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Biotechnologie

Stammzellen: Geheimnis der asymmetrischen Teilung enthüllt

Neue Erkenntnisse zum genetischen Programm der Differenzierung

Wissenschaftler der Universitätsklinik Heidelberg ist es gelungen, Einblicke in das genetische Programm der asymmetrischen Teilung von Blutstammzellen zu erhalten. Sie ist einer der grundlegenden Bausteine der Differenzierung und damit Voraussetzung für einen therapeutische Einsatz der Zellen

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Die asymmetrische Zellteilung ist eine besondere Fähigkeit von Stammzellen. Wenn Stammzellen sich teilen, entstehen Tochterzellen mit unterschiedlichem Zell-Schicksal. Einerseits können sie reifen und sich zu verschiedenen Zelllinien, z.B. zu Knochen-, Nerven- oder Blutzellen, entwickeln; ein Prozess, der als Differenzierung bezeichnet wird. Andererseits können sie als undifferenzierte Stammzelle erhalten bleiben und dienen der Selbsterneuerung.

„Wir haben den genetischen Fingerabdruck der Tochterzellen mit unterschiedlichem Schicksal abgebildet“, erklärt Professor Dr. Anthony Ho, Ärztlicher Direktor der Abteilung Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg. In früheren Studien konnte die Heidelberger Arbeitsgruppe bereits belegen, dass die Zellteilung von undifferenzierten Blutstammzellen langsamer verläuft als die Teilung von reiferen Blutzellen. Dieser Unterschied in der Zellteilungsgeschwindigkeit wurde nun erstmals herangezogen, um Blutstammzellen von reiferen Blutzellen zu trennen, sie im Labor anzureichern und sie auf molekularer Ebene zu untersuchen. Die grundlegenden Ergebnisse sind jetzt in der renommierten amerikanischen Zeitschrift „Blood“ veröffentlicht worden.

Anreicherung gelungen

Blutstammzellen sind die Vorläufer aller Blutzellen und sind deshalb von hoher klinischer Bedeutung, etwa für die Stammzelltransplantation bei Patienten mit Blutkrebs. „Bei Forschungs- und Anwendungs-Studien stehen Wissenschaftler weltweit vor dem Problem, die frühen Blutstammzellen von reiferen Blutzellen zu unterscheiden sowie sie zu benennen und anzureichern“, sagt Professor Ho. Bisher verwenden die Forscher eine Vielzahl von Oberflächen-Molekülen, um Stammzellen zu charakterisieren und unterschiedliche Methoden, um sie von reiferen Zellformen zu trennen und aufzureinigen. Dies verhindert jedoch, dass eine Forschergruppe ihre Ergebnisse mit den Resultaten einer anderen Gruppe vergleichen kann.

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„Wir nutzen zusätzlich zu den Oberflächenmarkern die charakteristische Zellteilungsgeschwindigkeit aus, um frühe Stammzellen von reifen Blutzellen zu trennen“, erklärt Professor Ho. „Der genetische Fingerabdruck dieser gezielt angereicherten Stammzellpopulationen zeigt uns, welche Gene in den Zellen aktiv sind. So können wir die unreifen Blutstammzellen besser erkennen und definieren. Stammzellforscher sind jetzt sozusagen in der Lage, dieselbe Sprache zu sprechen.“

DNA-Chip weist Gen-Muster nach

Um herauszufinden, welche Gene in den Tochterzellen aktiv sind, nutzten die Heidelberger Wissenschaftler einen so genannten Gen-Chip der Arbeitsgruppe um Dr. Wilhelm Ansorge vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg: Auf einem speziellen Glasplättchen sind etwa 51.000 unterschiedliche DNA-Fragmente gebunden, die fast alle Gene der menschlichen Zellen repräsentieren. Der verwendete Gen-Chip stellt somit den derzeit größten Chip seiner Art dar und ermöglicht die gleichzeitige Analyse eines Großteils der Gene in einer Zelle. Da die Tochterzellen unterschiedliche Aufgaben haben, müssen in den Zellen verschiedene Proteine mit unterschiedlichen Funktionen gebaut werden. Dafür verwenden die Zellen spezifische Protein-Baupläne. Das bedeutet: In den Tochterzellen sind verschiedene Gene aktiv, die sich mit Hilfe des Gen-Chips nachweisen lassen. „Wir können die Tochterzellen anhand ihrer aktiven Gene charakterisieren und benennen, eine wichtige Voraussetzung für Stammzellversuche“, erklärt Professor Ho.

Wissenschaftler setzen große Hoffnungen in die Stammzellforschung, um Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes oder Krebs mit Hilfe von Stammzellen zu behandeln. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass die Forscher das genetische Programm kennen, das hinter der Selbsterneuerung und der Differenzierung von Stammzellen steckt. „Unsere Ergebnisse bringen uns einen großen Schritt weiter auf dem Weg, die Geheimnisse der asymmetrischen Stammzellteilung zu verstehen“, fasst Professor Ho zusammen. „Diese Mechanismen könnten wir nutzen, um z.B. Stammzellen im Labor für Transplantationen anzureichern.“

(Universitätsklinikum Heidelberg, 20.08.2004 – NPO)

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