Forscher der Universitäten Greifswald und Rostock haben im Rahmen eines dreijährigen Forschungsprojektes unter anderem in Miesmuscheln und Schwämmen neue medizinische Wirkstoffe aufgespürt. Sie sollen in Zukunft beispielsweise dabei helfen, Infektionen zu bekämpfen oder innere Wunden zu heilen.
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Im Rahmen des Vorhabens „Neue Wirkstoffe und Biomaterialien“ beschäftigten sich die Greifswalder Pharmakologin Professor Ulrike Lindequist und der Mikrobiologe Professor Frieder Schauer mit der Suche nach neuen Wirkstoffen aus marinen Organismen.
Dazu wurden in Kooperation mit dem Institut für Marine Biotechnologie in Greifswald über 300 Algen, Pilze, Muscheln, Schnecken und Würmer untersucht, aus denen verschiedene Wirkstoffe isoliert und chemisch definiert wurden. Die gewonnenen Substanzen wurden anschließend auf ihre Wirkung gegen Krankheitserreger (Viren, Bakterien, Pilze), gegen Tumorzellen sowie auf Knochenzellen (Osteoporose-Schutz), Hautzellen und verschiedene Enzyme geprüft.
Die Wissenschaftler entdeckten dabei mehrere hochaktive neue Substanzen aus marinen Organismen. Diese wurden daraufhin in Rostock analysiert, nachsynthetisiert und in größeren Mengen hergestellt. In Greifswald erfolgte gleichzeitig die Charakterisierung der Wirkungsmechanismen und die weitere Variierung der Struktur. Im Rahmen des Forschungsprojektes konnten die Wissenschaftler auf diesem Weg ein neues, international patentiertes Verfahren entwickeln, bei dem Enzyme aus holzzerstörenden Pilzen (Zinnoberschwamm – Pycnoporus cinnabarinus) zum Einsatz kommen. Ein erstes Präparat zur speziellen Anwendung auf der Haut steht kurz vor der Markteinführung.
Proteinkleber heilt innere Wunden
Darüber hinaus entstand eine neue Technologie zur Herstellung eines biologisch abbaubaren Proteinklebers, der dem sehr wirksamen Klebstoff der Miesmuschel nachempfunden ist. Der Proteinkleber ist im Grunde selbst kein marines Produkt. Die Wissenschaftler haben ihn jedoch der Natur „abgeschaut“, indem ähnliche Proteinanteile, wie sie in den Klebstoffen der Miesmuscheln (die sehr fest am Holz anhaften können) vorkommen, im Labor nachsynthetisiert wurden. Er ist also eine künstliche und vereinfachte Version eines natürlichen marinen Produktes, des Muschelklebers.
Die im Labor künstlich produzierten Peptide haben aber im Vergleich zu den originalen Muschelklebern zunächst noch eine zu geringe Klebkraft. Diese wird dann erst durch den Einsatz von Enzymen aus den holzzerstörenden Pilzen – Zinnoberschwamm oder Schmetterlings-Tramete -, die zu einer weiteren Vernetzung der Peptide führen, deutlich erhöht. Der neue Proteinkleber soll nach einer Verträglichkeitsprüfung schon bald für das Verheilen von inneren Wunden nach chirurgischen Eingriffen oder von verletzten Knochenteilen eingesetzt werden.
(idw – Universität Greifswald, 04.01.2006 – DLO)