Innerhalb eines Jahres sind nach einem aktuellen Bericht der Umweltschutzorganisation WWF in der Mekong-Region über 140 bisher unbekannte Spezies entdeckt worden – darunter skurril anmutende Exemplare wie etwa ein Singvogel mit federlosem Gesicht oder ein Fisch, der sich an Felsbrocken festsaugt, um in schnellfließenden Flüssen aufwärts schwimmen zu können.
Verblüfft waren die Forscher außerdem von einer bisher unbekannten, fangzahnlosen Schlange, einem Frosch, der Grillenzirpen imitiert und einem Fisch mit Vampir-ähnlichen Fangzähnen. Hinzu kommen eine bis zu sieben Meter große, fleischfressende Pflanze, zwei neue Fledermausarten und eine hochgiftige Grubenotter.
1.300 neue Tier- und Pflanzenarten seit 1999
„Die Biodiversität am Mekong ist enorm. Durchschnittlich wurden drei neue Arten pro Woche entdeckt“, sagt WWF-Experte Petr Obrdlik. Insgesamt sind seit 1999 über 1.300 neue Tier- und Pflanzenarten in der Region „Greater Mekong“ erstmals wissenschaftlich beschrieben worden. Doch zahlreiche der nur hier vorkommenden Tiere und Pflanzen sind durch den Bau von Straßen, Dämmen und schnell wachsende Städte bedroht. Auch die aktuellen 140 Neuentdeckungen könnten daher schon bald für immer verschwinden.
So mussten nach WWF-Angaben in Südostasien seit 1990 jährlich 2,7 Millionen Hektar Dschungel den Monokulturen riesiger Plantagen weichen, in denen Kakao, Kaffee, Tee, Cashew-Nüsse oder Kautschuk angebaut werden. Außerdem sollen rund 150 neue Wasserkraftwerke am Mekong entstehen.
Säugetiere in Gefahr
Bereits heute sind 70 Prozent der endemischen Säugetierarten aus dem Gebiet auf der Roten Liste der IUCN, darunter der Indochinesische Tiger, das Java-Nashorn oder der Asiatische Elefant. Auch das Maß der Überfischung ist nach WWF-Angaben besorgniserregend. „Wir können nur erahnen wie viele Tiere und Pflanzen noch darauf warten, entdeckt zu werden. Doch wir laufen Gefahr, dass zahlreiche Arten verschwinden, bevor sie überhaupt beschrieben wurden“, warnt Obrdlik.
Um die hohe biologische Vielfalt der Region zu bewahren, will der WWF die Chance nutzen, die sich durch die anstehende UN-Konferenz zur Biodiversität (CBD) im japanischen Nagoya vom 18. bis 29. Oktober 2010 ergibt. Ziel müsse es sein, dass die einmalige Mekong-Region von der internationalen Staatengemeinschaft grenzüberschreitend und dauerhaft geschützt werde.
Intaktes Ökosystem kommt Bewohnern zugute
Ein gesundes und intaktes Ökosystem käme, so der WWF, auch den Millionen von Bewohnern der Region zugute. So würden etwa viele der geplanten Mega-Staudämme nicht nur die Artenvielfalt bedrohen, sondern auch die Ernährungssicherheit in Laos, Kambodscha und Vietnam unmittelbar gefährden.
(WWF Deutschland, 07.10.2010 – DLO)