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Biologie

Hunde: Menschenliebe liegt in ihren Genen

Erbgut der Hunde enthält hypersozial machende Mutationen

Der Wolf ist zwar sozial, aber weitaus weniger menschenbezogen und anhänglich als der Hund. © Monty Sloan

Soziale Gene: Hunde sind genetisch dazu prädisponiert, die Nähe des Menschen zu suchen und sich hypersozial zu verhalten. Das enthüllt ein DNA-Vergleich von Hund und Wolf. Im Erbgut der Hunde ist demnach eine Genregion verändert, die offenbar eine entscheidende Rolle für das Sozialverhalten spielt: Die gleiche Genregion löst beim Menschen eine durch übertriebene Anhänglichkeit und kindliches Verhalten gekennzeichnete Erbkrankheit aus.

Kein anderes Tier ist so auf den Menschen eingestellt wie der Hund: Er erkennt unsere Stimmung an unserem Lächeln und an der Tonlage unserer Äußerungen, lässt sich von unserem Gähnen anstecken und kann sich sogar in uns hineinversetzen. Für unser Lob lassen viele Hunde sogar ihr Futter stehen.

Aber warum? Was machte den Hund im Laufe seiner Domestikation so extrem sozial und dem Menschen zugewandt? Um diese Frage zu klären, haben Bridgett vonHoldt von der Princeton University und ihre Kollegen erstmals gezielt nach einer genetischen Basis für dieses extrem soziale Verhalten der Hunde gesucht.

Drang zur Nähe

Für ihre Studie verglichen sie zunächst noch einmal das Verhalten von 18 Haushunden und zehn an den Menschen gewöhnten Wölfen. Ähnlich wie schon in früheren Tests zeigte sich, dass Wölfe hartnäckige und gute Problemlöser sind, während Hunde sich schon nach wenigen Versuchen hilfesuchend an den Menschen wenden. Sie suchen zudem gezielt den Blick und die Gesellschaft selbst fremder Menschen.

Ein Herz und eine Seele: Spezielle Genveränderungen machen den Hund offenbar so hypersozial © altrenedo/ iStock.com

„Darin scheint der entscheidende Unterschied zu liegen: Die Hunde richten ihren Blick anhaltend auf den Menschen und wollen so lange wie möglich in ihrer Nähe sein“, sagt Koautorin Monique Udell von der Oregon State University. „Das geht weit über das hinaus, was man normalerweise vom Sozialverhalten adulter Tiere erwarten würde. Stattdessen erinnere diese extreme Zugewandtheit eher dem Verhalten von Kindern.

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Ähnlichkeit mit Erbkrankheit

Genau dies lieferte den Forschern einen entscheidenden Hinweis. Denn beim Menschen gibt es eine Erbkrankheit, die zu übertriebener, kindlicher Anhänglichkeit, einem hyposozialen Verhalten und geistigen Einbußen führt: das Williams-Beuren-Syndrom. Von ihm ist bekannt, dass es durch eine Genveränderung auf dem sechsten Chromosom ausgelöst wird.

Der Verdacht der Wissenschaftler: Könnte das hypersoziale Verhalten der Hunde im Vergleich zum Wolf vielleicht auf Mutationen im gleichen Genkomplex zurückgehen? Um das zu überprüfen, führten die Genanalysen bei ihren 18 Hunden und zehn Wölfen durch.

Auffallende Genveränderungen

Und tatsächlich: Bei den Hunden entdeckten die Forscher zahlreiche Einfügungen und Veränderungen in der Genregion, die beim Menschen das Williams-Beuren-Syndrom verursacht. Bei den Wölfen fehlten dagegen die meisten dieser sogenannten Transposons. „Das spricht dafür, dass die gleiche Genregion, die dieses Syndrom bei uns auslöst, für die hypersoziale Verhalten der Haushunde verantwortlich ist“, konstatieren vonHoldt und ihre Kollegen.

Die Domestikation veränderte demnach nicht nur äußerlich das Verhalten der Hunde, sondern auch ihre Gene. Weil unsere Vorfahren gezielt die Hunde zur Zucht auswählten, die dem Menschen gegenüber besonders freundlich und willig waren, blieben die entsprechenden Mutationen im Erbgut erhalten und reicherten sich sogar an.

„Wir haben damit kein ‚Sozialgen‘ gefunden“, betont vonHoldt. „Aber es ist eine wichtige genetische Komponente, die die Persönlichkeit der Tiere prägt und die den Prozess der Domestikation vom wilden Wolf zum zahmen Haushund förderte“, so die Forscherin. (Science Advances, 2017; doi: 10.1126/sciadv.1700398)

(Princeton University, 20.07.2017 – NPO)

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