist auch die Forschung an dem Virus auf Labors mit der höchsten Sicherheitsstufe, die so genannte Biosafety 4 (BSL4), limitiert. Da diese selten und teuer sind, beschränkte sich die aktive Suche nach Heilmitteln und Impfstoffen gegen Ebola auf nur rund ein halbes Dutzend Labore weltweit.
Genverlust macht Virus vermehrungsunfähig
Jetzt aber haben Yoshihiro Kawaoka, Professor für Pathobiowissenschaften an der Universität von Wisconsin-Madison und seine Kollegen einen Weg gefunden, die Entwicklung von Gegenmitteln stark zu beschleunigen. Sie schafften es, das Virus zu zähmen und es in eine weniger virulente Form umzuwandeln.
Ebola ist, wie die meisten Viren, genetisch eher spärlich ausgerüstet. Es besitzt nur acht Gene und ist daher für die meisten Funktionen auf die molekulare Maschinerie seiner Wirtszellen angewiesen. Eines seiner wenigen Gene, VP30 genannt, erzeugt ein Protein, ohne das sich das Virus in der Zelle nicht vermehren kann. Kawaoka und sein Team gelang es nun, einen Virenstamm zu erzeugen, der dieses Gen nicht besitzt.
„Das veränderte Virus wächst in keiner normalen Zelle“, erklärt Kawaoka. „Wir haben Zellen hergestellt, die das VP30-Protein produzieren und in denen das Virus gedeihen kann, weil ihm die Wirtszellen das fehlende Protein liefern.“ Und genau hier liegt der Vorteil dieses neuen Virenstamms: Im Labor, gezüchtet auf den genetisch angepassten Zellkulturen, lässt sich das Virus nun gut untersuchen. Außerhalb dieser Kulturen besteht jedoch keine Gefahr für lebende Organismen, da deren Zellen das VP30 nicht produzieren und das Virus sich damit nicht vermehren kann.
Erforschung auch unter geringeren Sicherheitsstufen möglich
Das bedeutet, dass theoretisch dieser modifizierte Ebolastamm auch in Labors erforscht werden könnte, die nicht die Sicherheitsstufe 4 aufweisen. Denn mit Ausnahme des fehlenden Vermehrungsgens ist das Virus mit den tödlichen Wildstämmen identisch. „Dieses System kann für die Suche nach Wirkstoffen eingesetzt werden oder für die Impfstoffproduktion“, so Kawaoka. „Eine solche Schnelldurchsatzsuche ist in einem BSL 4-Labor nahezu unmöglich.“
Nach Ansicht des Forschers könnte der neue Laborvirus den Weg frei machen zu einer gründlicheren Erforschung auch außerhalb von Laboren der Sicherheitsstufe 4. Das sei eine essenzielle Voraussetzung dafür, die tödliche Seuche zu bekämpfen, an der erst kürzlich in Uganda mehr als 40 Menschen gestorben sind. Allerdings, so räumt er ein, könnte es noch relativ schwierig sein, eine Genehmigung dafür zu bekommen.
(University of Wisconsin-Madison, 23.01.2008 – NPO)