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Wie Deutschland den Bach runter geht

Im Kampf gegen die Bodenerosion

Grabenerosion auf einer gerade bestellten Rapsfläche © Monika Frielinghaus

Die Erosion des Bodens durch Wind und Wasser ist zunehmend ein Problem, da selbst in Europa mittlerweile rund die Hälfte aller nutzbaren Flächen betroffen ist. Im Extremfall verursacht die Erosion sogar Nutzungseinbußen in der Landwirtschaft von bis zu 70 Prozent. Schuld hieran tragen sowohl die nicht standortangepasste Nutzung des Bodens als auch die Schaffung großer vegetationsarmer Flächen. Zwar gibt es in Deutschland seit einigen Jahren das Bundesbodenschutzgesetz, doch dessen Umsetzung in die Praxis gilt als nicht immer zufriedenstellend.

Ob Landwirtschaft, Viehzucht oder Holzwirtschaft: Ohne Böden gäbe es auf unserer Erde wohl kaum menschliches Leben. Doch obwohl die fruchtbaren Ackerflächen zurzeit mehr als 6,5 Milliarden Menschen ernähren, ist der Anteil der eisfreien und somit kulturfähigen Böden an der Gesamtfläche der Erde mit circa 25 Prozent relativ klein Zunehmend problematisch ist die Erosion des Bodens durch Wind und Wasser bis hin zu seinem vollständigen Abtrag. Paradoxerweise sind hierfür vor allem die intensive ackerbauliche Nutzung selbst sowie weitere Eingriffe des Menschen in die Natur wie das Abholzen der Wälder schuld.

Vom Winde verweht…

So sind allein in Europa mehr als die Hälfte aller nutzbaren Flächen durch Wassererosion und schätzungsweise 19 Prozent durch Winderosion gefährdet. Was auf diese Weise innerhalb kürzester Zeit sprichwörtlich den Bach runtergehen oder vom Winde verweht werden kann, braucht je nach Klima und Ausgangsmaterial mehrere tausend Jahre zur Neubildung. So sind die heutigen Böden Mitteleuropas das Ergebnis eines langen Prozesses, der mit Ende der letzten Eiszeit vor rund 10.000 Jahren begann.

Schema der Bodenbildung seit dem Ende der letzten Eiszeit (A) und Schema der Bodendegradierung seit Beginn der landwirtschaftlichen Nutzung (B) © Monika Frielinghaus

Der natürliche Schutzschild des Bodens gegenüber der Erosion ist die Vegetation. Denn treffen Regentropfen beispielsweise auf ein Blatt, so wird die Wucht des Aufpralls abgebremst. Das Wasser rinnt entweder am Stängel langsam zu Boden oder fällt aus geringer Höhe hinunter, ohne großen Schaden anzurichten. Fehlt hingegen diese schützende Pflanzenschicht ganz oder in Teilen, so können Wind und Wasser ungehindert die Bodenpartikel abtragen. Hinzu kommt der Bodenverlust durch das oberflächlich abfließende Wasser. Dabei gilt: je steiler das Gelände, desto höher die Erosionswirkung.

So haben Wissenschaftler berechnet, dass Deutschland auf einem Viertel seiner Fläche innerhalb der vergangenen 1.200 Jahre rund einen halben Meter Boden durch die Erosion „verloren“ hat. Neben diesen Langzeitfolgen sind aber vor allem die Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit und damit auf die Nahrungsmittelerzeugung für die Menschen besorgniserregend. Durch langjährige Messungen haben Forscher festgestellt, dass die Erosion zu erheblichen Verlusten an fruchtbarem Bodenmaterial und einer Reduzierung der durchwurzelbaren Bodenzone führt. Dies kann im Extremfall die landwirtschaftlichen Erträge um rund 70 Prozent reduzieren.

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Gleichzeitig verringert sich aber auch die Speicherkapazität des erodierten Bodens für Wasser, was unter Beachtung des Aspekts der Klimaänderung noch gravierendere Folgen haben kann. Neuerdings gibt es auch alarmierende Ergebnisse zur Staubbelastung der Bevölkerung, da ein noch nicht erforschter Anteil des Feinstaubes auf Winderosion zurückzugehen scheint.

Verpflichtung und Möglichkeiten zum Bodenschutz

Die Anpflanzung von Feldhecken bremst sowohl den Wasserabfluss als auch den Wind und unterstützt somit den Bodenschutz durch Pflanzenbedeckung. © Monika Frielinghaus

Um diese negativen Folgen besser kontrollieren oder verhindern zu können, wurde in Deutschland im Jahre 1998 das Bundesbodenschutzgesetz und ein Jahr später die Bundesbodenschutzverordnung verabschiedet. Sie erheben den Boden zu einem schützenswerten Gut und beinhalten Regelungen für die Gefahrenabwehr sowie für die gute fachliche Praxis zur Vorsorge. Da mit der Bodenerosion oft auch Stoffausträge in Gewässer oder wertvolle Biotope verbunden sind, zwingen die Wasserrahmenrichtlinie der EU sowie das Bundesnaturschutzgesetz ebenfalls zum Handeln.

Doch trotz dieser guten Ansätze bleibt nach Ansicht von Monika Frielinghaus vom Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. Müncheberg noch einiges zu tun. Denn obwohl die rechtlichen Rahmenbedingungen vorhanden sind, ist die Umsetzung noch nicht zufriedenstellend, so Frielinghaus. Sie bemängelt vor allen Dingen das fehlende Bodenbewusstsein in den reichen Industrieländern. Gegenwärtig wird daher an einer neuen umweltbewussten Förderpraxis der EU (cross compliance) gearbeitet, die auf erosionsgefährdeten Flächen vorrangig auf eine Erhöhung der Bodenbedeckung und auf eine bessere Flurgestaltung gerichtet ist.

Zum Weiterlesen:

Karte weltweiter Bodenerosion

UNEP, World Food Summit

PDF, 228 kB

Handbuch des Bodenschutzes

Blume. H.-P. (Hrsg.) (2004)

800 Seiten; ecomed Verlag

Preis: 128,00 Euro

Landschaftsentwicklung in Mitteleuropa

Bork, H.-R., Bork, H., Dalchow, C., Faust, B. et al (1998)

328 Seiten – Klett Verlag

Preis: 27,90 Euro

(Monika Frielinghaus/ZALF, 24.02.2006 – AHE)

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