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Umwelt

Prinzip „Naturschutz durch Nutzung“ erfolgreich

Vertragsnaturschutz hat Artenvielfalt in NRW erhöht

Enzian © Universität Bonn

Landwirtschaft und Naturschutz müssen kein Widerspruch sein. Das hat jetzt eine Bilanz des „Vertragsnaturschutzes“ in Nordrhein-Westfalen ergeben. Die Artenvielfalt auf den naturverträglich bewirtschafteten Flächen ist deutlich gestiegen, einige zuvor vom Aussterben bedrohte Arten sind zurückgekehrt.

Es begann 1985 mit einem Pilotprojekt: 40 Landwirte in der Eifel verpflichteten sich, Wiesen, Weiden, Magerrasen und Heiden nach Naturschutzkriterien zu bewirtschaften, und erhielten dafür eine angemessene Entschädigung. Heute ist der so genannte „Vertragsnaturschutz“ auf mehr als 25.000 Hektar in Nordrhein-Westfalen gängige Praxis. Wissenschaftler der Universität Bonn bescheinigen dem Ansatz nun einen außergewöhnlichen Erfolg: Auf den Vertragsnaturschutz-Flächen ist die Populationsgröße vieler Rote-Liste-Arten der Pflanzenwelt in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen, nicht selten um das zehn- bis hundertfache. Auch die Artenvielfalt hat deutlich zugenommen.

Von Beginn an wurden die Auswirkungen der Maßnahmen mit Förderung durch das nordrhein-westfälische Umweltministerium wissenschaftlich kontrolliert, vor allem durch die Bonner Landwirtschaftliche Fakultät. Für das jetzt abgeschlossene Forschungsprojekt haben die Forscher rund 150 Bonner Examens-, Diplom- und Doktorarbeiten aus den letzten 30 Jahren ausgewertet. Diese historischen Daten haben sie mit aktuellen Erhebungen von mehr als 100 Gebieten in der Eifel verglichen. „Eine derart günstige Datenbasis dürfte im Bundesgebiet wohl einmalig sein“, sagt Schumacher nicht ohne Stolz.

Artenvielfalt gestiegen

Die Ergebnisse übertreffen alle Erwartungen: Der schleichende Verlust von Pflanzenarten konnte nicht nur aufgehalten werden – in der Eifel hat sich der bisherige Trend sogar gedreht: Die meisten Rote-Liste-Arten zeigen starke, teilweise sogar exponentielle Zunahmen ihrer Populationen. Auch die Artenvielfalt auf den Wiesen und Weiden hat sich stabilisiert und teilweise sogar um das zwei- bis dreifache zugenommen. Ähnliches gilt zum Beispiel für Teile des Siegerlands und des Hochsauerlands, wo Vertragsnaturschutz ebenfalls seit mehr als zehn Jahren praktiziert wird. Professor Schumacher: „Diese Regionen dürften zu den wenigen Kulturlandschaften in Deutschland gehören, in denen eine Trendwende gelungen ist.“

Eines der erfolgreichen Beispiele ist die Geschichte vom „Hängenden Menschen“: Nur 67 Exemplare dieser Orchidee mit dem ungewöhnlichen Namen blühten in den 1970er Jahren auf dem Hühlesberg bei Bad Münstereifel-Iversheim. Heute sind es 2.500 – Tendenz steigend. „Diese beeindruckende Zunahme ist kein Einzelfall, sondern in ähnlicher Form auf fast allen von uns untersuchten Flächen nachweisbar“, betont der Bonner Geobotaniker ProfessorWolfgang Schumacher.

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Einbindung in Gesamtkonzept

Möglich wurde die Erfolgsstory unter anderem auch durch die Bereitschaft des Landes, der Kreise, Gemeinden und der NRW-Stiftung, ihre Flächen zu renaturieren und zu günstigen Preisen zu verpachten. Ebenso wichtig war aber auch die finanzielle Förderung des Vertragsnaturschutzes durch das Land NRW und die Europäische Union. „Das Prinzip ‚Naturschutz durch Nutzung‘ lässt sich aber nur durchhalten, wenn das, was dort wächst, auch im Betrieb verwertet wird“, betont Schumacher. „Diese Integration des Naturschutzes in den landwirtschaftlichen Betrieb ist wesentlicher Bestandteil des Konzepts.“

Umweltminister Eckard Uhlenberg sieht aufgrund dieser Befunde den Vertragsnaturschutz weiterhin auf einem guten Weg. „Der Vertragsnaturschutz in NRW wird auch in Zukunft eine der maßgeblichen Säulen des Naturschutzes bleiben, um unsere heimische Artenvielfalt zu erhalten und zu entwickeln.“ Heute sind es rund 3.600 Hektar. Inzwischen gibt es in den Kreisen Euskirchen, Düren und Aachen mehr als 500 Landwirte, die erfolgreich Vertragsnaturschutz betreiben, teilweise seit mehreren Jahrzehnten. In ganz NRW nehmen ca. 5.200 Landwirte auf mehr als 25.000 Hektar am Vertragsnaturschutz teil.

(Universität Bonn, 19.04.2007 – NPO)

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