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Biologie

Schweinswale sind „Fressmaschinen“

Hoher Futterbedarf macht die Meeressäuger besonders sensibel gegenüber ökologischen Störungen

Ein Schweinswal beim Fangen eines kleinen Fisches © Fjord & Belt

Rekordverdächtiger Fischkonsum: Die an unseren Küsten häufigen Schweinwale sind echte Dauerfresser. Sie jagen und vertilgen im Durchschnitt rund 550 Fische pro Stunde – und das müssen diese Wale auch. Denn ihr Stoffwechsel läuft so auf Hochtouren, dass sie ständig Futternachschub benötigen, wie Forscher im Fachmagazin „Current Biology“ berichten. Das macht sie besonders anfällig gegenüber ökologischen Störungen.

Der bis zu 1,80 Meter lange Schweinswal ist der mit Abstand häufigste Wal in Nord- und Ostsee. Doch die Überfischung, Wasserverschmutzung, der zunehmende Unterwasser-Lärm, aber auch Umweltgifte lassen die Populationen der Schweinswale schrumpfen. Vor allem im Sommer kommt es zudem immer wieder zu Massenstrandungen von Jungtieren dieser Walart.

Beim Beutefang belauscht

Danuta Wisniewska von der Universität Aarhus und ihre Kollegen haben nun einen der Gründe identifiziert, warum die Schweinswale so sensibel auf Störungen ihres Ökosystems reagieren: Sie benötigen extrem viel Futter – und das ständig. Für ihre Studie hatten die Forscher fünf Schweinswale mit Miniatursensoren ausgerüstet, die kontinuierlich die Echoortungslaute der Wale und deren von der Beute zurückgeworfenen Echos aufzeichneten.

„Dies ist das erste Mal, dass wir gleichzeitig messen konnten, wie ein Meeressäuger jagt und wie erfolgreich er dabei ist“, erklärt Wisniewska. Denn anhand der Sonarlaute ließ sich feststellen, ob der Wal den Fisch fing oder ob dieser entwischte. „Schweinwale erzeugen hunderte von Klicks pro Sekunde, wenn sie sich der Beute nähern und die zurückkommenden Echos liefern uns unglaubliche Details über die Beute und darüber, was gerade passiert.“

Im Vergleich zu anderen Walarten sind die Schweinswale mit maximal 1,80 Meter Länge eher schmächtig. Hier ein Schweinswal vor der dänischen Küste. © Erik Christensen/ CC-by-sa 3.0

550 Fische pro Stunde

Das erstaunliche Ergebnis: Schweinswale fressen nicht nur enorm viel Fisch, sie sind auch überraschend erfolgreiche Jäger. „Die Schweinwale jagen ihre Beute, typischerweise Fische kleiner als fünf Zentimeter, nahezu kontinuierlich Tag und Nacht“, berichtet Wisniewska. „Dabei fangen sie bis zu 550 Fische pro Stunde, manchmal sogar mehr als zehn Fische pro Minute.“

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Damit sind Schweinwale echte „Fressmaschinen“. „Wir waren überrascht darüber, wie effizient diese kleinen Meeresräuber sind“, sagt die Biologin. Denn die Wale hatten bei ihrer Beutejagd eine Erfolgsrate von mehr als 90 Prozent und fingen dadurch pro Tag bis zu 3.000 Fische. „Das bedeutet, dass die Schweinswale zu den erfolgreichsten tierischen Jägern überhaupt gehören“, so Wisniewska.

Wenig Raum für Kompensation

Auch wenn das ständige Fressen nach Überfluss klingt – für die Schweinswale ist es eine existenzielle Notwendigkeit. Denn wie die Forscher erklären, sorgen das kalte Wasser ihres Lebensraums und ihre im Vergleich zu anderen Walen relativ geringe Größe dafür, dass die Schweinswale viel Energie verbrennen. Im Durchschnitt ist ihre Stoffwechselrate zwei bis dreimal höher als bei gleichgroßen landlebenden Säugetieren. Sie sind daher auf ständigen Nahrungsnachschub angewiesen.

Das aber bedeutet auch, dass alles, was ihren Futternachschub stört, ihr Überleben ernsthaft gefährden kann. „Dies lässt ihnen nur wenig Raum, um Veränderungen in ihrer Umwelt zu kompensieren“, erklären die Forscher. „Selbst ein geringes Maß an anthropogenen Störungen in den vielgenutzten Flachwassergebieten, die sie mit dem Menschen teilen, können für sie schwerwiegende Folgen haben.“

Beobachtungen zeigen, dass ein Schweinwal innerhalb von einer Woche verhungern kann, wenn er nicht genügend Futter bekommt. Hinzu kommt, dass diese Wale sich auf sehr kleine Fische spezialisiert haben. Sind von diesen nicht mehr genügend vorhanden, beispielsweise weil sie wegen zu warmen oder schmutzigen Wassers abwandern oder sterben, dann können die Schweinswale kaum auf andere Beute zurückgreifen. (Current Biology, 2016; doi: 10.1016/j.cub.2016.03.069)

(Cell Press, 30.05.2016 – NPO)

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