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GFZ

Blitzortung bei Java–Erdbeben

Neue Software des deutschen Tsunami-Frühwarnsystems ermöglicht schnellere Lokalisation von Erdstößen

Das Erdbeben mit einer Stärke von 7,6 vor der Küste der indonesischen Insel Java konnte vom deutschen Tsunami-Frühwarnsystem GITEWS bereits nach vier Minuten und 38 Sekunden korrekt lokalisiert und in seiner Stärke bestimmt werden. Die Lage des Bebens, das am 9. August 2007 um 12:04:58 Uhr lokaler Zeit stattfand, war sogar bereits nach zwei Minuten und elf Sekunden entdeckt. Zum Vergleich: das Pazifische Tsunami-Frühwarnsystem gab Stärke und Herdlage erst nach 17 Minuten bekannt. Dies teilte jetzt das GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) mit.

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Das Epizentrum des Erdstoßes lag rund 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Jakarta und 110 Kilometer nördlich von Bandung. In der betroffenen Region gerieten Hochhäuser ins Schwanken und zahlreiche Menschen rannten in Panik auf die Straßen. Über Verletzte oder größere Schäden wurde zunächst jedoch nichts bekannt. Eine Tsunami-Gefahr bestand nach Angaben von Experten nicht.

Alte Version weltweit im Einsatz

Grundlage für die schnelle Auswertung des Bebens ist ein neues Softwaresystem namens „SeisComP“ – Seismological Communication Processor -, das in den vergangenen Wochen vom GFZ im zukünftigen Tsunamiwarnzentrum in Jakarta, Indonesien, installiert wurde. Es dient zur standardisierten Erfassung, Übertragung und Auswertung von Erdbebendaten im im Aufbau befindlichen Tsunami-Frühwarnsystem für den Indischen Ozean.

Das von den Potsdamer Wissenschaftlern entwickelte System wird in einer früheren Version schon weltweit von nahezu 100 seismologischen Observatorien und Erdbebendiensten eingesetzt. Im Rahmen des GITEWS-Projektes verbessert die neue Software vor allem die beschleunigte manuelle Auswertung der Daten mit dem Ziel der Früherkennung von möglichen tsunami-auslösenden Starkbeben. Dazu werden aufwendige grafische Benutzerschnittstellen realisiert, welche die automatischen Messergebnisse optimal darstellen und effiziente interaktive Eingriffe durch das Personal im Warnzentrum erlauben.

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Die neue Version des Seismologie-Programmpakets ersetzt das bisherige Seiscomp-System, das als Sofortmaßnahme im Juni 2005 nach dem Katastrophen-Tsunami implementiert wurde. Das bisherige System arbeitete ausschließlich automatisch und besaß keine ausreichenden visuellen Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten. Damit konnten die Wissenschaftler Erdbeben erst nach über zehn Minuten und zudem relativ ungenau lokalisieren. Auch war die Magnitude von Starkbeben nur bedingt zu bestimmen.

Arbeiten am Tsunami-Frühwarnsystem gehen voran

Diese Arbeiten sind Teil des Aufbaus eines Tsunami-Frühwarnsystems im Indischen Ozean. Professor Reinhard Hüttl, Vorstandsvorsitzender des GFZ Potsdam, das die Federführung beim Aufbau des GITEWS hat, sagt dazu: „Mit deutscher Hilfe ist Indonesien damit einen wichtigen Schritt näher an das selbstgesteckte Ziel gelangt, die Lokation und die Stärke von Erdbeben innerhalb von weniger als fünf Minuten bestimmen zu können. Das neue System läuft mittlerweile im Echtzeitbetrieb und hat auch bereits erfolgreich die ersten Beben- Ereignisse lokalisiert. Nach der Fertigstellung Ende 2008 arbeitet hier das modernste seismologische Netz zur Tsunamiwarnung.“

Der Aufbau des seismischen Messnetzes von GITEWS geht voran: neun der geplanten Stationen sind bereits eingerichtet: Nias, Sumatra (2), Krakatau, Java (2), Kalimantan, Flores und die Molukken. Weitere fünf Stationen sind in Vorbereitung. Die Geschwindigkeit beim weiteren Ausbau hängt dabei wesentlich von „nichtwissenschaftlichen“ Faktoren wie Landkauf und Bau der Seismeterbunker sowie dem Flugverbot für die indonesischen Fluggesellschaften ab.

Qualität statt Quantität

Mittlerweile gibt es bereits über 60 andere seismische Stationen in Indonesien (45 indonesische, 15 japanische), die ebenfalls im Seiscomp-System erfasst und verarbeitet werden, deren Datenqualität aber zum größten Teil sehr dürftig ist und nicht die Qualität der GITEWS-Stationen erreicht.

Außerdem gibt einige chinesische Stationen ohne Datenübertragung sowie einige ältere französische Analog-Stationen, die aber wegen ihrer schlechten Datenqualität nicht verwendet werden können.

(idw – GeoForschungsZentrum Potsdam, 10.08.2007 – DLO)

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