Anzeige
Paläontologie

„Jurassic Park“ bekommt Zuwachs

Neue Raubsaurierart im fränkischen Plattenkalk entdeckt

Skelett von Juravenator starki © LMU München

Im Plattenkalk der Fränkischen Alb haben Wissenschaftler das Fossil einer neuen Dinosaurierart entdeckt. Die Relikte des hühnergroßen Raubsauriers sind außergewöhnlich gut erhalten – und lassen auf illustre Verwandtschaft schließen. Dazu gehören etwa, wenn auch etwas entfernt, Tyrannosaurus rex und der erste bekannte Vogel Archaeopteryx. Ein Hautabdruck am Schwanz des Juravenator-Fossils zeigt, dass das Tier – anders als mehrere nahe verwandte Arten – vermutlich nicht befiedert war, was neues Licht auf die Evolution von Federn werfen könnte.

Zwar wird es Juravenator starki wahrscheinlich nie in die Top Ten der bei Vorschulkindern beliebtesten Dinosaurier schaffen, denn er ist weder besonders furchterregend noch tonnenschwer. Für die Wissenschaft ist der Fund, über den Dr. Ursula Göhlich vom Department für Geo- und Umweltwissenschaften der Ludwig- Maximilians- Universität (LMU) in München und ihr amerikanischer Kollege Luis M. Chiappe vom Natural History Museum of Los Angeles in der aktuellen Ausgabe von Nature berichten, dennoch eine Sensation. Denn der weniger als einen Meter große Juravenator gehört zu einer Gruppe von Fleischfressern, den Theropoden, die in der Jurazeit Europas äußerst selten war.

"Als wir vor zwei Jahren mit der Arbeit begannen, war Luis Chiappe und mir schnell klar, dass das Skelett etwas Besonderes ist", berichtet Göhlich. "Schließlich ist es fast vollständig und sehr gut erhalten. Eine echte Überraschung war dann aber, dass auch Weichteile zu sehen sind."

Hühnergroßer Raubsaurier mit Krallenfingern

Juravenator gehört zu den fleischfressenden Raubsauriern auf zwei Beinen, den Theropoden oder Echsenbeckensauriern, die vor mehr als 200 Millionen Jahren entstanden und evolutiv außergewöhnlich erfolgreich waren. Von ihnen stammen auch die heutigen Vögel als nächste lebende Verwandte der Saurier ab. Juravenator etwa ist dem Urvogel Archaeopteryx im Körperbau ähnlich, zeigt vor allem aber große Übereinstimmungen mit dem nahe verwandten Compsognathus.

Die neu entdeckte Art war nur etwa so groß wie ein Huhn mit einem relativ großen Kopf, extrem langen Schwanz und kräftigen Hinterbeinen. Jede Hand an den eher schwächlichen Vorderbeinen trug drei krallenbewehrte Finger unterschiedlicher Länge. Bis auf das fehlende letzte Drittel des Schwanzes ist das Skelett vollständig und auch außergewöhnlich gut erhalten. Einige Merkmale deuten darauf hin, dass es sich um ein Jungtier handelte.

Anzeige

Keine Spur von Federn

Das erhaltene Weichgewebe zeichnet deutlich die Umrisse des Schwanzes nach. Auch die Gewebestruktur und die Oberfläche der Haut sind gut zu erkennen. "Es ist aber keine Spur von Befiederung erhalten", berichtet Göhlich. "Die fossile Überlieferung von Federn ist nur unter sehr günstigen Bedingungen möglich. Wie sich an der Weichteilerhaltung zeigt, ist das Juravenator-Skelett exquisit erhalten. Hätte das Tier Federn gehabt, wären diese also mit hoher Wahrscheinlichkeit auch überliefert worden."

Compsognathus © Early Image

Eine Befiederung an einer anderen Körperstelle kann zwar nicht ausgeschlossen werden, bleibt aber unwahrscheinlich. Auch wenn dies bei Fossilien bislang unbekannt ist, könnte es saisonale Unterschiede – mit extremer Mauser – gegeben haben. Denkbar ist auch, dass nur erwachsene Tiere befiedert waren. "Bei den heutigen Vögeln gibt es Nesthocker, die nackt schlüpfen" so Göhlich. "Dieses Phänomen scheint aber eine sehr späte Erfindung der Evolution zu sein. Andere Vögel haben als Nestflüchter von Anfang an Federn, und das ist auch die einzige bei kreidezeitlichen Vogel-Fossilien bekannte Variante. Ein federtragender Juravenator hätte also wahrscheinlich auch als Jungtier befiedert sein müssen."

Geht man nun davon aus, dass diese Art keine Federn hatte, so befindet sich der "nackte" Juravenator inmitten befiederter, naher Verwandter. Das wiederum eröffnet die Möglichkeit, dass Federn mehr als einmal unabhängig voneinander entstanden sind oder bei bestimmten Arten, etwa Juravenator starki, im Lauf der Evolution wieder verlorengingen.

Name deutet auf Fundort hin

"Juravenator starki", der Name des neu entdeckten Dinosauriers, läßt auf das Tier selbst und den Fundort des Skeletts rückschließen. So steht "Jura" für die Jurazeit und die Fränkische Alb, auch Fränkischer Jura genannt. Die Gesteine dieses Mittelgebirges wurden in der Jurazeit abgelagert, in der auch der Dinosaurier lebte. "Venator" ist lateinisch für "Jäger" und deutet die räuberische Lebensweise des Tieres an, während "starki" den Steinbruch der Familie Stark, in dem das Fossil entdeckt wurde, verewigt.

Das Skelett stammt aus Plattenkalken bei Schamhaupten im Altmühltal, wo schon mehr als eine wissenschaftliche Sensation geborgen wurde. Die Gegenden um Eichstätt und Solnhofen gehören zu den wichtigsten Fundstätten weltweit. Fossilien kommen im Plattenkalk nicht übermäßig häufig vor, sind oft aber sehr gut und in manchen Fällen sogar mit Weichteilen erhalten. Die Funde des Solnhofener Plattenkalks etwa sind ausgesprochen spektakulär und zeigen, wie vielfältig das Leben im späten Jura war.

(Universität München, 16.03.2006 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Bändereisenerz

Ur-Magnetfeld ohne festen Erdkern?

Krebs kann auch ohne DNA-Mutation entstehen

Waffentruhe eines mittelalterlichen Flaggschiffs geöffnet

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Saurier - Ammoniten - Riesenfarne - Deutschland in der Kreidezeit von Harald Polenz und Christian Späth

Messel - Ein Pompeji der Paläontologie von Wighart von Koenigswald und Gerhard Storch

Als Deutschland am Äquator lag - Eine Reise in die Urgeschichte von Volker Arzt

Top-Clicks der Woche