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Zoologie

Bleimunition vergiftet den größten Vogel Nordamerikas

Schwermetall macht Kalifornische Kondore krank und gefährdet das Überleben der Art

Ein Kalifornischer Kondor kreist über der kalifornischen Küste bei Big Sur. © Joe Burnett

Eine chronische Bleivergiftung bedroht den seltensten und größten Vogel Nordamerikas, den Kalifornischen Kondor. Schuld daran ist Bleimunition in der Nahrung dieser Geier-Art, den Kadavern großer Säugetiere. Das haben US-amerikanische Forscher bei Blutuntersuchungen der weniger als 200 noch freilebenden Kondore festgestellt. Jeder fünfte von ihnen habe so viel Blei im Blut, dass er ohne Entgiftung erkranken und sterben würde. Rund ein Drittel der majestätischen Geiervögel leide unter chronischen Vergiftungserscheinungen, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“. Würde man die Kalifornischen Kondore nicht ständig nachzüchten und kranke Tiere entgiften, könnten sie innerhalb weniger Jahrzehnte endgültig aussterben.

„Der Kalifornische Kondor ist seit mehr als 30 Jahren ein Symbol für eine Umwelttragödie und den Triumph des Artenschutzes“, schreiben Myra Finkelstein von der University of California in Santa Cruz und ihre Kollegen. 1982 existierten weltweit nur noch 22 Einzeltiere weltweit, diese Kondor-Art stand kurz vor dem Aussterben. Um dies zu verhindern, wurden die verbleibenden Exemplare eingefangen, zur Zucht genutzt und die Jungtiere nach und nach wieder ins Freiland ausgewildert. Heute gebe es wieder rund 400 von diesen Geiervögeln, die Hälfte davon in Zuchtstationen oder Zoos, sagen die Forscher. Diese Erholung der Population gelte als großer Erfolg.

Ein in Zentral-Kalifornien freilebender Kalifornischer Kondor, er ist einer von weniger als 200 freilebenden Vögeln dieser Art weltweit. © Daniel George

Freude über Rettung des Kondors ist verfrüht

Doch die Freude über die Rückkehr der wilden Kondore nach Kalifornien ist verfrüht, wie die Studie jetzt zeigt: Im Blut der freilebenden Geiervögel fanden die Forscher bis zu 6.100 Nanogramm Blei pro Milliliter (ng/mL). „Und diese Werte könnten bei einigen Tieren für kurze Zeit sogar noch bis zu 14-fach höher liegen“, sagen Finkelstein und ihre Kollegen. Zum Vergleich: Ab einem Gehalt von 450 ng/mL empfiehlt die US-amerikanische Seuchenbehörde Centers für Disease Control and Prevention (CDC) bei Kindern eine Entgiftung. Dieser Grenzwert werde bei rund 30 Prozent der freilebenden Kondore überschritten.

Aber auch bei Kondoren mit deutlich niedrigeren Bleiwerten von 200 ng/mL habe man bereits deutliche Anzeichen für chronische Gesundheitsschäden durch das Schwermetall festgestellt, sagen die Forscher. Das Gift blockiere bei diesen Tieren ein Enzym, das für die Produktion der roten Blutkörperchen entscheidend sei.

Weibchen eines Kalifornischen Kondors mit ihrem Jungen im Nest; nur 24 jungen Kondore sind seit 1982 im Freiland geschlüpft, 160 weitere wurden in Zuchtstationen aufgezogen du dann ausgewildert. © Gavin Emmons

Blei stammt aus Schrot und Kugeln von Jägern

Analysen des Bleis im Blut der Kondore zeigten, dass der Großteil des Schwermetalls aus Bleimunition stammt: Schrot oder Kugeln, mit denen Jäger auf Wildtiere schießen. Bleibt das bleiverseuchte Aas liegen, fressen es die Kondore. Die Bleiwerte im Blut der Vögel bleiben als Folge einer solchen Mahlzeit mindestens einen Monat lang gesundheitsgefährdend hoch und können sogar zum Tod der Tiere führen, wie die Forscher erklären.

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Seit einigen Jahren sei es in Kalifornien teilweise verboten, Bleimunition in den Lebensräumen des Kondors einzusetzen, berichten Finkenstein und ihre Kollegen. Die Untersuchungen hätten aber keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass diese Einschränkungen Wirkung zeigten. Die Bleigehalte im Blut der Kondore seien auch seit 2009 nicht zurückgegangen. „Selbst wenn nur einige wenige Personen noch immer Bleimunition nutzen, gibt es dadurch genügend verseuchte Kadaver um eine große Zahl Kondore zu vergiften“, sagt Finkelstein. Nach Ansicht der Forscher wird es niemals eine stabil überlebende Kondor-Population geben, wenn dieses Problem nicht gelöst wird. (doi: 10.1073/pnas.1203141109)

(Proceedings of the National Academy of Sciences, 26.06.2012 – NPO)

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