Pflanzensamen bestehen zu einem großen Teil aus dem so genannten Endosperm. Dieses versorgt den pflanzlichen Embryo in der ersten Zeit seiner Entwicklung mit Nahrung. Embryo und Endosperm der Blütenpflanzen gehen aus einem komplizierten Doppel-Befruchtungsmechanismus hervor und entwickeln sich gemeinsam zum reifen Samen. Doch wie dies genau abläuft und wie die beiden Samenteile miteinander kommunizieren war bisher unbekannt. Kölner Forscher haben dieses Rätsel jetzt gelöst und Signale zwischen dem pflanzlichen Embryo und seinem Nährgewebe entdeckt.
Zunächst sind die Samenanlagen der Blütenpflanzen in ein Fruchtblatt-Gehäuse eingeschlossen. Der Pollen landet auf der Narbe der Blüte, bildet einen Pollenschlauch aus, und befruchtet danach mit jeweils einer seiner beiden Spermienzellen die Eizelle, aus der der Embryo hervorgeht, und die Zentralzelle, aus der das Nährgewebe erwächst. Diese doppelte Befruchtung ist das Markenzeichen aller Blütenpflanzen.
Mutante mit veränderten Pollen
Wissenschaftler um Arp Schnittger vom Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung und der Universität zu Köln haben eine Mutante der Modellpflanze Arabidopsis thaliana mit verändertem Pollen gefunden, cdc2-Mutante genannt. Durch eine fehlende Zellteilung bilden diese cdc2-Pflanzen Pollen mit nur einer einzigen anstelle von zwei Spermazellen. Wie die Forscher in der neuesten Online-Ausgabe von Natur Genetics berichten, gingen sie nun der Frage nach, ob es durch den veränderten Pollen überhaupt zu einer Befruchtung kommen kann.
Es stellte sich heraus, dass der mutante Pollen tatsächlich lebensfähig ist und sogar zum weiblichen Partner wachsen kann. Dort angelangt verschmilzt die einzige Spermazelle des cdc2-Pollen immer nur mit der Eizelle und nicht mit der Zentralzelle. Dies zeigt eine bisher noch nicht entdeckte Hierarchie beim Befruchtungsvorgang bei Arabidopsis.
Ergebnisse wichtig für Pflanzenzüchtung
Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler eine weitere erstaunliche Beobachtung machen: Obwohl die Zentralzelle unbefruchtet blieb, begann sich das Nährgewebe zu entwickeln. Die Forscher schlussfolgerten, dass kurz nach der Befruchtung der Eizelle ein positives Signal an die Umgebung abgegeben wird, das für ein normales Wachstum des Endosperms notwendig zu sein scheint.
Da durch die cdc2-Mutante der Vorgang der Doppelbefruchtung genetisch zerlegt werden kann, eröffnet diese Mutante bisher ungeahnte Möglichkeiten, um die Entwicklung des Endosperm und des Embryos im Samen zu untersuchen. In den nächsten Monaten wollen die Forscher vor allem herausfinden, wie das Signal genau funktioniert und welche chemische Substanz sich dahinter verbirgt.
„Die Aufklärung des Mechanismus der Doppelbefruchtung bei Blütenpflanzen und die frühe Samenentwicklung sind besonders auch im Kontext der Pflanzenzüchtung interessant“, sagt Arp Schnittger. „Denn eine Vermehrung ohne Befruchtung wäre für viele Züchtungen vorteilhaft.“
(idw – MPG, 05.12.2005 – DLO)