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Geowissen

Deutsches Radarauge erfolgreich gestartet

Neuer Satellit TerraSAR-X von Baikonur ins All gebracht

Fernerkundungssatellit TerraSAR-X © Astrium/infoterra

Der neue deutsche Fernerkundungssatellit TerraSAR-X ist heute um 04.14 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit von Baikonur ins All gestartet. Er arbeitet unabhängig von Wetterbedingungen, Wolkenbedeckung und Tageslicht und wird aus mehr als 500 Kilometer Höhe von seiner polaren Umlaufbahn aus ungewöhnlich präzise Bilder von der Erdoberfläche liefern.

Strahlenden Himmel und Sonnenschein – dieses Wetter lieben nicht nur sonnenhungrige Urlauber oder Besitzer von Solarenergie-Anlagen. Auch für die Arbeit von Geowissenschaftlern, die sich mit Fernerkundung befassen, war bislang ein wolkenloser Himmel eine wichtige Arbeitsvoraussetzung. „Andernfalls zeigten uns Satellitenaufnahmen, die wir für unsere Forschungen nutzen, nichts von der Erdoberfläche sondern lediglich eine Wolkendecke“, sagt Professorin Christiane Schmullius.

„Doch diese Zeiten sind vorbei“, ist sich die Inhaberin des Lehrstuhls für Fernerkundung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena sicher. Denn heute ist vom kasachischen Weltraumbahnhof Baikonur aus der deutsche Fernerkundungssatellit „TerraSAR-X“ ins All gestartet. Dieser gleichermaßen öffentlich wie privat finanzierte Satellit arbeitet per Radar.

Seine Instrumente liefern aus 514 Kilometern Höhe hochaufgelöste Bilder von der Erdoberfläche. „Und zwar unabhängig von Tageslicht und bei jedem Wetter“, so Schmullius. Gegenüber bisheriger Satelliten, wie beispielsweise Envisat, die Aufnahmen mit einer Auflösung von 25 Metern lieferten, ist „TerraSAR-X“ ein echtes Adlerauge: seine Bilder sollen bis auf einen Meter aufgelöst sein.

Waldbestand im Visier der Forscher

Dies freut die Jenaer Geografin vor allem deshalb, weil sie und ihre Partner zu den ausgewählten Teams gehören, die die Daten, die „TerraSAR-X“ aus seiner Umlaufbahn zur Erde funken wird, wissenschaftlich als Erste nutzen dürfen. Ihr Projektvorschlag gehört zu den sieben aus 41 Vorschlägen, die das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) dafür ausgewählt hat.

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In ihrem Projekt werden die Geografen von der Jenaer Universität eng mit der Welternährungsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen zusammenarbeiten. „Diese Organisation veröffentlicht seit 1946 in Abständen von fünf bis zehn Jahren einen Bericht zum weltweiten Waldbestand“, weiß Schmullius. Das Wissen um die globalen Waldressourcen ist dabei sowohl von wissenschaftlichem als auch von wirtschaftlichem Interesse. So regulieren die Wälder den Kohlendioxidgehalt in unserer Atmosphäre und nehmen entscheidenden Einfluss auf das Klima. „Aber auch um den Bedarf und die Ressourcen für die Nutzung von Holz etwa im Bereich der Papier- oder Möbelherstellung abzuschätzen, sind solche Daten wichtig“, weiß Schmullius.

Bisher basiert die Statistik der FAO jedoch ausschließlich auf den Daten, die die nationalen Forstbehörden der Organisation melden, wobei es sich nicht um geografisch lokalisierbare statistische Angaben handelt. Für Validierungszwecke müssen jedoch Kartierungen herangezogen werden. In tropischen sowie borealen Bereichen sind diese mit optischen Daten allein nur ungenügend zu realisieren, da diese Gebiete in der Regel von Wolken bedeckt sind. Hier wird TerraSAR-X maßgeblich Unterstützung leisten und eine Überprüfung der globalen Angaben erst ermöglichen.

GFZ: Laserdistanzmessungen

Das GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) ist dagegen an der Mission mit einem hochgenauen 2-Frequenz-GPS-Empfänger und einem Retro-Reflektor für Laserdistanzmessungen (Satellite Laser Ranging SLR) beteiligt. Mit dem GPS-Empfänger kann einerseits die Bahn des Satelliten mit Zentimeter-Genauigkeit bestimmt werden, andererseits können damit wie bei den GFZ-Satelliten CHAMP und GRACE Atmosphärenmessungen mithilfe von Radiookkultationsmessungen durchgeführt werden.

Die Laserdistanzmessungen mit einer Genauigkeit von circa einem Zentimeter dienen vor allem einer unabhängigen Überprüfung der Bahngenauigkeit. Die Laserstation des GFZ Potsdam wird sich an diesen Messungen beteiligen.

Nitratbelastung des Grundwassers unter der Lupe

Auch die Universität Hannover wird Bilder des Radarsatelliten für wissenschaftliche Forschungen nutzen: Die Arbeitsgruppe um Professor Uwe Sörgel, Institut für Photogrammetrie und GeoInformation, wird die übermittelten Radarbilder innerhalb mehrerer Projekte auswerten. Ein Teilprojekt soll die Vegetation im Fuhrberger Feld, dem Wasserreservoir der Region Hannover, überwachen.

Anhand der festgestellten Vegetationsart sind Rückschlüsse hinsichtlich der landwirtschaftlichen Nitratbelastung des Grundwassers möglich. In einem weiteren Projekt soll untersucht werden, inwieweit eine Fortführung von Landkarten anhand der übermittelten Daten durchführbar ist.

(Infoterra, GFZ Potsdam, Universität Hannover, Universität Jena, 15.06.2007 – DLO)

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