Wissenschaftler haben zum ersten Mal experimentelle Nachweise für das Wettrüsten von Wirten und ihren Parasiten in einem natürlichen System erbracht. In der aktuellen Online-Ausgabe der Zeitschrift „Nature“ demonstrieren sie, dass sich Wasserflöhe und Bakterien in den Sedimenten eines Teiches einen Wettlauf um immer bessere Anpassungen liefern.
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Heute sterben jährlich Millionen Menschen an den Folgen von Malaria oder HI-Virus Infektionen. Grund dafür ist in vielen Fällen das unterschätzte Potential der Krankheitserreger, sich genetisch an neue Situationen anzupassen. Die Wirte auf der anderen Seite entwickeln Strategien, um den Schaden der Parasiten und Pathogene zu minimieren.
Wettlauf zwischen Wirt und Parasit
Das Resultat ist ein permanenter Wettlauf zwischen Wirten und Pathogenen – eine Koevolution zwischen Antagonisten, in der beide Seiten um ihren Vorteil ringen. Sie evolvieren im darwinschen Sinn, das heißt natürliche Selektion erlaubt Varianten, die einen Überlebens- oder Reproduktionsvorteil besitzen, sich gegenüber ihren Artgenossen durchzusetzen.
Die „Red Queen“-Theorie der Koevolution besagt, dass Genvarianten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt im Kampf gegen Pathogene hilfreich sind, zu einem späteren Zeitpunkt diesen Vorteil verlieren, weil sich die Parasiten an die Wirte anpassen. Obwohl diese Theorie bereits seit 30 Jahren diskutiert wird, konnte sie bisher immer nur durch indirekte Beobachtungen untermauert werden.
Die Arbeitsgruppe von Dieter Ebert am Zoologischen Institut der Universität Basel konnte zusammen mit Forschern aus Belgien und Frankreich nun die Dynamik der Koevolution aufzeigen. Sie machten sich dabei zunutze, dass sowohl die Wasserfloh-Wirte – kleine Krebse des Planktons – wie auch ihre Pathogene – sporenbildende Bakterien – so genannte Dauerstadien bilden, die auch nach mehr als 30 Jahren aus den Sedimenten von Seen und Teichen isoliert und wieder zum Leben erweckt werden können.
„Red Queen“-Hypothese belegt
Die daraus resultierenden Zeitserien erlaubten es den Forschern zu zeigen, dass das Bakterium sich ständig an ihre sich ebenfalls weiterentwickelnde Wirtspopulation anpasst. Die Bakterien evolvieren dabei höhere Infektionsraten, die Wirte werden immer wieder resistent.
Die experimentelle Unterstützung der „Red Queen“-Hypothese ist ein wichtiger Schritt im Verständnis, wie und wie schnell sich Infektionskrankheiten und ihre Wirte in natürlichen Systemen aneinander anpassen. So die Wissenschaftler. Sie kann zur Klärung vieler bekannter Phänomene beitragen, wie zum Beispiel der genetischen Diversität von Resistenzgenen und dem evolutiven Nutzen der zweigeschlechtlichen Fortpflanzung.
(idw – Universität Basel, 22.11.2007 – DLO)