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Physik

Schwerer Wasserstoff reduziert Reibung

Atomspezifische Vibration als Schlüsselfaktor der Reibung entlarvt

Dampfabscheidungssystem für die Herstellung von Wasserstoffbeschichtungen © Argonne National Laboratory

Was geschieht bei der Reibung auf atomarer Ebene? Der Antwort auf diese Frage sind Wissenschaftler nun einen Schritt näher gekommen. Sie stellten fest, dass Wasserstoffatome dabei eine entscheidende Rolle spielen. Die jetzt in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlichte Studie könnte bei der Entwicklung neuer Oberflächen und Beschichtungen helfen.

Bisher fehlt der Wissenschaft ein umfassendes Modell der Prozesse, die sich bei der Reibung im Nanometermaßstab abspielen. Zwar existiert eine grobe Vorstellung der beteiligten Kräfte, darunter lokale chemische Reaktionen, Wechselwirkungen von Ladungen und eine bestimmte Form der Vibrations- Resonanzen, Genaueres war bisher aber nicht bekannt.

Jetzt hat eine Forschergruppe unter Leitung von Robert Carpick von der Universität von Pennsylvania und unter Beteiligung des Argonne National Laboratoriums sich dieser Thematik angenommen. Dafür nutzten Anirudha Sumant und seine Argonne-Kollegen einkristalline Diamantoberflächen, die entweder mit normalem Wasserstoff oder aber mit Deuterium, einem Wasserstoffatom mit einem zusätzlichen Neutron im Kern, beschichtet waren.

Problem der Wasserstoffbeschichtung gelöst

Um auszuschließen, dass schon bei der Beschichtung des Diamanten Störfaktoren auftraten, mussten die Wissenschaftler dafür zunächst eine ganz neue Methode entwickeln. Bisher wurde die Beschichtung mit Wasserstoff erreicht, indem die Oberfläche mit Ionen beschossen wurde. Das jedoch brachte die Gefahr eines Aufrauens der Oberfläche mit sich. „Wenn man einen so kleinen Isotopeneffekt untersucht, muss man absolut sicher sein, dass keine anderen komplizierenden Effekte durch chemische oder elektronische Interferenzen oder winzige topografische Variationen auftreten“, erklärt Sumant.

Die Wissenschaftler suchten daher eine ganze Weile vergeblich nach schonender Methoden. Dann jedoch kamen sie auf eine Idee: Sumant hatte zuvor in einem anderen Zusammenhang an einem Verfahren bearbeitet, mit dem sich Diamant-Dünnschichtfilme erzeugen lassen. Bei dieser so genannten „hot filament chemical vapor deposition” wird unter anderem ein Wolframfaden bis auf über 2.000 Grad Celsius erhitzt.

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Sumant wandelte die Methode nun so ab, dass er einen Diamantfilm in weniger als einem Zentimeter Entfernung vom Wolframfaden platzierte und dann molekularen Wasserstoff darüber leitete. Die Hitze ließ einige Wasserstoffmoleküle zu Atomen zerfallen, die mit der Diamantoberfläche reagierten und sich als perfekte, glatte Schicht darauf absetzten. Da hierbei kein Beschuss mit Ionen oder anderen Partikeln nötig ist, können auch keine Störstellen oder Rauigkeiten entstehen.

Vibrationsfrequenz entscheidend

Die wichtigste Hürde für das Reibungsexperiment war damit genommen. Nun erzeugten die Wissenschaftler zum einen eine Schicht mit normalen Wasserstoffatomen, zum anderen aber eine mit Deuteriumatomen. Beide Varianten wurden anschließen vorsichtig gegen eine mit Kohlenstoff überzogenen Spitze gerieben.

Es zeigte sich, dass die Deuteriumoberfläche eine deutlich niedrigere Reibung aufwies – obwohl es sich im Prinzip in beiden Fällen um Wasserstoff handelte, also die chemischen Eigenschaften nahezu gleich waren. Doch ein Faktor unterschied sich dennoch: die Eigenschwingung des Deuteriums. Diese winzige Vibration fand beim schweren Wasserstoff auf niedriger Frequenz statt – und offenbar reichte dieser Unterschied aus, um die Reibung deutlich zu beeinflussen.

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten diese Erkenntnis und auch die neue Methode der sanften Beschichtung dazu beitragen, zukünftig die Reibungseigenschaften von nanotechnologischen Bauteilen gezielt zu manipulieren. Insbesondere die nanoelektromechanischen Systeme – MEMS genannt – die häufig auf Diamantkomponenten basieren, könnte so weiter entwickelt werden.

(Argonne National Laboratory, 05.11.2007 – NPO)

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