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Astronomie

Wie schwer kann ein Neutronenstern werden?

Astronomen errechnen Massen-Obergrenze für exotische Sternenreste

Neutronensterne sind nur rund zwölf Kilometer groß, aber schwerer als die Sonne. Wo ihre Massen-Obergrenze liegt, haben Astronomen jetzt ermittelt. © Casey Reed/ Penn State University

Wann droht der Kollaps? Wird ein Neutronenstern zu schwer, kollabiert er zu einem Schwarzen Loch. Doch wo diese Massen-Obergrenze für diese exotischen Sternenreste liegt, haben Astronomen erst jetzt aufgeklärt. Demnach droht der Kollaps eines nicht-rotierenden Neutronensterns schon ab 2,16 Sonnenmassen. Die entscheidenden Daten zu dieser Erkenntnis lieferte die 2017 beobachtete Neutronenstern-Kollision.

Neutronensterne gehören zu den dichtesten Objekten im Universum: Typischerweise sind sie zwar nur rund zehn bis zwölf Kilometer groß, haben aber bis zur doppelten Masse der Sonne. Die Materie in ihnen ist so stark komprimiert, dass ein Teelöffel voll davon Milliarden Tonnen wiegen würde. Entsprechend groß sind auch die Gravitationskräfte dieser exotischen Objekte. Der Druck in ihren Inneren lässt sogar Elektronen und Protonen zu Neutronen verschmelzen – daher der Name.

Wo liegt die Obergrenze?

Doch wie groß und schwer kann ein Neutronenstern werden? Über diese Frage rätseln Astronomen schon seit den 1960er Jahren. Zwar ist bekannt, dass diese Objekte nicht beliebig zulegen können. Denn wird eine bestimmte Massengrenze überschritten, führt die enorme Gravitation zum Kollaps – und es entsteht ein Schwarzes Loch.

Jetzt ist es Luciano Rezzolla und seinem Team von der Goethe-Universität Frankfurt erstmals gelungen, eine obere Grenze für diese maximale Masse von Neutronensternen zu berechnen. Grundlage dafür bildeten Zustandsgleichungen, die die gegenseitige Abhängigkeit von Druck, Volumen und Temperatur in diesen Objekten beschreiben. Bereits 2016 hatten die Forscher entdeckt, dass Neutronensterne dabei einer Art universeller Regel folgen.

Simulation der Gravitationswellen von einem kollabierenden Neutronenstern. © Luciano Rezzolla

Durchbruch dank Neutronenstern-Kollision

Den entscheidenden Durchbruch aber brachte den Astronomen die erste Beobachtung einer Neutronenstern-Kollision im August 2017. Die Eigenschaften der dabei registrierten Gravitationswellen und der elektromagnetischen Strahlung lieferten den Forschern die entscheidenden Informationen, um in Kombination mit den Zustandsgleichungen auf die Massen-Obergrenze zu schließen.

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„Das Schöne an theoretischen Studien ist, dass sie Vorhersagen treffen können. Die Theorie ist aber zwingend auf Experimente angewiesen, um einige ihrer Unsicherheiten zu minimieren“, sagt Rezzolla. Und die Neutronenstern-Kollision war genau das kosmische Experiment, das die Astronomen benötigten.

Kollaps ab 2,16 Sonnenmassen

Das Ergebnis: Viele der bisher beobachteten Neutronensterne bewegen sich schon sehr nahe an ihrem Limit. Denn den neuen Berechnungen nach kann die Maximalmasse von nicht-rotierenden Neutronensternen 2,16 Sonnenmassen nicht überschreiten. Nimmt sie dennoch zu, kollabiert der Sternenrest. Allerdings: Rotiert der Neutronenstern – beispielsweise als Pulsar – dann wirkt die Fliehkraft der Gravitation entgegen. Er kann dann noch rund 20 Prozent schwerer werden, bevor der Kollaps droht, wie die Forscher erklären.

Bisher bleibt bei der neuen Massen-Obergrenze eine Unsicherheit von wenigen Prozent. Die Astronomen hoffen aber, diese möglichen Abweichungen durch die künftige Beobachtung noch weiterer Neutronenstern-Kollisionen weiter verringern zu können. (The Astrophysical Journal Letters, 2018; doi: 10.3847/2041-8213/aaa401)

(Goethe-Universität Frankfurt am Main, 12.01.2018 – NPO)

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