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Genetik

Was macht Spitzensportler schneller als andere?

Forscher sehen mit neuen Mikroskopen Muskeln bei der Arbeit zu

Usain Bolt führt das Sprint-Team Jamaikas im 4x100 Meter-Staffelfinale der Männer bei der Leichtathletik-WM 2015 in Peking zum Sieg. © dpa-picture alliance/AP

Neue Einblicke: Ein Blick tief in den Muskel könnte eines der Geheimnisse von Spitzensportlern wie Usain Bolt lüften. Denn erstmals haben Forscher den Komplex der Aktin- und Myosin-Filamente im Muskel mittels Elektronenmikroskopie hochaufgelöst sichtbar gemacht – und dabei auch erste Blicke auf die Grenzflächen dieser Proteine geworfen. Diese könnten beeinflussen, wie gut der Muskel arbeitet und damit Spitzenleistungen im Sport, aber auch Muskelerkrankungen erklären.

Spitzensportler sind ein Phänomen. Sie erzielen Leistungen, welche weit über den Durchschnitt liegen. So ist zum Beispiel der Sprinter Usain Bolt in der Lage, auf hundert Metern Spitzengeschwindigkeiten von über 45 Kilometern die Stunde zu erreichen und so Rekorde erzielen. Stefan Raunser vom Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund hat sich zusammen mit seinem Forschungsteam mit der Frage beschäftigt, wie die Muskulatur in solchen Fällen arbeitet. Dafür beobachteten sie mithilfe eines Elektronenmikroskops die Muskelproteine einzelner Gewebeproben.

Moderne Technologie

„Mit der Kryo-Elektronenmikroskopie können wir natürliche Veränderungen von Muskelproteinen beobachten“, erklärt Raunser. Die Kryo-Elektronenmikroskopie erlaubt die Analyse komplexer Proteinstrukturen. Dazu werden Proteinkomplexe mithilfe von Helium auf -260 Grad Celsius runtergekühlt, um die Ursprungsform der Proteine zu erhalten. „Damit könnten wir auch herausfinden, ob sich das Zusammenspiel der Proteine bei Usain Bolt von dem bei anderen Menschen unterscheiden.“

Dabei stellten die Forscher fest, dass der Grund für die hohe Muskel-Leistungskraft der Sportler ein besonders optimales Zusammenspiel der Proteine Aktin und Myosin in den Muskelfasern ist. Das Protein Aktin bildet lange, fadenartige Stränge im Muskel und macht 20 Prozent des Gewichts der Muskulatur aus. An diesen Strängen setzt das Motorprotein Myosin an und wandelt chemische Energie in Bewegung um.

Blick auf die Grenzfläche

„Myosin-Moleküle benutzen das Aktin wie eine Schiene“, erklärt Julian von der Ecken, Doktorand in Stefan Raunsers Gruppe. „Wenn mehrere Millionen Myosin-Moleküle gleichzeitig auf diesen Schienen fahren, zieht sich der Muskel zusammen.“

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Auf den Bildern seines Elektronenmikroskops kann Stefan Raunser (links) selbst winzigste Details im Zusammenspiel der Muskelproteine erkennen. © MPI f. molekulare Physiologie

Mit Hilfe ihrer neuen Mikroskope konnten die Forscher erstmals die Schnittstelle eines Aktin-Myosin-Komplexes genauer untersuchen. Dabei stellten sie fest, dass diese hauptsächlich durch hydrophobe Wechselwirkungen stabilisiert wird. Interessant ist dabei, dass die Myosin-Struktur sich in Abwesenheit von Aktin-Filamenten nicht verändert. Diese nehmen demnach nur einen geringen Einfluss auf das Myosin.

Wichtig für Muskelerkrankungen und Sportler

Durch die Untersuchung der Aktin-Myosin-Grenzflächen lassen sich auch genetisch bedingte Muskelerkrankungen teilweise erklären: Bei diesen arbeiten Aktin und Myosin nicht mehr ausreichend zusammen, worauf die Muskulatur geschwächt ist. Die Forscher vermuten, dass dafür Veränderungen an den Grenzflächen der beiden Muskelproteine eine Rolle spielen. So konnten sie mit ihrer Forschung zeigen, dass sich viele genetisch bedingte Veränderungen in einem kritischen Bereich befinden, der essentiell für die Ausbildung der Grenzflächen zwischen Muskelproteinen ist.

Veränderungen dieser Grenzflächen könnten aber auch dazu führen, dass die Aktin- und Myosin-Moleküle beispielsweise bei Usain Bolt und anderen Sportlern besonders gut miteinander interagieren und die Muskulatur dadurch leistungsfähiger wird.

Die Wissenschaftler stehen jedoch noch ganz am Anfang ihrer Forschung. Weil die Kontraktion eines Muskels enorm schnell abläuft, müssen sie den kompletten Ablauf ihrer Untersuchung in mehrere Schritte unterteilen. „Trotzdem können unsere Ergebnisse als Grundlage zur Erforschung neuer Medikamente genutzt werden“, schließt Raunser. (nature, 2016; doi:10.1038/nature18295)

(Max-Planck-Gesellschaft, 25.07.2016 – TKR)

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